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Bakterien verdauen Arsen Unbekannte Lebensform entdeckt

Die arsenfressenden Bakterien in mikroskopischer Aufnahme.

Die arsenfressenden Bakterien in mikroskopischer Aufnahme.

(Foto: picture alliance / dpa)

US-Forscher machen eine Entdeckung, die bisherige biologische Erkenntnisse auf den Kopf stellt. Bakterien, die sich von giftigem Arsen ernähren. Es handelt sich um Leben - aber um eine bisher völlig unbekannte Art. Die Biologen müssen nun ihre Definitionen des Lebens neu schreiben.

Die Entdeckung einer "neuen Lebensform" wirbelt die Welt der Wissenschaft gehörig durcheinander. US-Forscher haben in Kalifornien völlig überraschend Bakterien ausfindig gemacht, die Arsen fressen. "Es handelt sich um irdisches Leben, aber nicht um Leben, wir wir es bisher kennen", sagte die Astrobiologin Mary Yoytek in Washington.

Die Folgen der Entdeckung sind noch kaum absehbar. Schon schießen Spekulationen über mögliche völlig neue Lebensformen ins Kraut - vor allem auch außerhalb von Mutter Erde.

Der Fundort: im unwirtlichen Salzsee Mono Lake in Kalifornien.

Der Fundort: im unwirtlichen Salzsee Mono Lake in Kalifornien.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Die Definition von Leben hat sich erweitert", meint der US- Forscher Ed Weiler. Bei der Suche nach Anzeichen von Leben innerhalb unseres Sonnensystems müsse man nunmehr "von einem breiteren Denkansatz ausgehen". Es gelte Lebensformen in Erwägung zu ziehen, "wie man sie nicht kennt". "Wir haben die Tür einen Spalt weit geöffnet und sehen, was auch andernorts im Universum möglich ist. Und das ist entscheidend", sagte Felisa Wolfe-Simon vom Astrobiologie-Institut der US-Raumfahrtbehörde Nasa.

"Eiserne Regel" wird unvollständig

Das Bahnbrechende der Entdeckung: Bisher gilt unter Biologen die eiserne Regel, dass das Leben auf der Erde aus sechs chemischen Elementen besteht: Phosphor, Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Schwefel und Sauerstoff. Das für Menschen hochgiftige Arsen zählte nicht zu diesen Stoffen.

Jetzt stießen die Forscher, die von der NASA unterstützt wurden, auf Bakterien in Sedimenten des kalifornischen Salzsees Mono Lake, die anstelle von Phosphor das giftige Schwermetall "verdauen". Die Bakterien bauen Arsen in Fette, Proteine und sogar in ihr Erbgut ein, berichten die Nasa-Wissenschaftler.

Während der Bergung der neuen Lebensform.

Während der Bergung der neuen Lebensform.

(Foto: picture alliance / dpa)

Damit sei erstmals belegt, dass einer der zentralen Bausteine allen irdischen Lebens durch ein anderes Element ersetzt werden kann, schrieben Wissenschaftler im US-Fachjournal "Science".

Außerirdisches Leben denkbarer

"Diese Untersuchung erinnert uns daran, dass das Leben, wie wir es kennen, viel flexibler sein kann als wir normalerweise annehmen oder uns vorstellen können", hieß es in einer Mitteilung der Arizona State University. "Wenn etwas hier auf der Erde so etwas Unerwartetes tun kann - was kann das Leben dann noch, was wir noch nicht gesehen haben?"

Der US-Wissenschaftler James Elser meint, dass Teile der bisherigen Forschung über Lebensformen neu geschrieben werden müssen. Die Nasa meint, dass die Entdeckung "Auswirkungen auf die Suche nach Beweisen für außerirdisches Leben haben wird".

Arsen statt Phosphor

Die Forscher konzentrierten sich in ihrer Studie auf Arsen, weil das Element Phosphor chemisch sehr ähnlich ist. Genau diese Ähnlichkeit ist auch der Grund dafür, dass Arsen für die meisten Lebewesen hochgiftig ist: Der Stoffwechsel kann die beiden Elemente in ihrer biologisch aktiven Form nicht auseinanderhalten. Wird jedoch Arsen anstelle von Phosphor aufgenommen, funktionieren zentrale biochemische Vorgänge nicht mehr.

Die Forscher züchteten im Labor Bakterien aus dem Sediment des unwirtlichen Mono Lake, das stark arsenhaltig ist. Dabei erhöhten sie allmählich die Arsen-Konzentration des Wachstumsmediums. Phosphor gaben sie dem Nährboden hingegen nicht zu.

Am Ende verblieb eine Bakterienart, die unter diesen Bedingungen überleben und sogar wachsen konnte. Die Forscher identifizierten sie als den Stamm GFAJ-1 aus der Familie der Halomonadaceae. Das Team wies nach, dass die Bakterien tatsächlich Arsen in ihrem Stoffwechsel verwendeten und damit den fehlenden Phosphor ersetzten.

"Nur eine Fußnote"

Der Mikrobiologe Johann Haider von der Universität Marburg hält den "großen Hype", der schon jetzt entstanden sei, durch die Daten im Detail nicht gedeckt, wie er dem "MDR" sagte. Auch nach Ansicht des Biochemikers Karl-Heinz van Pee von der Universität Dresden lässt die Studie keine eindeutigen Schlüsse zu. "Man hat es nicht geschafft, das Ganze Phosphor-frei zu machen", sagte er dem Sender. Man müsse die Biochemie nicht neu schreiben, höchstens eine Fußnote machen. Für die US-Forscher ist ihre Entdeckung dagegen ein Meilenstein.

Quelle: ntv.de, dpa

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