Spitzeleien bei der Telekom Treffen des Aufsichtsrats
27.05.2008, 16:59 UhrDer Aufsichtsrat der Deutschen Telekom will sich kurzfristig mit der Bespitzelungsaffäre beschäftigen. Für diesen Mittwoch sei eine Sitzung des obersten Konzerngremiums geplant, bestätigte ein Sprecher am Dienstag in Bonn.
Die 20 Aufsichtsratsmitglieder sollen über den Stand der Lage informiert werden und das weitere Vorgehen beraten. Die Staatsanwaltschaft in Bonn nahm nach Angaben eines Sprechers bislang noch keine Ermittlungen auf.
Unterdessen forderte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, das Bundeskriminalamt (BKA) und die Staatsanwaltschaft müssten die Bespitzelungsvorwürfe lückenlos aufklären. Zudem sei zu prüfen, ob es einen systematischen und organisierten Bruch des Fernmeldegeheimnisses gegeben habe. Darüber hinaus sei zu klären, ob die Konzernspitze davon wusste und Weisungen dazu erteilt habe.
Zumwinkel zeigt auf Vorstand
Der frühere Telekom-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel hat am Dienstag erneut jede Verantwortung für die Bespitzelungsaffäre bei dem Konzern bestritten und zugleich auf die Zuständigkeit des Unternehmensvorstands verwiesen.
Ein Sprecher Zumwinkels sagte auf Anfrage, Zumwinkel habe keinen persönlichen Auftrag für die Auswertung der Telefon-Verbindungsdaten von Managern und Aufsichtsräten gegeben. "Die Geschäfte eines Unternehmens führt der Vorstand", erklärte der Sprecher. Die behaupteten Datenspeicherungen seien, wenn geschehen, nicht mit dem Einverständnis des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden erfolgt. Zumwinkel begrüßte es zugleich, dass die Vorgänge untersucht würden.
Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth erklärte, nicht nur der Schnüffelstaat sei ein Problem für die Bürgerrechte, sondern auch die "Schnüffelwirtschaft". Ihr Parteifreund Hans-Christian Ströbele forderte, den Datenschutz ins Grundgesetz aufzunehmen.
Chance für den Datenschutz
Am Wochenende war bekanntgeworden, dass die Telekom 2005 und wohl auch im Jahr 2006 Verbindungsdaten illegal verwendet hat. Dem Vernehmen nach soll es sich um Telefonate von Managern und Aufsichtsräten mit Journalisten handeln. Mit der Aktion sollte ermittelt werden, wer Informationen an die Presse weitergibt. Konzernchef Ren Obermann hatte Mitte Mai Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Bonn erstattet. Welchen Umfang die Spionageaktion hatte und wer verantwortlich ist, ist noch offen.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte vor dem Hintergrund der Affäre, die Verbindungsdaten sämtlicher Telefonkunden in einer zentralen Datei unter Aufsicht des Datenschutz-Beauftragten zu speichern. "Die Telekom-Affäre ist eine Riesenchance für den Datenschutz, die wir nutzen müssen. Es ist doch offensichtlich, dass sensible Kundendaten bei privaten Unternehmen mehr als schlecht aufgehoben sind", sagte BDK-Vorsitzender Klaus Jansen der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Aus Expertensicht können mögliche Verletzungen von Fernmeldegeheimnis und Pressefreiheit der Telekom nur mittelbar als Verfassungsverstöße zur Last gelegt werden. "Die Grundrechte gelten zunächst einmal nur im Verhältnis von Staat und Bürgern. Die Telekom ist aber inzwischen ein privates Unternehmen", sagte der Göttinger Verfassungsrechtler Werner Heun. "Hier sind vor allem mögliche Verstöße gegen das Strafrecht oder Datenschutzbestimmungen relevant.
Quelle: ntv.de