Politik

Polizei-Gewalt am Stuttgarter Bahnhof SPD sorgt für Untersuchung

Grobe Gewalt gegen Bürger: Vielen bleibt der Polizeieinsatz in Erinnerung.

Grobe Gewalt gegen Bürger: Vielen bleibt der Polizeieinsatz in Erinnerung.

(Foto: REUTERS)

Der umstrittene Polizeieinsatz am Stuttgarter Bahnhof mit zahlreichen Verletzten hat ein politisches Nachspiel. Die SPD wird wohl für einen Untersuchungsausschuss sorgen. Die nötige Mehrheit hat die Fraktion in Baden-Württemberg. Unterdessen kritisiert Innenminister de Maizière die Demonstranten.

Zum heftig kritisierten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner wird der Landtag von Baden-Württemberg aller Voraussicht nach einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Die oppositionelle SPD-Fraktion beschloss nach Angaben, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Am 30. September waren hunderte Demonstranten durch den Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray verletzt worden. Die SPD verfügt über 38 der insgesamt 139 Mandate und stellt damit mehr als ein Viertel der Abgeordneten, die zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses notwendig sind.

Sie geben nicht auf: Jugendliche bei der Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21.

Sie geben nicht auf: Jugendliche bei der Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21.

(Foto: dpa)

Die Sozialdemokraten wollten ursprünglich erst warten, bis die CDU/FDP-Landesregierung ihre Landtagsanfrage zum Polizeieinsatz beantwortet. Danach wollte die Fraktion über den Antrag auf einen Untersuchungsausschuss entscheiden. Dagegen hatte der SPD-Landesparteitag aber mit knapper Mehrheit dafür votiert, sofort einen solchen Ausschuss zu beantragen. Zuvor hatten bereits die Grünen einen Antrag für einen Untersuchungsausschuss angekündigt. Es wäre das erste derartige Gremium in der laufenden Legislaturperiode.

Grundrecht missbraucht?

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sieht bei den Protesten gegen das das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit missbraucht. "Wenn tausende 13-jährige Schüler von ihren begüterten Eltern Krankschreibungen kriegen, um zu demonstrieren, dann ist das ein Missbrauch des Demonstrationsrechts", sagte de Maizière dem ZDF.

De Maizière spricht nur von der Gewalt der Demonstranten.

De Maizière spricht nur von der Gewalt der Demonstranten.

(Foto: dpa)

Der Minister bezog sich dabei auf eine von der Polizei Ende September gewaltsam beendete Demonstration, an der hunderte Schüler teilgenommen und teils durch Pfefferspray und Wasserwerfer verletzt worden waren. Gegen einen Beamten wird wegen Körperverletzung im Amt ermittelt, weil er zu brutal gegen Demonstranten vorgegangen sein könnte. De Maizière forderte, dass die Organisatoren von Demonstrationen "sicherstellen" müssen, "dass keine Gewalttäter teilnehmen". Friedliche Demonstranten müssten sich zudem von Gewaltgruppen lösen, damit die Polizei eingreifen könne. "Sie dürfen ihnen nicht noch Schutz bieten."

Kritisch sieht de Maizière auch die Schlichtung durch den früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geißler: "Es kann ja auch nicht sein, dass die handelnden Politiker die Idioten sind, und die ehemaligen Politiker sind die Heiligen." Schlichtung könne kein Maßstab für solche Großverfahren sein. Für das Großprojekt habe es umfangreiche Planungen mit Bürgerbeteiligung gegeben. "Dann muss das gelten und durchgesetzt werden", sagte de Maizière. Politik sei Abwägung und das Suchen von Kompromissen. Zu diesen müsse man stehen, anstatt einer "Stimmungsdemokratie nachzugeben". "Wir brauchen Substanz statt Betroffenheit."

Abstimmung "rechtlich problematisch"

Unterdessen hat sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gegen einen nachträglichen Volksentscheid über Stuttgart 21 ausgesprochen. "Das wäre demokratietheoretisch und rechtlich problematisch", sagte die FDP-Politikerin der "Passauer Neuen Presse". "Hier teile ich die Auffassung des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts." Jetzt gehe es darum, den Dialog zu suchen. Das Projekt könne man aber nicht mehr grundsätzlich infrage stellen.

Für die Zukunft sollten nach den Worten der Ministerin Möglichkeiten entwickelt werden, wie die Bürger besser an der Planung solcher Großprojekte beteiligt werden könnten. Gegen den Neubau des Stuttgarter Bahnhofs gibt es seit Wochen Demonstrationen und Blockaden. Deutsche Bahn und baden-württembergische Landesregierung halten an dem Projekt fest.

Derweil haben auch Atomkraftgegner aus der Region Gorleben in Stuttgart gegen das umstrittene Bahnprojekt demonstriert. Drei eigens auf einem Tieflader mitgebrachte Traktoren durften allerdings im Schlossgarten neben dem Hauptbahnhof nicht entladen werden, wie die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg berichtete. Hintergrund war nach Angaben der Stuttgarter Polizei eine entsprechende Anweisung der Versammlungsbehörde. "Protest auf der Straße, um politische Fehlentscheidungen anzuprangern, Bürgermut - das sind Parallelen zu Gorleben", erklärte die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek bei der Montagsdemonstration. Sie rief dazu auf, im November ins Wendland zu kommen, um die Atomgegner beim Castor-Transport zu unterstützen.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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