Ein Vorwurf weniger Punktsieg für Chodorkowski
25.02.2009, 16:03 UhrDie russische Justiz hat den Vorwurf der sexuellen Belästigung gegen den ehemaligen Besitzer des russischen Ölkonzerns Yukos, Michail Chodorkowski, fallengelassen. Die Vorwürfe des früheren Zellengenossen Alexander Kutschma würden nicht weiter verfolgt, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax und berief sich dabei auf eine Entscheidung des zuständigen Richters.
Kutschma hatte Chodorkowski homosexuelle Belästigungen vorgeworfen und eine Entschädigung von 500.000 Rubel (umgerechnet knapp 11.000 Euro) beantragt. Dieses Verfahren wird nun eingestellt. Kutschma hatte den Ex-Oligarchen im April 2006 mit einem Messer angegriffen und im Gesicht verletzt. Später rechtfertigte er das mit Übergriffen Chodorkowskis. Ein früherer Mithäftling sagte, die Vorwürfe seien "kompletter Unsinn". Er sei überzeugt, dass Chodorkowskis ehemaliger Zellengenosse zu dieser Behauptung gezwungen worden sei, um Chodorkowskis Bewerbung um Bewährung zu torpedieren, sagte Denis Jurinski in einem Interview mit dem Magazin "Kommersant-Wlast".
Chodorkowski ist unterdessen aus seinem Gefängnis in Sibirien nach Moskau gebracht worden, wo er ab kommenden Dienstag gemeinsam mit seinem ehemaligen Geschäftspartner Platon Lebedew erneut vor Gericht steht. Ihnen wird vorgeworfen, zwischen 1998 und 2003 illegale Transaktionen im Wert von umgerechnet 19 Mrd. Euro vorgenommen zu haben. Zudem stehen beide im Verdacht, Geldwäsche im Ausmaß von 9 Mrd. Euro betrieben zu haben. Nach Justizangaben sollen die Einnahmen aus der Ölproduktion von mehreren Jahren unterschlagen worden sein.
Der Sprecher von Chodorkowskis Anwaltsteam, Maxim Dbar, sagte, dass der ehemals reichste Mann Russlands zu einer Haftstrafe von bis zu 22,5 weiteren Jahren Haft verurteilt werden könnte. Die Staatsanwaltschaft bereitet seit Jahren das zweite Strafverfahren gegen die früheren Eigentümer des vom Staat zerschlagenen Ölkonzerns Yukos vor. Generalstaatsanwalt Juri Tschaika zufolge umfasst die Anklageschrift 14 Bände. Die Anwälte der beiden prominenten Häftlinge sprechen von einer manipulierten Beweisaufnahme, bei der Zeugen erpresst und bedroht worden seien.
Der einst reichste russische Oligarch Chodorkowski und Lebedew waren 2003 verhaftet und 2005 zu jeweils acht Jahren Lagerhaft wegen Steuerhinterziehung und Betrugs verurteilt worden. Im August des Vorjahres lehnte die Justiz einen Antrag Chodorkowskis auf vorzeitige Haftentlassung ab. Vor zwei Jahren hatte Chodorkowski die neue Anklage gegen ihn als "schändliche Farce" bezeichnet, die mit Rechtsstaatlichkeit nichts gemein habe. Er sei überzeugt, dass er schuldig gesprochen werde, schrieb Chodorkowski in einem auf seiner Internetseite veröffentlichten Brief.
Quelle: ntv.de