Wirtschaft

Rückenwind für Euro-Skeptiker Slowaken raten zur Umschuldung

Unmittelbare Auswirkungen: Die Augen des Finanzmarkts folgen der europäischen Debatte mit nervösen Blicken.

Unmittelbare Auswirkungen: Die Augen des Finanzmarkts folgen der europäischen Debatte mit nervösen Blicken.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mitten in die Diskussion um eine Ausweitung des europäischen Rettungsschirms platzt der slowakische Finanzminister Miklos mit einem brisanten Vorschlag. Die Hilfen für Athen bezeichnet er als "fatalen Fehler". Die Griechen sollten ihre Probleme besser ganz anders lösen. Die Bundesregierung verfolgt ganz andere Ansätze.

Im Auge des Sturms: Portugals Regierungschef Jose Socrates (rechts).

Im Auge des Sturms: Portugals Regierungschef Jose Socrates (rechts).

(Foto: dpa)

Griechenland sollte nach Einschätzung des slowakischen Finanzministers Ivan Miklos seine Haushaltsprobleme mit einer Umschuldung bewältigen. "Ich denke, die Finanzhilfen für Griechenland waren von Beginn an ein fataler Fehler", sagte Miklos. Auch die Gründung des Rettungsschirms sei falsch gewesen. "Ich glaube, dass eine Umschuldung die bessere Lösung für Griechenland wäre."

Griechenland hat wiederholt betont, keine Umschuldung vornehmen zu wollen. Das Mittelmeerland hatte im Gegenzug für massive Sparmaßnahmen von EU und IWF ein Hilfspaket über 110 Mrd. Euro erhalten. Die Slowakei - eins der ärmsten Länder der Euro-Zone - lehnte eine Beteiligung an den Hilfen ab und wurde dafür scharf kritisiert. Dies sei keine feindliche Handlung gegen Griechenland gewesen, betonte Miklos. Die Slowakei sei einfach der Meinung, dass eine Wirtschaft sich besser mit einer Umschuldung erhole.

Offene Worte aus der Slowakei

Der Ratschlag des slowakischen Finanzministers an seinen Athener Kollegen bekommt vor dem Hintergrund der laufenden Debatte um eine Ausweitung des EU-Rettungsschirms besondere Brisanz. EU-Kommissionspräsident hatte zuletzt eine vorsorgliche Aufstockung der Hilfsmittel gefordert, um die Märkte angesichts der Gerüchte um Hilfsanträge aus weiteren hochverschuldeten Euroländern zu beruhigen.

Steht Euro-Hilfen für Schuldenstaaten sehr skeptisch gegenüber: Ivan Miklos, Finanzminister der Slowakei.

Steht Euro-Hilfen für Schuldenstaaten sehr skeptisch gegenüber: Ivan Miklos, Finanzminister der Slowakei.

(Foto: www.ivanmiklos.sk)

"Wir glauben, dass die Ausleihkapazität verstärkt und der Aktionsradius erweitert werden müssen", hatte Barroso vergangene Woche seine Haltung erläutert. "Die Märkte müssen wissen, die Stabilität des Euro steht nicht zur Disposition." Die Vergrößerung des Hilfsfonds sei "eine reine Vorsichtsmaßnahme". Damit werde nicht gesagt, dass der Rettungsschirm "demnächst für das Land A oder B" eingesetzt werden solle.

Die Regierung in Portugal wiederholt seit Wochen ihren Standpunkt, dass es keinen Anlass für finanzielle Unterstützung gebe. Als weitere Wackelkandidaten werden an den Finanzmärkten so unterschiedliche Staaten wie Spanien, Belgien oder auch Italien gehandelt. 

Kein Streit mit der Union: Guido Westerwelle.

Kein Streit mit der Union: Guido Westerwelle.

Vor diesem Hintergrund gewinnt auch die Rettungsschirm-Diskussion in der deutschen Politik an Schärfe. Das Bundesfinanzministerium wies am Wochenende einen Bericht zurück, dass es innerhalb der Bundesregierung Streit über die künftige Gestaltung des Euro-Hilfsfonds gebe.

"Es besteht die gemeinsame klare Position innerhalb der Bundesregierung, dass das Gesamtvolumen des Rettungsschirms nicht vergrößert wird", betonte eine Sprecherin des Ministeriums. "Innerhalb des bestehenden Rahmens soll aber die Mechanik des Schirms verbessert und wirksamer gestaltet werden."

Kein Streit zwischen Schäuble und FDP?

Anlass für das Dementi aus dem Finanzministerium war offenbar unter anderem ein Bericht der "Welt", in dem von einem Streit zwischen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle die Rede war. Gegenstand der Meinungsverschiedenheit soll die Aufstockung des Schirms gewesen sein. Schäuble wolle diesen vergrößern, Westerwelle mache dabei aber bislang nicht mit, hieß es.

"Meine Aufgabe ist es, das Wohl Europas zu verteidigen": Jose Manuel Barroso.

"Meine Aufgabe ist es, das Wohl Europas zu verteidigen": Jose Manuel Barroso.

Zu Beginn der neuen Woche kommen die Finanzminister des Euro-Raums in Brüssel zusammen, für den 4. Februar ist der nächste EU-Gipfel geplant. Bisher hat nur Irland Mittel aus dem Fonds beantragt, für Griechenland gibt es ein separates Rettungspaket.

Die Bundesregierung lotet Wege aus, um den 750-Milliarden-Notfonds schlagkräftiger zu machen. Diskutiert wird, die tatsächliche Kreditvergabe des im Frühjahr 2010 aufgelegten Rettungsfonds EFSF zu stärken. Der EFSF begibt Anleihen, für die die Euro-Länder bürgen. Das aufgenommene Geld wird dann an Krisenländer verliehen.

Großer Topf, wenig Einsatzmasse

Der Fonds selbst kommt auf ein Volumen von bis zu 440 Mrd. Euro. Den Rest stellen die EU selbst sowie der Internationale Währungsfonds. Auch kann er bei der Mittelbeschaffung auf beste Noten ("AAA"-Rating) setzen, um sich günstig Geld zu beschaffen. Ratingagenturen verlangen dafür aber zusätzliche Absicherungen, was das Ausleihvolumen des Fonds in der Praxis schmälert. Unterm Strich verringert sich die Schlagkraft dadurch von 440 Mrd. Euro auf eine tatsächliche Kreditvergabekapazität von etwa 250 bis 260 Mrd. Euro. Schäuble sprach kürzlich von nur 220 Mrd. Euro. Der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte er nun: "Dieses Problem müssen und werden wir noch lösen."

Zusammen mit der EU-Kommission sprechen sich auch Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) darüber hinaus für eine flexible Aufstockung der Kapitalspritzen für Krisenländer aus. Bislang liegen zur Unterstützung bedrängter Euro-Staaten Hilfsmittel in Höhe von insgesamt 750 Mrd. Euro bereit. Kritiker wiesen darauf hin, dass der Schirm in seiner bisherigen Größenordnung lediglich für kleinere Länder wie Irland oder Portugal ausreichend Schutz biete.

Erst im Parlament nachfragen

Die FDP-Fraktion warnte Schäuble, beim Euro-Schirm Fakten zu schaffen, ohne den Bundestag und den Koalitionspartner einzubeziehen. "Der Rettungsschirm darf nicht zu einem Einstieg in eine Transferunion werden", sagte der Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses Volker Wissing (FDP). "Wenn es zu einer Ausweitung der Haftungsrisiken kommt, darf die Bundesregierung auf europäischer Ebene keine Fakten schaffen, ohne dass vorab die Bundestagsfraktionen damit befasst worden sind."

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet machte sich in der "Bild"-Zeitung erneut für eine schnelle Ausweitung des Fonds stark: "Die Regierungen brauchen einen wirkungsvollen Mechanismus, der hilfreich ist zur Sicherung von Finanzstabilität." Zuvor hatte er gefordert, den Rettungsschirm "quantitativ und qualitativ zu verbessern".

Auch EU-Kommissionspräsident Barroso verteidigte seinen Vorstoß für eine Ausweitung des Rettungsschirms. "Meine Aufgabe ist es, das Wohl Europas zu verteidigen", sagte er dem "Spiegel". Mit Blick auf Kritik aus der Bundesregierung an seinem Vorstoß ergänzte er: "Ich erwarte, dass die führenden deutschen Politiker die Rolle der Kommission akzeptieren."

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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