Attacke auf Bundeswehr in der Türkei Jugendgruppe bekennt sich
23.01.2013, 13:13 Uhr
Das Hauptkontingent der deutschen Raketenabwehrstaffeln auf dem Weg in den Türkei-Einsatz.
(Foto: dpa)
Sicherheitsbehörden sind sich sicher: Für den Angriff auf Bundeswehrsoldaten aus den deutschen Patriotstaffeln in der Türkei zeichnen kurdische oder kommunistische Gruppen verantwortlich. Eine sozialistische Gruppe bekennt sich. Doch auch im Rest der Bevölkerung stößt der Einsatz auf Widerstand.
Hinter dem Angriff auf deutsche Soldaten in der Türkei stecken kurdische oder kommunistische Gruppen. Davon gehen Sicherheitskreise in Deutschland aus. Die Attacke wirke sehr organisiert und sei aus der Menschenmenge heraus gefilmt worden, hieß es. Unterdessen hat sich eine Jugendorganisation zu dem Angriff bekannt.
Gleich zu Beginn ihres Patriot-Einsatzes in der Türkei waren mehrere Bundeswehrsoldaten von Dutzenden Zivilisten tätlich angegriffen und bedroht worden. Beim Verlassen eines Geschäfts in Iskenderun, einer Großstadt nahe der türkisch-syrischen Grenze, seien fünf deutsche Soldaten in Zivil von etwa 40 türkischen Zivilisten "angepöbelt und bedrängt" worden, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit.
Bei dem Vorfall soll es auch zu Handgreiflichkeiten gekommen sein: Einem Soldaten sei ein Sack über den Kopf gezogen worden, in dem sich weißes Pulver oder Puder befand. Die Bundeswehrsoldaten seien in umliegende Geschäfte geflüchtet. Türkische Sicherheitskräfte, die die deutschen Soldaten begleitet hatten, griffen den Angaben zufolge zu ihrem Schutz ein. Dadurch hätten sie eine weitere Eskalation der Lage verhindert. Anschließend begleiteten die türkischen Sicherheitskräfte die deutschen Soldaten in ihre Unterkünfte. Bei dem Vorfall wurde kein deutscher Soldat verletzt.
Jugendorganisation bekennt sich
Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Demonstranten bei Protestkundgebungen gegen den Patriot-Einsatz der Nato hatte die türkische Polizei zuletzt bereits mehrere Dutzend Menschen festgenommen hatte. Die Sicherheitskräfte gingen demnach mit Tränengas, Pfefferspray und Schlagstöcken gegen Demonstranten in Iskenderun sowie an der Luftwaffenbasis Incirlik im Süden des Landes vor. Türkische Medien berichteten, die Demonstranten gehörten zum "Bund türkischer Jugendlicher" (TGB), der Jugendorganisationen der kleinen linksnationalistischen Partei IP ("Arbeiterpartei"). Sie hätten Sprechchöre gegen die Nato und den Einsatz von Nato-Soldaten in der Türkei gerufen.
Auf seiner deutschen Facebook-Seite bekennt sich der TGB zu dem Angriff in Iskenderun. 43 Mitglieder der Gruppe seien in Untersuchungshaft genommen worden, heißt es dort, weil sie "gegen den Imperialismus und dessen Folgen in unserem Land und in unseren Nachbarländern protestiert" hätten. Einem deutschen und einem amerikanischen Soldaten seien Säcke über die Köpfe gestülpt worden.
Türkische Regierung forderte Einsatz
TGB-Aktivisten haben in den vergangenen Jahren mehrfach ausländische Soldaten und Touristen attackiert und ihnen Säcke über den Kopf gezogen. Die tätlichen Angriffe gelten auch als Reaktion auf die Gefangennahme türkischer Soldaten im Irak durch US-Soldaten im Jahr 2003. Den Türken waren damals mit Säcken über den Köpfen zum Verhör abgeführt worden.
In Iskenderun waren zu Wochenbeginn Schiffe mit den Patriot-Raketen der Bundeswehr und der niederländischen Armee angekommen. Auf dem Stützpunkt Incirlik bei Adana lagern nach US-Angaben die für den Nato-Einsatz vorgesehenen Patriot-Systeme der US-Streitkräfte.
Die Nato hatte die Stationierung der Luftabwehrraketen auf Antrag der türkischen Regierung beschlossen, um die Türkei vor möglichen Raketenangriffen aus dem benachbarten Unruheland Syrien zu schützen. Linke und islamistische Gruppen in der Türkei sehen in dem Patriot-Einsatz dagegen einen Versuch insbesondere der USA, ihre Macht im Nahen Osten auszudehnen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts/AFP