"Ich habe einen richtig guten Job" Jens Keller, Trainer von der traurigen Gestalt
07.10.2014, 11:08 Uhr
"Ich wünsch' dir Liebe ohne Leiden": Jens Keller.
(Foto: REUTERS)
Er kam, sah - und wurde entlassen. Eine echte Chance hatte Jens Keller beim FC Schalke 04 nie, stets blieb er die Verlegenheitslösung. Woran er allerdings nicht ganz unschuldig ist. Doch wem hilft schon Mitleid im Profifußball?
Mitleid ist eine Kategorie, die im Leistungssport keine große Rolle spielt. Erst recht nicht in der Fußball-Bundesliga. Doch wer sieht, wie der FC Schalke 04 mit Jens Keller umgegangen ist, der könnte schon auf den Gedanken kommen, dass der Verein nicht ganz fair zu seinem Trainer war. Seit seinem Amtsantritt vor 22 Monaten musste er mit dem Makel leben, nur zweite Wahl zu sein. Und er musste damit leben, dass sein Job stets in aller Öffentlichkeit zur Disposition stand. Jens Keller hatte nie eine echte Chance.
Rein sportlich ist gegen die Entlassung nichts einzuwenden. Es läuft nicht rund bei den Schalkern, der DFB-Pokal findet in dieser Saison bereits nach der ersten Runde ohne sie statt, in der Champions League haben sie zweimal unentschieden gespielt, in der Bundesliga dümpeln sie auf Platz elf.
Sie haben den Nachbarn aus Dortmund geschlagen, das schon. Aber wer tut das derzeit nicht? Das gelingt ja selbst dem Hamburger SV. Geholfen hat der Derbysieg Jens Keller jedenfalls nicht. Es war nicht zu erkennen, dass die Mannschaft sich fußballerisch entwickelt hat. Vor allem aber fehlt es ihr an Konstanz. Und wenn sie in Gelsenkirchen meinen, zu Höherem berufen zu sein, dann sollen sie es mit einem neuen Trainer versuchen.
Er hat sich damit keinen Gefallen getan
Den haben sie auch flugs präsentiert, Roberto di Matteo übernimmt. Also einer, der mit dem FC Chelsea bereits die europäische Königsklasse gewonnen hat. Tragisch an der Sache ist, wie Jens Keller sich an seinen Job geklammert, sich permanent gerechtfertigt hat, immer aus der Defensive heraus. Noch im März hatte er im Interview mit der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" geklagt: "Man fühlt sich an den berühmten Kampf gegen Windmühlen erinnert." Souverän war das nicht, Führungsstärke sieht anders aus. Er hat sich damit keinen Gefallen getan. Jens Keller war der Trainer von der traurigen Gestalt.
Aber er wird gedacht haben, er müsse so handeln, bei einem Klub, der in der Winterpause hinter seinem Rücken mit dem ehemaligen Mainzer Thomas Tuchel verhandelt haben soll und am Tag seiner Entlassung schon seinen Nachfolger parat hat. Am Wochenende haben die Schalker mit 1:2 bei der TSG Hoffenheim verloren. Und Jens Keller sagte hinterher dem Bezahlsender Sky: " Wir haben zweimal die Champions League erreicht und sind Dritter geworden. Ich habe einen richtig guten Job, es gibt viele Trainer, die mich darum beneiden. Ich denke nicht, dass der Verein ohne mich plant. Wir sind immer offen miteinander umgegangen, und ich bin immer noch Trainer." Er könnte einem fast leidtun. Am Ende aber ist Mitleid keine relevante Kategorie im Leistungssport.
Quelle: ntv.de