Erneuerbare Energien und CO2-Zertifikate Merkel will Energiewende aus einem Guss
13.05.2013, 19:27 Uhr
Angela Merkel.
(Foto: REUTERS)
Die Zeiten, in denen Angela Merkel als Klimakanzlerin gefeiert wurde, sind vorbei. Auf einer Konferenz in Berlin kündigt sie nun ein Ende der Förderung der Solarenergie an. Gleichzeitig will sie den CO2-Emissionshandel wiederbeleben. Aber überstürzen möchte sie auch nichts.
Kanzlerin Merkel muss in der deutschen und europäischen Umweltpolitik mehrere Probleme gleichzeitig in den Griff kriegen. Im Inland wächst der Regierung die Förderung der Solarenergie über den Kopf, in Europa liegt der Handel mit CO2-Zertifikaten am Boden. Nun will Merkel neue Bewegung in die verfahrene Situation bringen.
Beide Bereiche sollen besser aufeinander abgestimmt werden. Bei einer Konferenz hat sie sich nun für eine Energiewende aus einem Guss ausgesprochen. Steuerungsinstrumente wie die Ökostromumlage oder der CO2-Zertifikatehandel müssten besser aufeinander abgestimmt werden, sagte sie bei der Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) in Berlin. "Das Ganze fügt sich zu keinem sehr kongruenten System zusammen." Überstürzen möchte Merkel aber auch nichts. Eine Reform noch vor der Bundestagswahl im September schloss sie aus.
Änderungsbedarf sieht sie beim Zertifikatehandel ebenso wie bei der Förderung der Erneuerbaren Energien. In den Bestand von Solar- und Windkraftanlagen solle zwar nicht eingegriffen werden. In Zukunft werde man sich aber einen Zuwachs wie bisher nicht mehr leisten können. "Wir brauchen nicht mehr Energie, als wir im Lande verbrauchen", stellte Merkel klar.
Ausbau der Solarenergie wird bei 55 Gigawatt gestoppt
Der Ausbau der Solarenergie werde bei 55 Gigawatt gestoppt - derzeit liege deren installierte Leistung bei knapp 30 Gigawatt. "Danach gibt es keine Subventionierung mehr", sagte Merkel. Dann sei fast der gesamte deutsche Energieverbrauch mit erneuerbaren Energien zu decken. Sie sei optimistisch, dass dies gelinge.
Merkel erklärte, es gebe in der Bundesregierung eine breite Debatte darüber, ob und wie man "in das vermeintlich marktwirtschaftliche Instrument" des Emissionshandel eingreife. Der Erlös für die CO2-Zertifikate sei längst nicht so hoch, wie man sich das erhofft habe. Ein Grund sei auch, dass das Wirtschaftswachstum viel niedriger ausgefallen sei als man das angenommen habe.
Deshalb müsse darüber nachgedacht werden, eine bestimmte Menge an Zertifikaten aus dem Handel zu nehmen und so für eine Preisregulierung zu sorgen, sagte Merkel. "Dann würde sich wahrscheinlich ein Preiskorridor ergeben." Merkel schlug weiter vor, die herausgenommene Menge an Zertifikaten aufzubewahren. Sollte das Wachstum wieder anspringen, könne man sie "wieder in das System reingeben". Die Kanzlerin räumte ein, dass es hier noch viel Erklärungsbedarf gebe.
Schützenhilfe für Altmaier
Merkel stärkte damit erneut Umweltminister Peter Altmaier (CDU) den Rücken, der Maßnahmen gegen den rapiden Preisverfall der Zertifikate ergreifen will. Unter anderem steht der Vorschlag der EU im Raum, 900 Millionen Zertifikate vom Markt zu nehmen. Wirtschaftsminister Philip Rösler (FDP) hingegen sieht die Funktion des Emissionshandels erfüllt und wehrt sich gegen "unerlaubte Markteingriffe".
Der Handel mit Verschmutzungsrechten ist ein Kernstück der Klimaschutzpolitik der EU und soll den Ausstoß von Treibhausgasen verringern. Kraftwerksbetreiber und energieintensive Unternehmen dürfen das klimaschädliche CO2 nicht einfach in die Atmosphäre abgeben, sondern müssen dafür als Ausgleich Zertifikate erwerben. Doch aufgrund des Preisverfalls ist es für Unternehmen oftmals günstiger, diese Verschmutzrechte zu erwerben, statt in klimafreundliche Technologie zu investieren.
Der Emissionshandel funktioniert nicht so, wie die Gründungsväter sich das 2007 dachten. Erwartet wurden 30 Euro pro Zertifikat bis zum Jahr 2020. Doch mit Ausbruch der Wirtschaftskrise sind die Preise von 15 Euro im Jahr 2011 auf deutlich unter 5 Euro gefallen. Die Niedrigpreise haben auch Auswirkungen auf den deutschen Strompreis, denn so bleibt ausgerechnet der CO2-intensive Kohlestrom attraktiv.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/DJ