Politik

Henkel unter Druck Die Berliner V-Mann-Affäre

Berlins Innensenator Frank Henkel ist erst seit Dezember 2011 im Amt. Dennoch bringt eine V-Mann-Affäre innerhalb der Ermittlungen um die Neonazi-Terrorserie den CDU-Politiker in Bedrängnis. Die Frage ist, warum die Berliner Polizei auf eine Anfrage des BKA über die Terrorgruppe NSU nicht reagierte.

Berlins Innensenator Frank Henkel nach einer Befragung durch den Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.

Berlins Innensenator Frank Henkel nach einer Befragung durch den Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.

(Foto: dapd)

Anfang 2001 werben Berliner Staatsschützer den Rechtsradikalen Thomas S. als V-Mann an. Am 13. Februar 2002 berichtet S., der ebenfalls rechtsradikale Musikproduzent Jan W. habe Hinweise auf den Aufenthaltsort von drei untergetauchten Neonazis aus Thüringen. Die drei würden wegen Waffen- und Sprengstoffbesitzes per Haftbefehl gesucht.

Heute ist unklar, ob dieser Hinweis auf das Terrortrio Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt damals beachtet und an andere Behörden weitergegeben wurde. Das Thüringer LKA sagt, es habe keine Informationen aus Berlin bekommen. Dennoch wurde W. im Mai 2002 vom Thüringer LKA verhört. Nach Angaben der Berliner Polizeipräsidentin Margarete Koppers war die Beziehung zwischen Jan W. und dem Trio den thüringischen Behörden allerdings schon 1998 bekannt.

Am 14. Dezember 2011 und danach schickt das BKA mehrfach Anfragen zu Personen, die im Zusammenhang mit dem NSU gestanden haben sollen - auch zu Thomas S. Das Berliner LKA gibt jedoch nur "allgemeinpolizeiliche" Erkenntnisse weiter. Ob S. als V-Mann geführt wurde, wird nicht überprüft. "Diese Vorgehensweise entspricht bei allgemeinen Erkenntnisabfragen selbst bei schwersten Straftaten dem Standard", sagt Koppers.

Mitte März 2012 unterrichtet Koppers die Bundesanwaltschaft über den V-Mann. Nach Darstellung des Berliner Innensenators Frank Henkel hat die Generalbundesanwaltschaft darum gebeten, die Berliner Erkenntnisse um Thomas S. zunächst nicht weiterzugeben, um das laufende Ermittlungsverfahren und das Leben des V-Mannes nicht zu gefährden. Nachdem die Bundesanwaltschaft mitgeteilt habe, dass ein Ermittlungserfolg nicht mehr gefährdet sei, seien die Unterlagen zu dem V-Mann am Dienstagvormittag an den Untersuchungsausschuss des Bundestages weitergeleitet worden, sagt Henkel.

Bundesanwaltschaft widerspricht Henkel

Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus wirft Henke vor, Informationen nur häppchenweise herausgegeben zu haben. "Aus heutiger Sicht hätte ich einiges anders gemacht", sagt Henkel dazu. "Wir hätten offensiver und klarer informieren und kommunizieren müssen." Henkel ist erst seit dem 1. Dezember 2011 im Amt. Dennoch bringt die Affäre ihn in Bedrängnis.

Zumal die Bundesanwaltschaft seine Darstellung mehr oder weniger deutlich zurückweist. "Alle Beteiligten waren sich über die Sensibilität der Informationen für die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft bewusst", sagt ein Sprecher. "Absprachen über Zeitpunkt und Form der Übermittlung der Erkenntnisse an den NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags" seien nicht getroffen worden.

Dem wiederum widersprach die Berliner Innenverwaltung. Ihr Sprecher Stefan Sukale sagt: "Der Senator hat angesichts der vorliegenden Anhaltspunkte keinen Grund, an den Aussagen der Polizei zu zweifeln, die ihm in diesem Zusammenhang gemacht wurden." Der Generalbundesanwalt habe kürzlich selbst auf eine Medienanfrage geantwortet, dass er den NSU-Ausschuss erst am 24. Juli informiert habe, nachdem eine Gefährdung laufender Ermittlungen nicht mehr zu befürchten war.

Auch Berlins Polizeipräsidentin Koppers weist den Vorwurf zurück, das Berliner Polizeipräsidium habe Sachverhalte verschleiern wollen. Alle Informationen zum Informanten Thomas S. seien, wenn auch verspätet, aus dieser Behörde gekommen.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP

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