Olympiasiegerin 1936 Tilly Fleischer tot
14.07.2005, 14:45 UhrMit Tilly Fleischer ist am Donnerstag im badischen Lahr eine der herausragenden deutschen Leichtathletinnen der 30er Jahre gestorben. Tilly Fleischer, die 93 Jahre alt wurde, gewann 1936 bei den Olympischen Spielen in Berlin die Goldmedaille im Speerwerfen. Vier Jahre zuvor war die in Frankfurt geborene vielseitige Athletin bei den Spielen in Los Angeles Dritte in ihrer Spezial-Disziplin geworden.
Von den deutschen Olympiasiegerinnen der Sommer- und Winterspiele 1936 lebt nun nur noch die 84-jährige Maxi Baier-Herber. Sie gewann mit ihrem Mann Ernst Herber in Garmisch-Partenkirchen die Goldmedaille im Paarlaufen.
Tilly Fleischer, die nach ihrer zweiten Heirat Grote-Fleischer hieß, stellte 1929 und 1930 im Kugelstoßen mit 12,40 m und 12,88 m Weltrekorde auf. In Los Angeles belegte sie im Diskuswerfen den vierten Rang, mit der 4 x 100-m-Staffel wurde sie Sechste. Ihre Karriere hatte sie als Fünfkämpferin begonnen.
Ihre olympische Goldmedaille gewann Tilly Fleischer mit 45,18 Metern vor der Dresdnerin Luise Krüger (43,29 m) im ersten Wettkampf der Berlin-Spiele am 2. August 1936. Später beschrieb die für Eintracht Frankfurt gestartete Athletin ihre Eindrücke vor 100.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion so: "Die Leute haben derart getobt, dass die Wettkämpfe verschoben werden mussten. 'Tilly' hat das ganze Stadion geschrien. Dann kam die Siegerehrung. Ich bekam die Goldmedaille, einen Lorbeerkranz und ein Eichenbäumchen, das ich später am Frankfurter Waldstadion gepflanzt habe. Der Baum ist jetzt schon 30 Meter hoch."
Tilly Fleischer wurde nach der Siegerehrung mit anderen Medaillen-Gewinnerinnen zur Loge Adolf Hitlers geführt. Die Folge war, dass der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Henri de Baillet-Latour (Frankreich), den deutschen Reichskanzler darauf aufmerksam machte, dass ein solcher Empfang nicht den Regeln entspräche. Daraufhin unterließ Hitler derartige Empfänge. Als Geschenk für ihren Olympiasieg erhielt Tilly Fleischer 1936 von der Stadt Frankfurt ein Auto.
Tilly Fleischer hinterlässt aus ihrer ersten Ehe zwei Töchter. Eine von ihnen führt ihr Lederwaren-Geschäft in Lahr weiter.
Quelle: ntv.de