Das große GM-Beben Saab vor dem Aus
19.02.2009, 13:38 UhrDer zu General Motors gehörende schwedische Autobauer Saab steht vor dem Aus. Wie Medien in Stockholm übereinstimmend berichteten, will der Aufsichtsrat noch am Nachmittag auf einer außerordentlichen Sitzung über einen Insolvenzantrag entscheiden. Die Produktion mit insgesamt 4500 Beschäftigten solle unter einem Insolvenzverwalter vorerst weiterlaufen.
Wirtschaftsministerin Maud Olofsson bestätigte die ablehnende Haltung der schwedischen Regierung zu Hilfen für den akut angeschlagenen Mutterkonzern GM. Ähnlich wie in Deutschland im Fall Opel hatte das US-Unternehmen auch in Schweden um staatliche Hilfe gebeten, ohne konkrete Konzepte für die Zukunft der Tochter vorzulegen. Saab steht seit 2008 zum Verkauf.
Eine langfristige Fortsetzung der Autoproduktion am Saab-Standort Trollhättan bei Göteborg sehen schwedische Beobachter übereinstimmend als unwahrscheinlich an. Olofsson sagte, sie könne sich "sehr gut" eine andere industrielle Produktion wie etwa für Windkraftanlagen vorstellen. Vom endgültigen Aus für Schwedens zweitgrößten Autohersteller nach Volvo wären unter Einschluss von Zulieferern bis zu 30.000 Arbeitsplätzen betroffen.
Unterdessen können die rund 25.000 Opel-Mitarbeiter in Deutschland neue Hoffnung schöpfen. GM hat bislang keine Pläne, Opel-Standorte in Deutschland dichtzumachen. "Es gibt keine Entscheidung zur Schließung von Standorten in Deutschland, auch nicht Bochum", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nach einem Gespräch mit GM-Chef Rick Wagoner in Detroit.
Hausaufgaben sind zu machen
Nach Angaben des CDU-Politikers wird Opel Europe nach dem Willen der GM-Spitze in den kommenden Wochen einen Sanierungsplan ausarbeiten. Zugleich zeigt sich Wagoner auch immer offener für eine schrittweise Herauslösung Opels aus dem ums Überleben kämpfenden GM-Konzern.
Opel betreibt in Deutschland vier Werke in Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern und Eisenach. In den vergangenen Tagen hatte es unter Verweis auf GM-Kreise Spekulationen gegeben, das Opel-Werk in Bochum könnte geschlossen und das in Eisenach verkauft werden.
"Es ist uns ein Stein vom Herzen gefallen", sagte Rüttgers. "Das ist wichtig für die Mitarbeiter und ihre Familien", sagte er. Er habe deutlich machen können, dass Voraussetzung für eine Staatshilfe der Erhalt der deutschen Werke sei, betonte Rüttgers. Nordrhein- Westfalens IG-Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard, der an dem Gespräch teilgenommen hatte, zeigte sich ebenfalls zufrieden. "Wagoner ist offen für eine Beteiligung Dritter und eine Herauslösung von Opel", sagte er. Wagoner selbst wollte nach dem Gespräch nicht vor die Presse treten. Er habe aber die Arbeit und den Einsatz der deutschen Opel-Standorte gelobt, sagte Rüttgers.
Vier-Tage-Woche?
Angesichts des auch nach der Vorstellung des GM-Sanierungsplans weiterhin offenen Opel-Schicksals, sind die Arbeitnehmervertreter zu weitreichenden Maßnahmen bereit. Das schließe Verhandlungen über die Einführung der Vier-Tage-Woche ein, sagte Konzernbetriebsratchef Klaus Franz der "Bild"-Zeitung". Eine Werkschließung koste 400 bis 500 Mio. Euro. Es sei besser, die Fertigung zu flexibilisieren. Er betonte, es sei wichtig für die Zukunft einen neuen geeigneten Partner zu finden, sagte Franz weiter.
Der Bochumer Opel-Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel begrüßte die Nachrichten aus den USA. Sie gäben den Belegschaften zumindest "ein gewisses Maß" an Sicherheit. "Das bestätigt, dass die Gerüchte, GM werde den Opel-Standort in Bochum schließen, nicht stimmen", sagte Einenkel. Zugleich bekräftigte er, dass Opel aus GM herausgelöst werden sollte. "Wir sollten die Chance bekommen, unseren eigenen Weg zu gehen", sagte Einenkel. Man könne auch ohne GM "sehr gute Autos bauen".
Einenkel plädierte für eine rasche Suche nach Alternativen. Es sei ein positives Signal, dass Wagoner seine Meinung geändert habe und nun offen sei für eine Herauslösung von Opel. "Dieses Angebot muss nun ergriffen werden." Er übte scharfe Kritik an der GM-Unternehmenspolitik: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass GM mit seinen Entscheidungen und Drohungen von Entlassungen und Werksschließungen immer wieder viel Unruhe bei Opel reingebracht hat."
Beteiligung anderer Industrieunternehmen
Der Sanierungsplan könne viele Optionen vorsehen, erklärte Rüttgers in Detroit - unter anderem einen europaweiten Neuzuschnitt von Opel unter Hereinnahme der GM-Marken Vauxhall (Großbritannien) und Saab. So könne das neu aufgestellte Unternehmen eine wettbewerbsfähige Größe bekommen. Auch eine Beteiligung anderer Industrieunternehmen sei denkbar. An den Gesprächen sollten über die Pläne sich auch der Bund und die Arbeitnehmervertretungen beteiligen. Rüttgers machte aber deutlich, dass Restrukturierungen und Personaleinsparungen nicht ausgeschlossen sind.
General Motors hatte angekündigt, weltweit 47.000 Mitarbeiter abbauen zu wollen, davon 26.000 außerhalb der USA. Insgesamt würden ferner bis zu 30 Mrd. US-Dollar an Staatshilfen benötigt. Sechs Milliarden Dollar davon sollen außerhalb der USA zusammengetragen werden, unter anderem in Deutschland. Wagoner hatte Einsparungen von 1,2 Mrd. Dollar in Europa verlangt. Mit der Bundesregierung verhandelt Opel wegen der GM-Schieflage über eine Bürgschaft von bis zu 1,8 Mrd. Euro.
Quelle: ntv.de