Trichet im Telebörse-Interview Preisstabilität hat Priorität
19.12.2007, 15:15 UhrDie Liquiditätsschübe der Europäischen Zentralbank können nach Ansicht von EZB-Chef Jean-Claude Trichet die Lage am Geldmarkt allenfalls abmildern. "Das erlaubt, einige der Spannungen zu dämpfen, aber das beseitigt die Spannungen nicht, denn sie kommen von außerhalb des Geldmarktes", sagte Trichet am Mittwoch bei n-tv.
Die EZB hatte zuletzt den Banken in einem ungewöhnlich großzügigen Refinanzierungsgeschäft fast 350 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 16 Tagen zur Verfügung gestellt. Die Finanzspritzen haben laut Trichet im Einklang mit dem gestanden, "was wir angekündigt hatten". Diese dienten nur dazu, die Geldmarktraten "auf einer von uns als angemessen angesehenen Höhe zu halten".
Zudem bekräftigte Trichet in dem Interview, dass die Zentralbank alles Notwendige tun werde, um die Preisstabilität zu sichern und sogenannten Zweitrundeneffekte der Inflation zu verhindern. Das setze eine bestimmte Höhe des Leitzinses und eine angemessene Währungspolitik voraus. "Wir sind auf der Hut ... Ich würde sagen, die einzige Nadel in unserem Kompass ist die Preisstabilität", sagte der EZB-Chef.
Neubewertung der Risiken
Trichet hatte zuvor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments in Brüssel gesagt, die EZB werde für ihre weitere Zinspolitik alle Entwicklungen ganz genau beobachten. Das derzeitige Niveau der Leitzinsen stehe mittelfristig im Einklang mit dem Ziel der Preisstabilität. "Es ist keine Zeit für Selbstzufriedenheit", sagte Trichet. Mit der Veröffentlichung weiterer Geschäftsabschlüsse von Finanzinstitutionen dürfte mehr Klarheit über das Ausmaß der Krise geschaffen werden.
"Wir sind in einer Phase der Neubewertung von Risiken in der globalen Finanzwelt." Es sei ein Prozess, der vielleicht nötig gewesen sei, sagte der Zentralbank-Chef. In Deutschland sind im Zuge der Turbulenzen die IKB und die Sachsen LB in Existenznot geraten.
Angesichts einer im November deutlich auf 3,1 Prozent gestiegenen Jahresinflation in der Eurozone betonte Trichet mehrfach die Hauptaufgabe der EZB - die Sicherung der Preisstabilität. "Die Bevölkerung will das." Diese Aufgabe bestimme die Höhe der Leitzinsen. Auf dem gefundenen Niveau müsse dann das ordnungsgemäße Funktionieren der Geldmärkte gewährleistet werden. Die EZB hatte zu Monatsbeginn den wichtigsten Leitzins bei vier Prozent stabil gelassen - unter anderem mit Rücksicht auf den starken Euro.
Quelle: ntv.de