Wirtschaft

Bank of Japan gefragt Wie lange steigt der Yen?

Der Yen gewinnt angesichts der dramatischen Ereignisse in Japan zunehmend an Stärke. Devisenexperten zufolge wird die Rekordjagd zunächst anhalten. Sobald die Kapitalrückflüsse nach Japan jedoch abgeschlossen sind, dürfte dieser Höhenflug beendet sein.

Ein Devisenhändler in Japan, der sich vor Erdbebentrümmern schützt.

Ein Devisenhändler in Japan, der sich vor Erdbebentrümmern schützt.

(Foto: REUTERS)

Nach Erdbeben, Tsunami und Reaktorunfällen stehen viele Japaner vor dem Nichts. Etliche müssen ihr Geld zusammenkratzen, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Privatleute, Unternehmen und Banken verkaufen, was sie im Ausland angelegt haben und geben dadurch der heimischen Währung einen ordentlichen Schub.

Experten können sich vorstellen, dass diese Kapitalrückflüsse den Yen in den nächsten Tagen und Wochen sogar auf neue Rekordhochs steigen lassen. Von langer Dauer wird diese Bewegung jedoch nicht sein. "Vor allem die expansive Geldpolitik der Bank of Japan und die hohen Staatsschulden werden den Yen langfristig schwächen", prognostiziert etwa Devisenanalyst Lutz Karpowitz von der Commerzbank. Verschiebungen in der Leistungsbilanz wegen der Investitionen für den Wiederaufbau und ein absehbar steigender Inflationsdruck dürften ihr übriges tun.

Schon nach dem schweren Erdbeben in Kobe Anfang 1995 war der Yen gestiegen und hatte in der Folge sogar sein Rekordhoch erreicht: Für einen Dollar mussten seinerzeit nur noch 79,70 Yen bezahlt werden. Diese Marke ist wieder in Reichweite. Seit am Freitag eine riesige Fläche im Nordosten Japans erst durchgeschüttelt und dann überschwemmt wurde und seit die Welt den atomaren Gau fürchtet, hat der Yen rund zweieinhalb Prozent an Wert gewonnen. Für einen Dollar werden aktuell noch etwas mehr als 80 Yen gezahlt.

Bank of Japan kann eingreifen

Bei der mittel- bis langfristig erwarteten Abwertung des Yen spielt die Bank of Japan eine zentrale Rolle. Analysten gehen davon aus, dass diese einem weiteren Anstieg der heimischen Währung nicht tatenlos zusehen, sondern intervenieren wird. "Wenn der Yen dramatisch stärker wird, hätten wir eine doppelte Belastung für die Wirtschaft - die hohen Kosten für den Wiederaufbau und schwieriger werdende Exporte", sagt Devisenhändler Giovanni Totario von der LBBW. Deshalb werde die Zentralbank wohl versuchen, den Dollar über 80 Yen zu halten.

Für die Bank of Japan allein könnte dieses Vorhaben allerdings eine Nummer zu groß werden. Deshalb gehen viele Analysten inzwischen davon aus, dass im Zweifel auch andere Zentralbanken helfend eingreifen werden. Die letzte offiziell bestätigte gemeinsame Devisenmarkt-Intervention von Zentralbanken war im Herbst 2000, als der Euro unter 0,85 Dollar gefallen war.

Die Geldpolitik der japanischen Zentralbank wird wohl wegen des schweren Unglücks auf lange Zeit expansiv bleiben; eine Zinswende ist in weite Ferne gerückt. Und so könnten für Investoren auch Carry Trades wieder interessant werden, merkt unter anderen Volkswirt Thomas Amend von HSBC Trinkaus an. Bei diesen als riskant geltenden Geschäften werden Kredite in niedrig verzinsten Währungen wie dem Yen aufgenommen und in renditeträchtigere Anlagen wie zum Beispiel den australischen Dollar investiert. Der Leitzins in Australien liegt aktuell bei 4,75 Prozent. Carry Trades hatten den Yen schon 2007 belastet und die Kurse zum Dollar teilweise über 120 Yen getrieben.

Hohe Staatsschulden

Neben der Geldpolitik stimmt auch das hohe Staatsdefizit Yen-Investoren skeptischer. Nippons Schulden sind jetzt schon fast doppelt so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt, und die Kosten für den Wiederaufbau nach der Katastrophe könnten sie nach Analystenschätzungen auf das Dreifache steigen lassen. Ein großer Vorteil Japans ist, dass die Staatsanleihen zu rund 90 Prozent in den Depots heimischer Investoren liegen.

"Sicher kann man sagen: Der Japaner hat Geduld und wird seinem Staat wohl auch noch mehr Geld leihen", sagt Karpowitz von der Commerzbank. "Aber wenn klar werden sollte, dass der Staat nicht zahlen kann, dann wird auch der Japaner die Geduld verlieren." Die Helaba geht davon aus, dass Japan sich gezwungen sehen könnte, künftig zumindest einen Teil seiner Staatsverschuldung im Ausland zu finanzieren. Die Bonität des Landes der aufgehenden Sonne könnte darunter leiden. "Noch muss für japanische Anleihen keine Risikoprämie gezahlt werden wie zum Beispiel bei europäischen Schuldnern wie Griechenland", sagt Rentenstratege Kornelius Purps von der UniCredit. "Aber wenn die Schulden weiter steigen, wird das kommen. Und das schwächt auch den Yen."

Quelle: ntv.de, rts

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