Bundeswehr im Ausland Afghanistan-Mission am teuersten
24.03.2012, 12:23 Uhr
Größter Kostentreiber sind die gestiegenen Treibstoffpreise.
(Foto: dpa)
Rund 1,3 Milliarden Euro fielen für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr 2011 an. Damit ist die Mission am Hindukusch weitaus teurer als geplant. Die SPD fordert indes rasche Klarheit über die Abzugspläne. Die Bundesregierung müsse endlich ihre Pläne offenlegen. Weder der Verteidigungs- noch der Außenminister dürften sich weiter hinter nebulösen Auskünften verstecken.
Die Auslandseinsätze der Bundeswehr haben im vergangenen Jahr rund 1,48 Milliarden Euro und damit 74 Millionen mehr als geplant gekostet. Das berichtet die "Wirtschaftswoche" unter Berufung auf einen Bericht des Verteidigungsministeriums. Demnach kostete der Afghanistan-Einsatz allein 1,28 Milliarden Euro. Mit weitem Abstand folgen die Missionen im Kosovo (68 Millionen Euro), vor der somalischen Küste (62 Millionen) und im Libanon (25 Millionen). Die SPD forderte unverzügliche Klarheit über den Afghanistan-Abzug der Bundeswehr.
Die Bundesregierung müsse dem Bundestag wenige Wochen vor dem Nato-Gipfel im Mai in Chicago endlich ihre Pläne offenlegen, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich. Die widersprüchlichen Äußerungen von führenden Vertretern der schwarz-gelben Koalition dazu seien nicht länger hinnehmbar.
Das Parlament könne mit Recht verlangen, dass sowohl der Verteidigungs- als auch der Außenminister zum Abzug konkret Stellung nähmen. Beide dürften sich nicht weiter hinter nebulösen Auskünften verstecken. Die Regierung habe gegenüber dem Bundestag, der die Auslandseinsätze genehmigen müsse, eine umfassende Informationspflicht. "Durch das bisherige Vorgehen gefährdet sie völlig unnötig den bisher erzielten Konsens."
Kosten haben sich verdreifacht

Nach 2014 sollen die afghanischen Sicherheitskräfte komplett die Verantwortung übernehmen.
(Foto: REUTERS)
Größte Kostentreiber des Einsatzes waren laut "Wirtschaftswoche" die gestiegenen Treibstoffpreise. Hinzu kamen mehr Flüge zwischen der Heimat und dem Hindukusch sowie die große Menge an Kerosin für Awacs-Aufklärungsflugzeuge. Deutlich weniger Geld sei für die Position "Erhaltung von Wehrmaterial" ausgegeben worden: Weil die Zahl der Strengstoffanschläge 2011 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen sei, seien weniger Reparaturen angefallen. Auch für Baumaßnahmen in Afghanistan gab die Bundeswehr dem Bericht zufolge weniger Geld aus: Wegen der verschärften Sicherheitslage musste sie häufig Projekte unterbrechen.
Die ersten zehn Jahre des Afghanistan-Einsatzes haben nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) 17 Milliarden Euro gekostet. Das war dreimal so viel wie die von der Bundesregierung offiziell veranschlagten 5,5 Milliarden Euro. Sollte es wie geplant zu einem schrittweisen Abbau der Truppenstärke bis 2014 kommen, würden sich die Gesamtkosten nach Schätzung der Experten aus dem Herbst auf 22 Milliarden Euro summieren.
Bundeswehr fordert Mandat
Derweil forderte der Bundeswehrverband ein eigenes Bundestagsmandat für den Abzug aus Afghanistan. "Es muss festgelegt werden, wie viele Soldaten nötig sind, um einen reibungslosen Abzug zu gewährleisten", sagt der Vorsitzende Oberst Ulrich Kirsch der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Für einen bestimmten Zeitraum würden eher mehr Soldaten als derzeit gebraucht. Der Gegner dürfe nicht die Möglichkeit erhalten, "den Schwächemoment, der zwangsläufig durch den Abzug entsteht, für sich auszunutzen".
Außerdem warnte der Bundeswehrverband vor einer Überalterung der Streitkräfte. "Die Streitkräfte müssen diesseits der Knackigkeitsgrenze bleiben, um voll einsatzbereit sein zu können." Wenn das nicht gelinge, werde die Bundeswehrreform scheitern, warnte Kirsch. Es sei dumm, den Soldaten beim Ausscheiden eine Hinzuverdienstgrenze aufzuerlegen: "Wenn die Politik an der Hinzuverdienstgrenze festhält, werden es sich viele Soldaten schlichtweg finanziell nicht erlauben können, die Streitkräfte zu verlassen."
Aufständische attackieren Armee
In den unruhigen Stammesgebieten im Nordwesten Pakistans, der Grenzregion zu Afghanistan, wurden indes bei einem Angriff von Taliban-Rebellen auf einen Armeeposten mindestens drei Soldaten getötet. In der Nacht hätten dutzende Aufständische einen Kontrollposten am Rande von Kalaya im Stammesgebiet von Orakzai mit Raketen und Gewehren angegriffen, sagte ein Offizier. Ein anderer Verantwortlicher sagte, bei dem Angriff in der Grenzregion zu Afghanistan seien auch zehn der Angreifer getötet worden.
Die halbautonomen Stammesgebiete in der unzugänglichen Gebirgsregion an der Grenze zu Afghanistan sind eine Hochburg der radikalislamischen Taliban und gelten als wichtigstes Rückzugsgebiet des Terrornetzwerks Al-Kaida. Kalaya in der Gegend von Khadizai liegt im Hohen Orakzai, das weitgehend von den Taliban kontrolliert wird. Seit der Eskalation des Konflikts infolge der Stürmung der Roten Moschee in Islamabad durch die Armee im Juli 2007 sind in Pakistan mehr als 4900 Menschen von Extremisten getötet worden.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP