Wirtschaft

Konsumlauniges BIP Drei Prozent Plus sind drin

"Unerwartet deutlich": So lautet das Fazit der Bundesbank zum Wirtschaftswachstum in Deutschland im ersten Halbjahr. Und es wird noch besser: Die Bank hebt ihre BIP-Prognose an - mit einem warnenden Zeigefinger in Richtung Bundesregierung.

Drei Prozent BIP-Wachstum: Ist da noch mehr drin?

Drei Prozent BIP-Wachstum: Ist da noch mehr drin?

(Foto: REUTERS)

Die Bundesbank hebt nach dem überraschenden Frühjahrsboom ihre Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum auf "rund drei Prozent" an. Bislang hatten die Notenbanker für 2010 ein Plus von 1,9 Prozent erwartet. "Alles in allem stellt sich die konjunkturelle Grunddynamik in Deutschland derzeit günstig dar, und die wirtschaftliche Aufwärtsbewegung dürfte sich im zweiten Halbjahr fortsetzen", schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht. Im zweiten Vierteljahr hatte die Wirtschaftsleistung verglichen mit dem Auftaktquartal um 2,2 Prozent zugelegt, so kräftig wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.

Die Bundesbanker sind mit ihrer neuen Schätzung optimistischer als Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der ein Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von weit über zwei Prozent für realistisch hält. Die offizielle BIP-Prognose der Bundesregierung liegt nach wie vor bei 1,4 Prozent, allerdings gab es zuletzt unbestätigte Berichte, nach denen zumindest im Wirtschaftsministerium auch ein Wachstum von etwa drei Prozent angenommen wird. Viele Volkswirte sind noch optimistischer. Allerdings heißt das nicht unbedingt, dass der Boom mit unvermindertem Tempo anhält: Das Statistische Bundesamt hat errechnet, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr selbst dann unter dem Strich um 2,8 Prozent gewachsen sein wird, wenn der Aufschwung im zweiten Halbjahr zum Stillstand kommt. Davon ist er aber weit entfernt. Im vergangenen Jahr war das BIP in der schwersten Rezession seit Gründung der Bundesrepublik um knapp fünf Prozent geschrumpft.

Dynamik lässt nach

Einzelhandel floriert wieder.

Einzelhandel floriert wieder.

(Foto: REUTERS)

Das zuletzt beinahe schwindelerregende Tempo der Erholung dürfte aber demnächst nachlassen. "Hierfür spricht, dass die Weltwirtschaft in der zweiten Jahreshälfte voraussichtlich auf einen moderateren Expansionspfad einschwenkt", schrieben die Bundesbanker. Das kräftige Export-Plus, das stark zur Frühjahrsbelebung beigetragen hatte, werde in den kommenden Monaten nicht mehr so deutlich ausfallen. "Demgegenüber dürfte aber die gewerbliche Investitionstätigkeit eine größere Eigendynamik entfalten" - nicht zuletzt dank neuer Zuversicht in den Firmen. Diese dürften wohl auch keine Schwierigkeiten haben, von den Banken genug Geld für neue Maschinen und Anlagen zu bekommen. "Weder Umfragen unter Banken noch bei Unternehmen geben Hinweise auf eine bestehende oder drohende Kreditklemme in Deutschland." Dank der Wende am Arbeitsmarkt könne auch der Konsum - zuletzt meist die Achillesferse der deutschen Wirtschaft - einen Beitrag zum Aufschwung leisten.

Defizitgrenze 2012 erreichbar

Angesichts der konjunkturellen Aufholjagd dürfte nach Meinung der Bundesbank auch der Staatshaushalt in nächster Zeit besser aussehen als bislang erwartet. Die Notenbanker rechnen in diesem Jahr mit einer Defizitquote von "merklich unter fünf Prozent" und im kommenden Jahr von vier Prozent. Im Vergleich zu dem für 2009 zu Buche stehenden Defizit von 3,1 Prozent ist das jedoch immer noch ein deutlicher Anstieg. Deutschland dürfte es also noch mindestens zwei Jahre lang nicht gelingen, die Regeln des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten.

2012 könne die Bundesrepublik aber die Defizitgrenze von drei Prozent des BIP wieder unterschreiten, meint die Bundesbank  - wenn nichts dazwischenkommt und die Politik ihren Sparkurs hält.

Kein Spielraum für Steuergeschenke

Spielraum beispielsweise für jüngst erneut von FDP-Chef Guido Westerwelle ins Gespräch gebrachte Steuersenkungen habe die Regierung trotz der Konjunkturerholung keinen. "Es gilt jetzt, den Kardinalfehler früherer Jahre zu vermeiden, eine günstiger als erwartete Entwicklung zu einer Aufweichung der finanzpolitischen Ausrichtung zu nutzen", mahnt die Bundesbank. Stattdessen müsse die Regierung die durch teure Bankenrettungen, milliardenschwere Konjunkturpakete sowie Kreditzusagen und Hilfen für europäische Schuldenstaaten stark angegriffenen Staatsfinanzen zügig sanieren: "Es wäre geboten, bei einem positiveren gesamtwirtschaftlichen Ausblick die Defizitziele früher zu erreichen."

Den Defizit-Wert für das erste Halbjahr wird das Statistische Bundesamt in der kommenden Woche veröffentlichen.

Quelle: ntv.de, DJ/rts

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