Klärung der Schuldfrage Ratingagenturen wehren sich
11.02.2008, 17:38 UhrDie großen Ratingagenturen lehnen die Übernahme einer Alleinschuld an der Finanzkrise ab. Auf die Risiken am US-Markt für schlecht besicherte Hypotheken habe Standard & Poor's schon 2005 hingewiesen, erklärte die Bewertungsgesellschaft in einer Stellungnahme für den Bundestag. Wie sein Konkurrent Moody's wies das US-Unternehmen den Vorwurf aus der Politik zurück, es stehe in einem Interessenkonflikt, weil es bei der Strukturierung verbriefter Anleihen berate, die es dann für den Markt bewerte. Der Rating-Spezialist Oliver Everling kritisiert dagegen einen Duopol der Agenturen, die ihre Methoden nicht offen legten.
Der Bundestags-Finanzausschuss befasst sich am Mittwoch in einer Anhörung mit der Rolle der Ratingagenturen. Ihnen wird vorgeworfen, Schrottanleihen noch dann gute Noten gegeben zu haben, als sie bereits massiv an Wert verloren hätten. Zu ihren schärfsten Kritikern zählt Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), der zudem kritisiert, die Agenturen strukturierten die Anleihen mit, die sie dann bewerteten und damit doppelt Geld verdienten.
Standard & Poor's räumt ein, dass die Finanzkrise auch für die Agenturen einige Lehren bereithalte. Es müssten sich aber auch die Investoren um ein "tieferes und differenzierteres Verständnis" für die Wertpapiere, die sie hielten, bemühen. Dabei dürften sie nicht nur das Augenmerk auf das von Ratings hervorgehobene individuelle Ausfallrisiko richten, sondern müssten auch Liquiditäts- und Marktwertrisiken berücksichtigen.
Entt äuschende Rolle
Aus der Krise um die mit dem US-Hypothekenmarkt verbundenen Anleihen habe Standard & Poor's Konsequenzen gezogen, hieß es weiter. So seien Kriterien gestrafft, analytische Modelle modifiziert und häufigere Überprüfungen eingeführt worden. Geplant sei außerdem, dem Markt mehr und bessere Daten über den Ratingprozess zur Verfügung zu stellen. "Standard & Poor's berät grundsätzlich keine Emittenten bei der Strukturierung von Wertpapieren oder in anderer Hinsicht", unterstrich das Unternehmen. Als Teil des Ratingprozesses stehe man aber in einem "offenen Dialog mit Anleiheemittenten". Dieser diene dem wechselseitigen Verständnis von Agentur und Emittent.
Moody's schrieb in seiner Stellungnahme ebenfalls, es würden Maßnahmen geplant, "um die Unabhängigkeit unseres Ratingprozesses noch klarer unter Beweis zu stellen". Es sei ein "Irrglauben", dass Moody's Beratungsleistungen erbringe. Man sei weder an der Strukturierung noch an der Entwicklung von Verbriefungsprodukten beteiligt. Es könne aber zu "analytischen Gesprächen" mit den Emittenten oder deren Beratern kommen.
Everling kritisiert eine "enttäuschende Rolle" der Agenturen. Mittlerweile begründeten sie mehr als 80 Prozent ihrer Erträge auf Geschäftsbeziehungen zu Emittenten. Damit könnten sie ihre Leistung doppelt verkaufen: Emittenten bezahlen für Ratings und Anleger für den Zugang zu analytischen Berichten. Trotzdem warnt er vor einer voreiligen Regulierung. Die Konsequenz aus dem Versagen der Agenturen müsse nicht weniger, sondern mehr Rating sein - aber bei mehr Wettbewerb.
Quelle: ntv.de