Versteckte Daten im EKG entdeckt Anomalien zeigen Infarktrisiko
30.09.2011, 09:35 Uhr
Mit einem Elektrokardiogramm (EKG) werden die elektrischen Aktivitäten aller Herzmuskelfasern aufgezeichnet.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit Hilfe moderner Technik können Forscher an Langzeit-Elektrokardiogrammen drei Marker erkennen, die das Risiko für einen Folgeinfarkt anzeigen. Die ausgemachten Informationen können weder am EKG-Gerät gehört, noch auf einem Ausdruck mit bloßem Auge gesehen werden.
Verborgene Anomalien im EKG können bei Herzinfarktpatienten einen drohenden tödlichen zweiten Infarkt ankündigen. Das haben US-Ärzte bei der Computeranalyse der EKG-Daten von 4557 Herzinfarktpatienten festgestellt. Bislang gebe es kein zuverlässiges Verfahren, Patienten mit dem höchsten Risiko für einen tödlichen Folgeinfarkt zu identifizieren, schreiben die Forscher im Journal "Science Translational Medicine”.
"Heutige Methoden zur Identifizierung von Infarktopfern, die die aggressivste Therapie benötigen, können zwar einige Patientengruppen mit hohem Komplikationsrisiko aufspüren", erläutert Forschungsleiter Zeeshan Syed von der Universität von Michigan in Ann Arbor in einer Mitteilung seiner Hochschule. "Aber sie verfehlen die meisten Todesfälle – bis zu 70 Prozent." So komme bei der Mehrheit der Patienten, denen ein Defibrillator gegen plötzlichen Herzstillstand eingepflanzt wurde, das Gerät niemals zum Einsatz. Und bei der Mehrheit der Patienten, die an plötzlichem Herzstillstand sterben, sei dieses Risiko mit den bisherigen Verfahren nicht erkennbar gewesen.
Drei Marker ausgemacht
Die Wissenschaftler analysierten jeweils 24 Stunden EKG-Daten früherer Infarktpatienten, deren Herz routinemäßig im Krankenhaus überwacht worden war und deren Schicksal bereits bekannt war. Mit Hilfe von Methoden des Data Minings und der künstlichen Intelligenz stießen sie auf bestimmte Anomalien in den EKGs, aus denen sich drei charakteristische Marker für das Risiko eines künftigen Infarkts ableiten ließen.
Dabei geht es um winzige Variationen in einem scheinbar normalen Herzschlag über lange Zeiträume, um bestimmte Veränderungen in der Herzschlagrate, die anzeigen, ob das Herz normal auf die Nervensignale reagiert, und um Abweichungen des Langzeit-EKGs von dem anderer Patienten mit ähnlicher Krankheitsgeschichte. Diese Anomalien würden sich normalerweise im Rauschen verbergen und seien an der EKG-Kurve nicht direkt mit bloßem Auge ablesbar, betonen die Forscher. Ohnehin könne ein Arzt stets nur einen kurzen Ausschnitt aus dem EKG betrachten.
Die nachträgliche Analyse der Patientendaten zeigte, dass Patienten mit mindestens einem der drei Biomarker ein zwei- bis dreifaches Risiko hatten, innerhalb der nächsten zwölf Monate nach dem EKG zu sterben. Und die Kombination aller drei Biomarker konnte 50 Prozent mehr Todesfälle korrekt vorhersagen, bei weniger Fehlalarmen. "Das entspricht tausenden oder zehntausenden Patienten, für die Ärzte potenziell eine effektiv vorbeugende Behandlung verschreiben könnten, basierend auf der individuelleren Bewertung ihres Komplikationsrisikos”, betont Syed.
Quelle: ntv.de, dpa