Wissen

Vor Abschied in die EwigkeitInterstellares Objekt 3I/Atlas erreicht größte Nähe zur Erde

18.12.2025, 10:12 Uhr
00:00 / 06:34
image
Die Grafik zeigt die Position des interstellaren Kometen 3I/Atlas im Verhältnis zur Erde, den anderen Planeten des inneren Sonnensystems und Jupiter am 19. Dezember 2025. (Foto: Stoppel)

3I/Atlas ist ein interstellarer Komet, der derzeit unser Sonnensystem durchkreuzt. Am 19. Dezember 2025 wird er der Erde am nächsten sein. Wie stehen die Chancen, ihn bei seinem Vorbeiflug am Himmel zu erspähen?

Er stammt aus einer fernen Welt: 3I/Atlas ist ein interstellarer Komet, der derzeit unser Sonnensystem durchkreuzt, um dann für immer in den Tiefen des Alls zu verschwinden. Am 19. Dezember wird er der Erde am nächsten sein. Doch was ist das Besondere an diesem Objekt? Und wie stehen die Chancen, ihn bei seinem Vorbeiflug am Himmel zu erspähen? Hier die wichtigsten Antworten:

Warum ist 3I/Atlas besonders?

Immer mal wieder fliegen Kometen an der Erde vorbei, die aus unserem Sonnensystem stammen. Der Komet 3I/ATLAS ist ein neu entdecktes interstellares Objekt, was bedeutet, dass er von außerhalb unseres Sonnensystems stammt. Es ist erst das dritte bestätigte interstellare Objekt nach 1I/ʻOumuamua und 2I/Borisov. Interstellare Kometen sind Himmelskörper aus anderen Sternsystemen, die unseres mit hoher Geschwindigkeit passieren.

Jeder Planet, jeder Mond, jeder Asteroid, jeder Komet und jede Lebensform in unserem Sonnensystem haben einen gemeinsamen Ursprung - nur interstellare Kometen sind Außenseiter. 3I/Atlas wurde Anfang Juli mit dem "Atlas"-Teleskop im chilenischen Río Hurtado entdeckt. Der zigarrenförmige, etwa 400 Meter lange 1I/'Oumuamua war 2017 an der Sonne vorbeigeflogen, 2019 folgte 2I/Borisov.

image
Aufnahme von 3I/Atlas durch das Hubble-Weltraumteleskop am 21. Juli 2025. Zu sehen ist, dass der Komet einen tropfenförmigen Staubkokon hat, der von seinem festen, eisigen Kern ausgeht. (Foto: NASA, ESA, David Jewitt (UCLA); Image Processing: Joseph DePasquale (STScI))

Woher kommt 3I/Atlas?

Die genaue Herkunft des Kometen konnten Forschende bisher nicht bestimmen. Vermutlich bewegt er sich bereits mehrere Milliarden Jahre durch die Galaxie und stammt aus der sogenannten dicken Scheibe, einem aus älteren Sternen bestehenden Strukturelement der Milchstraße, wie es bei der europäischen Raumfahrtbehörde Esa heißt.

Was passiert nun?

3I/Atlas durchfliegt unser Sonnensystem - und das rasend schnell mit bis zu etwa 250.000 Kilometern pro Stunde, der höchsten bisher für einen Sonnensystembesucher verzeichneten Geschwindigkeit. Zum Vergleich: Die Erde bewegt sich auf ihrer Bahn um die Sonne mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von etwas über 100.000 Kilometern pro Stunde. Am nächsten soll der von Gas und Staub umhüllte Komet unserem Planeten am 19. Dezember kommen. Bald darauf wird er der Esa zufolge in den Tiefen des Weltalls verschwinden - und nie zurückkehren.

Wird es für die Erde gefährlich?

Nein. Wenn der Komet uns am 19. Dezember am nächsten kommt, wird er sich von der Erde aus betrachtet hinter der Sonne befinden - in einer Entfernung von 270 Millionen Kilometern. Zum Vergleich: Die mittlere Distanz von der Erde zur Sonne beträgt etwa 150 Millionen Kilometer. Die Esa versichert: Auch für andere Planeten in unserem Sonnensystem ist der weitgereiste Gast harmlos.

Kann man den Kometen am Nachthimmel sehen?

Das bloße Auge oder ein Fernglas reichen dafür nicht. Hobbyastronomen konnten 3I/Atlas zuletzt noch mit einem mittelgroßen Teleskop tief im Osten im Morgenhimmel sehen. Doch der Esa zufolge geht man davon aus, dass 3I/Atlas etwas an Strahlkraft verlieren wird. Ein größeres Teleskop könnte dann nötig sein. Die besten Chancen gibt es an entlegenen Orten mit wenig Lichtverschmutzung. Die gute Nachricht: "In diesen Wochen wird der Komet eine höhere Position vor Sonnenaufgang erreichen, was die Beobachtung komfortabler macht." Sternwarten und astronomische Einrichtungen bieten verschiedene Beobachtungsmöglichkeiten an.

Asteroiden, Meteoroiden, Meteoriten, Kometen

Was ist so spannend an 3I/Atlas?

"Interstellare Kometen sind echte Außenstehende, die Hinweise über die Bildung von Welten tragen, die weit jenseits unserer eigenen liegen", heißt es von der Esa. Astrophysiker Chris Lintott erklärt: "Dies ist ein Objekt aus einem Teil der Galaxie, den wir noch nie aus der Nähe gesehen haben."

Außerdem scheint sich 3I/Atlas deutlich von seinen zwei Vorgängern zu unterscheiden. Laut dem Astronomie-Forschungszentrum NOIRLab in Tucson (USA) ist er mit einem Durchmesser von geschätzt 20 Kilometern deutlich größer als die bisher beobachteten Gäste aus der Tiefe des Weltraums. Auch bewege er sich auf einer deutlich gestreckteren Bahn.

3I/Atlas könnte der älteste je beobachtete Komet sein: Forschende der britischen Universität Oxford gehen davon aus, dass er möglicherweise über sieben Milliarden Jahre alt ist - und damit mehr als drei Milliarden Jahre älter als unser Sonnensystem.

Kann man eine Raumsonde zu dem Kometen schicken?

Das interstellare Objekt 3I/Atlas erreichte am 29. Oktober 2025 seine größte Annäherung an die Sonne, dabei hatte auch er die Umlaufbahn des Mars passiert. Seitdem entfernt er sich mit hoher Geschwindigkeit vom Zentrum des Sonnensystems. Dies geschah viel zu früh, und der Komet bewegt sich viel zu schnell, als dass man von der Erde einen Raumflugkörper zu ihm schicken oder auf ihm landen könnte. Stattdessen beobachten wir 3I/ATLAS aus der Ferne mit unseren Weltraumteleskopen und Planetenmissionen.

Wie häufig sind interstellare Kometen?

Bisher ist nicht klar, ob solche Besucher selten sind - oder schwer zu erfassen. "Es gibt da einen Verdacht", sagte Astronom Rainer Kresken vom Planetary Defence Office der Esa in Darmstadt. "Nämlich, dass schon ziemlich viele von solchen Objekten beobachtet worden sind. Aber unter der Annahme, dass die in einer Umlaufbahn um die Sonne sind, hat man das gar nicht richtig weiter verfolgt." Interstellare Gäste könnten also häufig da gewesen und auch gesehen, aber nicht als exotische Besucher erkannt worden sein.

Warum der Name "3I/Atlas"?

Traditionell wurden Kometen nach der Person benannt, die sie entdeckt hat. Heutzutage existiert ein codiertes Benennungssystem, das von der Internationalen Astronomischen Union entwickelt wurde. Der erste Buchstabe gibt die Kategorie an, zu der der Komet gehört - in diesem Fall "I" für "Interstellar". Die Zahl "3" vor dem "I" gibt an, dass es sich um den dritten Kometen dieser Art handelt. Das Wort "Atlas" bezieht sich auf das Programm, das das Teleskop betreibt, mit dem der Komet erstmals entdeckt wurde: das Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System (Atlas), ein automatisches astronomisches Frühwarnsystem für Asteroiden.

Quelle: ntv.de, kst/dpa