Politik

Mehr Kooperation statt weniger Merkel dreht Schweizer Spieß um

Didier Burkhalter und Angela Merkel sehen keine Probleme - nur zukünftige Verhandlungen.

Didier Burkhalter und Angela Merkel sehen keine Probleme - nur zukünftige Verhandlungen.

(Foto: imago/Xinhua)

Schottet sich die Schweiz nach der Volksabstimmung jetzt komplett ab? Nein, heißt es einhellig von Kanzlerin Merkel und dem Schweizer Bundespräsidenten Burkhalter: "Wir stoppen überhaupt nichts", heißt es. Stattdessen solle es mehr Kooperation geben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach der umstrittenen Schweizer Abstimmung für eine begrenzte Zuwanderung vor Überreaktionen gewarnt. Die Kontakte zwischen der EU und der Schweiz solle man nicht "vorschnell zerbrechen" lassen, sagte sie nach einem Treffen mit dem Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter. Sie bedauere die Entscheidung der Schweizer Bürger, respektiere das Votum aber.

Nun müsse wohlüberlegt und gut miteinander verhandelt werden, sagte Merkel. Ziel sei, dass die Beziehungen der Europäischen Union mit der Schweiz so intensiv wie möglich blieben. Die dreijährige Übergangszeit, bis die neuen Zuwanderungsregeln in der Schweiz in Kraft treten, sollte für vernünftige Lösungen genutzt werden: "Ich glaube, dass wir in den verschiedenen Bereichen ... sehr ruhig überlegen sollten, wie gestalten wir das weiter." Es dürfe nicht zu Beginn über alle Konsequenzen entschieden werden.

Menschlich viele Kontakte

Ungeachtet des Referendums wollten Deutschland und die Schweiz ihre Beziehungen vertiefen, machten Burkhalter und Merkel deutlich. Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen sollten noch enger werden, gerade in der "jetzigen Phase, die wir durchleben werden", sagte Burkhalter. Er verwies auf das bilaterale Handelsvolumen von 75 Milliarden Euro. Auch menschlich gebe es viele Kontakte angesichts der 350.000 Deutschen, die in der Schweiz arbeiteten.

Burkhalter betonte, es gebe nach dem Volksentscheid einen Verfassungsauftrag. Es sei noch nichts geändert worden seit dem Referendum. Nach wie vor gelte die Personenfreizügigkeit. Die Schweiz wolle mit der EU aber auch über eine eventuelle Anpassung des Freizügigkeitsabkommens diskutieren: "Es gibt keinen Grund, jetzt alles zu stoppen." Es liege auch nicht im Interesse Europas und der Schweiz, nicht weiter über ein Stromabkommen zu verhandeln.

Die Schweizer hatten mit knapper Mehrheit eine Beschränkung der Einwanderung beschlossen. Bei Umsetzung könnten EU-Bürger nicht mehr ohne weiteres in die Schweiz umziehen, um dort zu arbeiten. Die EU hatte nach dem Referendum Verhandlungen über eine Beteiligung der Schweiz an einem Forschungsprogramm und einem Programm zum Studentenaustausch ausgesetzt. Anlass war die Ankündigung der Schweiz, das Arbeitsmarktabkommen mit Kroatien vorerst nicht zu unterzeichnen. Burkhalter dazu: "Wir stoppen überhaupt nichts."

Er betonte, neue Abkommen müssten vereinbar sein mit dem Verfassungsauftrag. Für das neue EU-Land Kroatien werde eine nicht diskriminierende Lösung gesucht. "Wir können eine Lösung finden, wir brauchen etwas Zeit." Es sei nicht im Interesse Europas, angesichts der angestrebten Innovationsziele die Forschungszusammenarbeit mit der Schweiz zu stoppen, sagte Burkhalter, der auch Außenminister der Schweiz ist und sich anschließend mit seinem Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier (SPD) traf.

Merkel gibt sich verständnisvoll

Merkel sagte, Quotierungen mit der Freizügigkeit seien schlussendlich nicht vereinbar. Mit Blick auf den Fall Kroatien betonte sie aber, auch in Deutschland habe es bei der Öffnung des Arbeitsmarktes nicht vom ersten Tag an die totale Freizügigkeit gegeben, sondern eine mehrjährige Übergangsphase. Es sollte Schritt für Schritt vorgegangen werden. Am Ende werde die EU nicht ihre Prinzipien verraten und die Schweiz nicht das Abstimmungsergebnis.

Steinmeier zufolge sollte das Ergebnis des Referendums nicht "mit Schaum vor dem Mund" kommentiert werden: "Ich gehe davon aus, dass die negativen Konsequenzen (...) von der Schweiz selbst in Grenzen gehalten werden." An dem seit Jahrzehnten bestehenden freundschaftlich-nachbarschaftlichen Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz solle sich nichts ändern. Beide Länder profitierten auch von den Arbeitsmärkten auf beiden Seiten der Grenze.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa

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