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Obermann unter Druck Telekom spitzelt seit 2000

Telekom-Chef Ren Obermann gerät in der Bespitzelungsaffäre unter Druck. Als im Sommer 2007 der erste Fall von Datenmissbrauch in Verbindung mit einem Journalisten entdeckt wurde, habe die Telekom es damals versäumt, die betroffene Redaktion zu unterrichten, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

"Die Telekom hat die Redaktion damals nicht informiert", sagte ein Telekom-Sprecher dem Blatt. Man habe gehofft, den Fall aus der Öffentlichkeit heraushalten zu können. Laut Spiegel sagte der Telekom-Sprecher zu der langen Geheimhaltung, "in der Phase (...) wäre es schädlich gewesen, an die Öffentlichkeit zu gehen - weil wir die Aufklärung damit behindert hätten".

Ausspionierter Enzweiler ist erschrocken

Der ausspionierte Reporter der Financial Times Deutschland, Tasso Enzweiler, erklärt im Interview mit n-tv die Hintergründe: "Die FTD ist 2000 auf den Markt gekommen und hatte damals noch einen stark investigativen Charakter. (...) Insofern lag es nahe, dass man in Gesprächen mit Managern durchaus versucht hat, Entwicklungen, die noch im entstehen waren, relativ früh rauszufinden, also Planzahlen oder wichtige Projekte, die der Konzern vorhatte. Es ist halt das übliche Verfahren auch von anderen Journalisten bei Wirtschafts- und Nachrichtenmagazinen, um exklusive Informationen zu bekommen."

Zu der Bespitzelung durch die Telekom sagte Enzweiler: "Ich war natürlich wirklich erschrocken, weil ich das in der Form so nicht erwartet hätte." Der Reporter wollte sich nicht festlegen, ob auch in anderen deutschen Unternehmen solche Bespitzelungen vorkommen: "Das kann ich nicht beurteilen. Ich würde allerdings sagen, dass generell bei den Unternehmen erst einmal eine Unschuldsvermutung gelten sollte."

Auftr äge bereits in 2000

Die Deutsche Telekom soll nach einem Medienbericht viel früher als bisher bekannt Spitzelaufträge erteilt haben, um Informanten aus dem Konzern auf die Schliche zu kommen. Wie die "Financial Times Deutschland" (FTD) berichtet, erteilte das Unternehmen dazu bereits im Jahr 2000 Aufträge. Diesen Spitzelauftrag 2000 habe ein Mitarbeiter vergeben, der später zum Leiter der Telekom-Konzernsicherheit aufgestiegen sei. Unklar ist nach Angaben der Zeitung aber, in wessen Auftrag er gehandelt habe. Vorstandschef war damals Ron Sommer.

Für den Spitzelauftrag 2000 wurde nach Informationen der Zeitung die Berliner Control Risks Group (CRG) als Partner gewählt. "Wir haben dazu nichts in unseren Unterlagen gefunden. Wenn es so gewesen sein sollte, wäre das ein klarer Verstoß gegen sämtliche internen Ethikrichtlinien", sagte Jürgen Stephan, seit 2003 CRG-Geschäftsführer. Die gesamte Abteilung Corporate Investigations sei Anfang des Jahrzehnts ausgetauscht worden. Control Risks habe interne Untersuchungen eingeleitet und nehme die Vorwürfe sehr ernst, sagte Stephan laut Angaben der "Financial Times Deutschland".

Nach weiteren Angaben des Blattes suchte als Subunternehmen für den ehemaligen Staatskonzern die von Ex-Geheimdienstlern gegründete Berliner Wirtschaftsdetektei Desa nach einem Leck bei der Telekom. Im Visier habe dabei unter anderem ein Reporter der FTD gestanden. Ein Konzernsprecher sagte, der Fall sei dem Unternehmen nicht bekannt.

Versteckte Kameras

Wie das Hamburger Wirtschaftsblatt weiter berichtete, seien die Methoden weit über das für die Jahre 2005 und 2006 bekannte Auswerten von Telefonverbindungen hinausgegangen. Die privaten Fahnder versuchten sogar, mit versteckter Kamera Hinweise auf die Kontaktperson des Reporters zu finden. Dies lege nahe, dass die Telekom jahrelang ein Spitzelsystem gegen Journalisten und ihre Spitzenkräfte unterhalten habe, resümierte das Blatt.

Der Aufsichtsrat der Telekom stärkte unterdessen Vorstandschef Ren Obermann in der Bespitzelungsaffäre den Rücken. Das Kontrollgremium habe ausdrücklich die von ihm eingeleiteten Maßnahmen begrüßt und seinen Kurs unterstützt, um künftig einen Datenmissbrauch in dem Unternehmen zu verhindern, sagte Konzernsprecher Philipp Schindera. Zu den Details, die auf der fünfstündigen Sitzung des Aufsichtsrates besprochen wurden, wollte er sich nicht äußern.

Am vergangenen Wochenende hatte der Telekom-Chef öffentlich eingeräumt, dass der Konzern 2005 und teilweise auch 2006 Telefon- Verbindungsdaten missbräuchlich benutzt habe. Zuvor hatte das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" die Affäre ans Licht gebracht. Ziel der Operation war es herauszufinden, wann und wie lange Aufsichtsräte und Telekom-Manager mit Journalisten telefoniert hatten. Auf diesem Wege wollte die Telekom herausfinden, wer die Presse mit internen Informationen versorgte.

Quelle: ntv.de

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