Schwimmer vor Olympia-Nullnummer Auch Gold-Hoffnung Koch erlebt Fiasko

Enttäuschung pur bei Marco Koch ...

Enttäuschung pur bei Marco Koch ...

(Foto: picture alliance / dpa)

In London gehen die deutschen Schwimmer leer aus. Das gleiche Desaster droht nun auch bei den Olympischen Spielen in Rio. Auch Medaillenhoffnung Marco Koch enttäuscht. Die Kritik am Schwimm-Verband wird immer lauter.

Vier Bahnen trennten Marco Koch von einer Olympiamedaille. Vier Bahnen, drei Wenden und für Gold ein Weltrekord, wie der amtierende Weltmeister und Mitfavorit vor dem Olympia-Finale über 200 Meter Brust prophezeit hatte. Doch Rio de Janeiro 2016 wurde nicht zum Ort, an dem sich Koch, 26 Jahre alt, geboren in Darmstadt, unsterblich machte wie vor zwei Jahren die deutschen Fußball-Weltmeister. Rio wurde zum Ort, an dem für Koch aus vier Bahnen vier Jahre wurden.

Kein Gold, kein Silber, kein Bronze, dafür Ratlosigkeit über ein seltsam weiches Rennen und Trauer. Mehr blieb Koch nicht von den Spielen in Rio, als er sich gegen 22.06 Uhr aus dem Becken hievte und aus der Halle trottete. Vom Weltrekord war die letzte große Hoffnung auf olympisches Edelmetall für die deutschen Beckenschwimmer mit seiner Zeit von 2:08,00 Minuten Rekordwelten entfernt geblieben, von der Bronzemedaille immerhin 0,30 Sekunden.

Die ging an den Russen Anton Schubkow (2:07,70), Silber gewann der Amerikaner Josh Prenot (2:07,53). Und Gold ging nicht nach Darmstadt, sondern nach Kasachstan an Dimitri Balandin der in 2:07,46 Minuten fast eine halbe Sekunde über dem Weltrekord lag. "Es ist natürlich ein langsames Rennen. Bisschen komisch, aber so ist es", sagte Koch, eine Erklärung hatte er dafür nicht.

"Joar, jetzt schaukel ich mir die Eier ..."

Auch nicht dafür, warum es für ihn trotzdem nur zu Rang sieben gereicht hatte. Am Leistungswillen lag es nicht, betonte Koch: "Es kommt keiner her zu den Olympischen Spielen und denkt: Joar, jetzt schaukel ich mir die Eier und gebe nicht mein Bestes. Bei mir war es auch nicht so. Ich konnte heute einfach nicht mehr und muss damit leben." Das einzige was ihn traurig mache, sei, "das ich dieses Jahr schon drei Mal schneller gewesen bin".

Damit und vor allem mit dem WM-Titel 2015 in Kasan hatte Koch vor den Spielen die Hoffnungen geschürt, nicht nur die erste olympische Einzelmedaille für die DSV-Herren seit Stev Theloke 2000 in Sydney zu gewinnen. Es sollte sogar das erste Gold seit Walther Bathe werden, dem 1912 in Stockholm der bislang einzige deutsche Olympiasieg im Brustschwimmen geglückt war. Nicht ganz so lange liegt das letzte deutsche Herrengold im Schwimmen zurück, 1988 gewann Michael Groß. Doch zu den 28 Jahren werden nach Kochs Einbruch im Olympiabecken wohl noch mindestens vier weitere dazukommen.

Immer weiter geht in Rio die Goldjagd von US-Superstar Katie Ledecky. Die 19-Jährige gewann mit der 4 x 200 Meter Freistilstaffel bereits ihren vierten Titel bei den Olympischen Spielen. Über 200 Meter Schmetterling der Frauen ging der Sieg an die Spanierin Mireia Belmonte. Eine Überraschung gab es über 100 Meter Freistil der Herren mit dem Sieg des 18-jährigen Australiers Kyle Chalmers. Er düpierte die Konkurrenz so wie zuvor der Kasache Balandin über 200 Meter Brust die Favoriten um Marco Koch.

Van Almsick: "Wir müssen etwas tun"

Den Deutschen Schwimm-Verband (DSV) trifft Kochs finaler Einbruch schwer. Nach dem medaillenlosen Karriereende von Paul Biedermann und dem tränenreichen Halbfinal-Aus von Franziska Hentke enttäuschte mit Koch auch die dritte große Medaillenhoffnung in Rio die Erwartungen. Wie 2012 in London droht der DSV ohne Medaille der Beckenschwimmer nach Hause zu fahren, Olympia bleibt für das deutsche Schwimmen ein Flirt mit dem Desaster.

Ex-Schwimmstar Franziska van Almsick forderte deshalb noch am Abend "einen massiven Kurswechsel" ein. "Wir müssen etwas tun, nicht nur im Deutschen Schwimm-Verband", sagte sie als ARD-Expertin: "Das muss man jetzt nicht vertiefen, aber so geht es nicht weiter."

Die Frage, ob im deutschen Schwimmteam angesichts der Enttäuschungen von Rio bereits die große Depression ausgebrochen sei, verneinte Koch. Die Stimmung sei "genauso gut wie bevor wir angereist sind", sagte er: "Keiner wird sich jetzt gehen lassen, nur weil man nicht seine Leistung gebracht hat." Jetzt heiße es, den übrigen deutschen Schwimmern die Daumen zu drücken.

Die sorgten auch für positive Schlagzeilen. Während Rückenschwimmer Jan-Philip Glania als Neunter über 200 Meter knapp am Endlauf vorbeischrammte, schafften Philip Heintz über 200 Meter Lagen und Christian Diener über 200 Meter Rücken jeweils als Halbfinal-Achte den Sprung in die Finalläufe am Donnerstag. Dort tritt Heintz unter anderem gegen US-Superstar Michael Phelps an. Und zumindest auf dem Papier wird es für den DSV dann erneut heißen: nur vier Bahnen bis zu einer Olympiamedaille.

Quelle: ntv.de

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