CO2-Anstieg senkt Verdunstung der Wälder Höhere Temperatur, weniger Wolken
11.07.2013, 08:25 Uhr
Wälder entziehen der Atmosphäre CO2.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ökosysteme reagieren weit mehr auf die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre als bisher angenommen. Die Pflanzen nehmen mehr Kohlendioxid auf, im Gegenzug dazu sinkt allerdings ihr Wasserverbrauch stark ab. Die verringerte Verdunstung könnte extreme Folgen für die Umwelt haben.
Die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre senkt den Wasserverbrauch vieler Wälder auf der Nordhalbkugel drastisch. In einer Langzeitstudie aus den USA untersuchten Forscher die Wasserbilanz von weltweit insgesamt 21 Waldgebieten. Die Studie im Magazin "Nature" zeigt, dass Ökosysteme weit stärker auf Kohlendioxid reagieren als bisher bekannt – mit Folgen, die kaum abzuschätzen sind.
Wälder sind für die Regulierung des Klimas extrem wichtig. Zur Photosynthese entziehen die Pflanzen der Atmosphäre Kohlendioxid, durch Öffnungen auf Blättern oder Nadeln, die sogenannten Stomata. Beim Öffnen dieser Poren verdunstet Wasser. Schon lange ist bekannt, dass Kohlendioxid die Photosynthese und damit das Wachstum der Pflanzen ankurbelt. Und die CO2-Werte in der Atmosphäre steigen seit Jahrzehnten deutlich an – seit vor der Industrialisierung um 43 Prozent, von 280 auf derzeit etwa 400 ppm (parts per million).
Viel CO2, wenig Verdunstung
Um die Folgen des Anstiegs zu ermitteln, untersuchten die Forscher um den Biologen Andrew Richardson von der Universität Harvard zunächst in sieben Wäldern in den USA den Gasaustausch über 7 bis 18 Jahre. Dabei stellten sie fest, dass sich das Wachstum beschleunigte, die CO2-Aufnahme stieg und die Wasserverdunstung weit stärker sank als bekannt. Diesen Trend fanden sie auch in einer Datenbank für 14 weitere ähnliche Wälder weltweit, darunter ein Gebiet bei Tharandt in Sachsen.
Die Analyse der Daten ergab, dass die steigende CO2-Konzentration hinter dieser Entwicklung steckt. Offenbar müssen die Pflanzen zur CO2-Aufnahme die Stomata weniger weit öffnen, so dass weniger Wasser verdunstet. Dies könne einerseits Holzerträge erhöhen und den Wasserverbrauch verbessern, schreiben die Forscher. Andererseits könne die verringerte Verdunstung auch die Lufttemperatur steigern und die Wolkenbildung reduzieren.
Auswirkungen des Klimawandels
Mitautor Hans Peter Schmid, Leiter des KIT-Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) in Garmisch-Partenkirchen, sieht darin einen Rückkopplungseffekt der Ökosysteme auf die CO2-Zunahme in der Atmosphäre. Die Pflanzen nehmen zwar mehr CO2 auf, andererseits entweiche aber weniger Wasser in die Atmosphäre. Dies könne Trockenheit verstärken und so die Folgen des Klimawandels verschärfen. "Die Tragweite dieser Prozesse sollte man genauer untersuchen, denn sie können die Rolle der Wald-Ökosysteme im Klimawandel wesentlich beeinflussen", betont der Forscher.
Die Studie stelle das gegenwärtige Verständnis der Reaktion von Ökosystemen auf die CO2-Zunahme infrage, schreiben Belinda Medlyn und Martin DeKauwe von der australischen Macquarie University bei Sydney in einem Kommentar. "Es gibt einen deutlichen Anstieg der Wassernutzungs-Effizienz, den wir derzeit nicht erklären können."
Quelle: ntv.de, dpa