Steuerflucht in die Oase Tausende Zumwinkels
15.02.2008, 15:33 UhrIn der Affäre um mögliche Steuerhinterziehung sind möglicherweise tausende Verdächtige ins Visier der Fahnder geraten. Es handle sich um eine vierstellige Zahl, hieß es am Freitag aus Regierungskreisen. Nach der Razzia bei Post-Chef Klaus Zumwinkel hatte ein Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zuvor von Ermittlungen gegen "sehr viele" bekannte und weniger bekannte "Leistungsträger" wegen Steuerflucht nach Liechtenstein gesprochen. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" sollen allerdings keine weiteren Dax-Manager darunter sein. Steinbrück riet Betroffenen zur Selbstanzeige.
Bei der Staatsanwaltschaft Bochum sind nach eigenen Angaben mehrere hundert Steuerverfahren anhängig. Mit den Unterlagen zu Postchef Klaus Zumwinkel seien Hinweise auf andere Fälle eingegangen, sagte ein Sprecher der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftssachen. Neben diesen Fällen beschäftigt sich die Behörde noch mit einer Reihe Altverfahren, die vor drei Jahren öffentlich bekannt wurden. Im Fall Zumwinkel werden derzeit die beschlagnahmten Unterlagen ausgewertet. "Anhand der Ergebnisse werden wir dann über das weitere Vorgehen entscheiden", sagte der Sprecher.
Untersuchungen in Liechtenstein
Die Liechtensteiner LGT-Bank untersucht unterdessen die im Zusammenhang mit dem deutschen Steuerskandal gegen Post-Chef Klaus Zumwinkel gerichteten Vorwürfe. "Es laufen im Moment Abklärungen", sagte LGT-Sprecher Bernd Junkers auf Anfrage. Junkers verwies jedoch darauf, dass die für die Einrichtung von Stiftungen zuständige LGT-Treuhand eine unabhängige Tochter der LGT (Liechtenstein Global Trust) sei. "Wir haben die entsprechende Medienberichterstattung zur Kenntnis genommen", sagte der Sprecher lediglich, ohne auf weitere Einzelheiten einzugehen.
Beratungen bei der Post
Zumwinkel tritt wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung zurück. Der Post-Vorstandschef werde sein Amt "im Interesse des Unternehmens" zur nächsten Aufsichtsratssitzung niederlegen, gab die Deutsche Post bekannt. Zumwinkel ziehe sich auch von dem Posten als Aufsichtsratschef der Deutschen Postbank zurück, teilte der Bonner Konzern mit. Zumwinkel habe dies dem Präsidialausschuss des Post-Aufsichtsrates mitgeteilt. Der Ausschuss schlage dem am Montag tagenden Aufsichtsrat vor, dem Wunsch Zumwinkels "zeitnah" nachzukommen.
Hinter den Kulissen laufen am Freitag Beratungen über die Nachfolgeregung. Als aussichtsreicher Kandidat wurde Logistikvorstand Frank Appel (46) gehandelt. Aber auch Finanzvorstand John Allan (59) könnte als möglicher Interimskandidat im Spiel sein, um vorläufig die Aufgaben des Vorstandschefs bei der Deutschen Post zu übernehmen. Appel gehört seit einigen Jahren dem Post-Vorstand an und galt bereits seit geraumer Zeit als potenzieller Nachfolger von Zumwinkel.
Zumwinkel soll nach dem Willen der Bundesregierung auch den Vorsitz im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom räumen. Er gehe davon aus, dass dies geschehen werde, sagte BMF-Sprecher Albig. Der Bund ist bei Post und Telekom entscheidender Großaktionär.
Quelle: ntv.de