Schicksalstage für Kaufhauskette Was die Bieter mit Karstadt planen
07.06.2010, 14:21 UhrDrei Bieter buhlen bei den Karstadt-Gläubigern um die Übernahme der traditionsreichen Warenhauskette. Die Konzepte der Investoren unterscheiden sich dabei deutlich.
Highstreet
Hintergrund: Das Konsortium Highstreet um die US-Bank Goldman Sachs ist bei zahlreichen Immobilien Vermieter von Karstadt. Der ehemalige Chef der Karstadt-Konzernmutter Arcandor, Thomas Middelhoff, hatte dem Konsortium rund zwei Drittel der 120 Karstadt-Warenhausgebäude verkauft. Mit den Verkaufserlösen hatte Karstadt Schulden abgebaut. Jedoch sind die durch den Verkauf nötig gewordenen Mietzahlungen ein Grund für die Insolvenz der Kette. Das Konsortium, das auch Fonds der Deutschen Bank sowie den Immobilieninvestor Pirelli Re umfasst, kennt den Konzern gut - und mit dem Kaufhausbetreiber Borletti ist auch ein Branchenkenner dabei.
Strategie: Highstreet hat eine Offerte vorgelegt, die Branchenkreisen zufolge bei Arbeitsplätzen und Standorten keine gravierenden Einschnitte vorsieht. Jedoch solle die wöchentliche Arbeitszeit der Karstadt-Mitarbeiter ohne Lohnausgleich auf 39,5 von 37,5 Stunden erhöht werden. Die Arbeitnehmer würden im Gegenzug am Unternehmen beteiligt. Zudem soll es Mietnachlässe für Karstadt geben. In der Branche wird zudem erwartet, dass bei einem Zuschlag für Highstreet langfristig die Wahrscheinlichkeit einer Zusammenlegung mit der Warenhauskette Kaufhof des Handelsriesen Metro steigt.
Verhältnis zur Gewerkschaft: Verdi hatte in der Vergangenheit auch Sympathie für eine Lösung mit Highstreet erkennen lassen. Zuletzt am Sonntag hatte das Konsortium in einem längeren Gespräch um die Gunst der Arbeitnehmer geworben. Über welche Macht die Vermieter von Warenhäusern verfügen, war zuletzt beim Verkauf der Kette Woolworth deutlich geworden: Dort hatte der Vermieter Cerberus durchgesetzt, dass die Eigner der Ketten Kik und Tengelmann den Zuschlag erhielten.
Nicolas Berggruen
Hintergrund: Der Sohn des während der Nazi-Diktatur emigrierten Berliner Kunstsammlers und Mäzens Heinz Berggruen investiert weltweit in Immobilien und andere Branchen wie etwa erneuerbare Energien - und legt dabei eigenen Angaben zufolge Wert auf langfristige Engagements. Für sein Angebot hat sich Berggruen als industriellen Partner den weltweit aktiven Textilunternehmer Max Azria ins Boot geholt.
Strategie: Berggruen will Karstadt "frische und attraktive Perspektiven" eröffnen. Ihm gehe es darum, die "Kultmarke Karstadt" und die 25.000 Arbeitsplätze zu retten. Dazu erwartet Berggruen von den Vermietern weitere Zugeständnisse. Ende 2007 hatte Berggruen wesentliche Teile des in die Insolvenz gegangenen Möbelherstellers Schieder aus Westfalen übernommen und fortgeführt.
Verhältnis zur Gewerkschaft: Verdi hat sich nach anfänglichen Zweifeln nun offen auf die Seite Berggruens geschlagen. Die Gewerkschaft sieht in seinem Konzept langfristige Perspektiven für Karstadt. Das dürfte auch an dessen Zusage liegen, keine Stellen abbauen zu wollen.
Triton
Hintergrund: Die deutsch-schwedische Beteiligungsgesellschaft wurde 1998 gegründet. Das Unternehmen ist im Besitz seines Managements. Der Schwerpunkt der Beteiligungen liegt im Industriegüter-, Dienstleistungs- und Konsumgüterbereich. In Deutschland investierte Triton bisher unter anderem in die 2006 von Siemens übernommene Dematic und die ehemalige Evonik-Tochter Rütgers-Chemie.
Strategie: Das für die insolvente Warenhauskette vorgelegte Angebot soll die Voraussetzungen dafür schaffen, "dass Karstadt als deutsche Traditionsmarke (..) als erfolgreiches und profitables Warenhaus" in Zukunft bestehen kann, wie Triton-Partner Hans Maret betont. Karstadt soll dazu als Ganzes erhalten werden. Bei Vollzug des Kaufvertrags will Triton eigenen Angaben zufolge 100 Millionen Euro in die marode Warenhauskette investieren, binnen fünf Jahren sollen dann weitere 400 Millionen Euro folgen. Über die Finanzierung dieser Mittel wurden noch keine Details bekannt. Triton will zudem "markgerechte Mieten" für die Warenhäuser und eine Reform der Vergütung der Karstadt-Beschäftigten durchsetzen. Ein "erfolgsorientiertes Anreizsystem" soll geschaffen werden. Bei "verlustbringenden Sortimenten" schlägt Triton mehrere Optionen vor - vom Versuch einer operativen Verbesserung bis hin zur Aufgabe der betroffenen Sortimente.
Verhältnis zur Gewerkschaft: Verdi sieht durch die Pläne Tausende von Stellen bedroht. Die Gespräche zwischen beiden Parteien endeten in der Sackgasse.
Quelle: ntv.de, rts