VW-Porsche-Gezerre Wolfsburger mauern
23.04.2009, 19:10 UhrDer Finanzvorstand von Volkswagen, Hans Dieter Pötsch, hat sich auf der Hauptversammlung in Hamburg ausweichend zu einem möglichen Einstieg des Autoherstellers bei seiner Muttergesellschaft Porsche geäußert. Auf eine entsprechende Frage von Aktionären sagte Pötsch lediglich, das Management habe in der Vergangenheit zahlreiche Optionen zur Weiterentwicklung des VW-Konzerns geprüft. Bei dieser Prüfung seien jedoch keine konkreten Entscheidungen gefallen. Weitere Angaben machte der Manager nicht.
Die Frage nach der zukünftigen Rolle von Porsche bei den Wolfsburgern nahm einen breiten Raum auf der VW-Hauptversammlung ein. Das Management musste sich zahlreichen Fragen stellen, nachdem Analysten ihre Sorge ausgedrückt hatten, Porsche könne wegen der geplanten Übernahme von Volkswagen mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Porsche hatte stets zurückgewiesen, Finanzprobleme zu haben.
Winterkorn bleibt allgemein
VW-Chef Martin Winterkorn bekräftigte inmitten neuer Spekulationen um die weitere Zusammenarbeit mit Porsche die Allianz mit dem Stuttgarter Sportwagenbauer. "Gemeinsam haben wir das Zeug, das Kraftzentrum der internationalen Automobilindustrie zu bilden." Die Kooperation folge einer klaren wirtschaftlichen Logik.
Der Dax-Konzern nahm damit keine Stellung zu einem Bericht der "Financial Times Deutschland", wonach VW in der Allianz mit Porsche jetzt die Vorherrschaft anstrebe. Nachdem Porsche wegen der steigenden Zinsen zunehmend Probleme bei der Finanzierung der Übernahme habe, erwäge Volkswagen jetzt, Porsche zu kaufen, schreibt das Blatt. Porsche hatte Anfang des Jahres die Mehrheit von knapp über 50 Prozent von Volkswagen übernommen und will diesen Anteil auf 75 Prozent steigern.
Winterkorn betonte in seiner Rede vor den Aktionären, gerade in der aktuellen Krise müsse VW noch wettbewerbsfähiger werden. Für 2009 sei mit steigenden Herausforderungen zu rechnen wegen der Finanzkrise. "2009 wird ein extremes, ein hartes Jahr auch für uns", sagte der VW-Chef. Dabei könne VW aber auf eine Reise von Instrumenten zurückgreifen, um die Produktion flexibel anzupassen. Das zahle sich jetzt aus. Wichtigstes Ziel sei es, die Stammbelegschaft an Bord zu halten, unterstrich der VW-Chef. Dabei sei viel Flexibilität von allen Seiten gefordert.
Piëch in Lauerstellung?
Auch VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch ließ sich nicht in die Karten schauen. "Fragen Sie mich etwas Einfacheres", antwortete der Firmenpatriarch auf Fragen, wie es im Verhältnis von Porsche und Volkswagen weitergehen solle.
Piëch hatte den VW-Porsche-Megakonzern anfangs unter seiner Führung aufbauen wollen, musste dann aber zurückstecken. Sein Cousin Wolfgang Porsche, Aufsichtsratschef bei Porsche, gewann vorübergehend die Oberhand. Wolfgang Porsche gilt als Befürworter eines Machtzentrums in Stuttgart.
Unruhe bei Porsche
Porsche dementierte unterdessen Marktgerüchte, wonach die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch Anteile an dem Unternehmen der Tochter Volkswagen zum Kauf angeboten haben sollen. "Das halte ich für Quatsch", sagte Porsche-Sprecher Anton Hunger in Stuttgart. "Mir ist das nicht bekannt", fügte er hinzu. "Wenn das so wäre, hätten wir eine Adhoc-Mitteilung veröffentlichen müssen, da andere Aktionäre betroffen wären", sagte Hunger. Eine solche Börsen-Pflichtmitteilung sei auch nicht in Vorbereitung.
Porsche-Betriebsrat und Aufsichtsrat Uwe Hück kritisierte die Spekulationen über den Verkauf der AG an VW. "Ich bin verärgert, dass bestimmte Personen in den Medien Themen streuen, ohne dass diese im Porsche-Aufsichtsrat diskutiert oder gar beschlossen wurden", sagte Hück. Diese Leute schürten "in unverantwortlicher Weise" die Ängste der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Porsche sei trotz der Wirtschaftskrise ein "erfolgreiches und gesundes" Unternehmen.
Wiedeking verliert Rückhalt
Porsche-Chef Wendelin Wiedeking verliert offenbar zunehmend den Rückhalt bei den Eigentümerfamilien. "Wiedeking wackelt", schrieb die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf gut informierte Kreise. Offenbar machten sich die Eigentümerfamilien Piëch und Porsche inzwischen große Sorgen über die Zukunft ihres Unternehmens, hieß es. Sie hätten Angst, dass sich Porsche mit der Übernahme des fünfzehn Mal größeren VW-Konzerns übernehmen könnte.
Bereits zuvor hatte die Münchener "Abendzeitung" gemeldet, Wiedeking stehe vor der Ablösung. Porsche wies diese Darstellung zurück. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagte am Rande der Hannover Messe: "davon weiß ich nichts. Das Thema ist mir vollkommen neu." Niedersachsen ist der zweitgrößte VW-Eigner nach Porsche und ringt mit dem Sportwagen-Hersteller um die Macht in Wolfsburg.
Quelle: ntv.de