Panorama

Schiff rammt Kontrollturm in Genua Ermittler verhören Unglückskapitän

Vom Kontrollturm im Hafen von Genua blieben nur Trümmer übrig.

Vom Kontrollturm im Hafen von Genua blieben nur Trümmer übrig.

(Foto: dpa)

Der Vorwurf der fahrlässigen Tötung steht im Raum: Der Kapitän der "Jolly Nero", die im Hafen von Genua einen Tower gerammt hat, wird von Ermittlern befragt. Womöglich zeichnet er für den Tod von mindestens sieben Menschen verantwortlich.

Nach dem spektakulären Schiffsunglück im Hafen von Genua haben die Behörden Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen den Kapitän der "Jolly Nero" aufgenommen. Walter Cotugno wird laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa derzeit  von den Ermittlern vernommen.

Noch in der Nacht suchten Taucher nach Vermissten.

Noch in der Nacht suchten Taucher nach Vermissten.

(Foto: AP)

Nach und nach zeigte sich unterdessen im Laufe des Tages das ganze Ausmaß der Katastrophe. Zunächst war von drei Toten die Rede. Mittlerweile gehen die Behörden von bis zu acht Opfern aus.

In der Nacht hatte im Hafen der Stadt ein Schiff einen Kontrollturm gerammt, große Teile des Towers und zweier Bürogebäude stürzten ein. Bis zum Mittag konnten die Rettungskräfte sieben Leichen bergen. Einen zunächst Vermissten konnten sie lebend retten. Einen weiteren Mann vermuten sie noch in den Trümmern.

Nach Angaben der Behörden hielten sich 14 Menschen in dem Turm auf, als das rund 200 Meter lange und 30 Meter breite Containerschiff "Jolly Nero" gegen 23.30 Uhr bei der Ausfahrt aus dem Hafen mit ihm zusammenstieß. Der 50 Meter hohe Turm, von dem aus der Schiffsverkehr im Hafen kontrolliert wird, neigte sich um 45 Grad, und stürzte mit weiteren Gebäudeteilen, mit den Büros der Küstenwache und der Lotsen ins Wasser. Nur eine Fluchttreppe blieb noch stehen.

Fünf Schwerverletzte

Bis Mittag fanden die Bergungskräfte sieben Tote, darunter den 30-jährigen Mitarbeiter der Küstenwache Daniele Fratantonio und einen 47-jährigen Familienvater. Fünf Menschen wurden schwerverletzt geborgen, unter ihnen ein 50-jähriger Telefonist, den die Retter zwölf Stunden nach dem Unglück in den Trümmern des Turms entdeckten.

Die Unglücksursache war zunächst unklar. Die Zeitung "Il Secolo XIX" sprach von einem "unverständlichen Manöver" des Schiffs, das nur durch eine technische Panne zu erklären sei. Einer der Lotsen von den Begleitschleppern wurde mit den Worten zitiert, anscheinend seien zwei Motoren ausgefallen, und die Mannschaft habe die Kontrolle über das Schiff verloren.

Das Unglück ereignete sich, als auf dem Kontrolltower gerade Schichtwechsel war, so dass besonders viele Lotsen und Beamte der Küstenwache im Gebäude waren. Taucher und Rettungsmannschaften mit Spürhunden suchten nach möglichen Überlebenden. In der Nacht ertönte kurz ein Handy-Notruf aus den Trümmern, doch brach die Verbindung ab, bevor das Gerät geortet werden konnte.

Katastrophe bei einem Routinemanöver

Genuas Bürgermeister Marco Doria sagte, Italien trauere um die Opfer des Unglücks, "das eine ganze Stadt getroffen hat". Der Eigner des 37 Jahre alten Schiffs, Stefano Messina, eilte noch in der Nacht zum Hafen. Vor Journalisten zeigte er sich entsetzt. "Wir sind alle total schockiert, noch nie ist so etwas passiert, wir sind verzweifelt", sagte er.

Laut einem Sprecher des Eigners hatte die "Jolly Nero" Industriefahrzeuge, einen Lkw mit Anhänger sowie Container geladen und sollte als nächstes Neapel anlaufen. Die Ausfahrt aus dem Hafen sei ein "Routinemanöver", das Unglück gänzlich unerklärlich, sagte er. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, das Schiff wurde beschlagnahmt und der Kapitän vernommen.

Staatspräsident Giorgio Napolitano sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. Verkehrsminister Maurizio Lupi reiste nach Genua, um sich vor Ort zu informieren. Er sollte später dem Parlament Auskunft geben.

Das Unglück ereignete sich gut ein Jahr nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" vor der toskanischen Küste im Januar 2012. Dabei wurden 32 Menschen getötet. Genua ist der größte Industriehafen Italiens.

Quelle: ntv.de, AFP

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