Für Babys ungeeignet Trinkwasser in Tokio belastet
23.03.2011, 10:02 Uhr
Nur für Babys bedenklich. Vorerst?
(Foto: dpa)
Seit Tagen mehren sich Berichte aus Japan über radioaktiv belastetes Blattgemüse, Milch und Trinkwasser. Nun ist auch das Trinkwasser in Tokio nicht mehr "sauber". Behörden warnen, Kleinstkinder sollten das Leitungswasser nicht trinken.
Nun ist auch Trinkwasser in Tokio deutlich radioaktiv belastet. Fast zwei Wochen nach der teilweisen Zerstörung des Atomkraftwerks in Fukushima ordneten die Behörden deshalb an, dass Babys in der japanischen Hauptstadt kein Leitungswasser mehr trinken sollen. Die Regierung warnte zugleich vor Panikkäufen von abgefülltem Wasser.
In einer Wasseraufbereitungsanlage in Tokio seien erhöhte Werte an radioaktivem Jod 131 festgestellt worden, sagte ein Sprecher der Hauptstadtpräfektur Tokio. Der Wert habe 210 Becquerel pro Liter betragen. Der Grenzwert des japanischen Gesundheitsministeriums liegt für Babys bei 100 Becquerel pro Kilogramm - das entspricht einem Liter Wasser. Für Erwachsene und ältere Kinder beträgt der Grenzwert in Japan 300 Becquerel pro Kilo. Regierungssprecher Yukio Edano betonte, dass die Grenzwerte sehr streng seien. In Deutschland dürfen Milch und Säuglingsnahrung mit mehr als 370 Becquerel pro Liter nicht mehr in den Handel.
Vorsichtsmaßnahme
Kinder unter einem Jahr sollen nun in allen 23 zentralen Bezirken in Tokio und in mehreren westlich gelegenen Städten kein Leitungswasser oder damit zubereitetes Milchpulver trinken. Die Stadtverwaltung will für sie abgefültes Wasser bereitstellen. Der Gouverneur der Hauptstadtpräfektur Tokio, Shintaro Ishihara, rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Es bestehe keine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit. Die Warnung sei eine Vorsichtsmaßnahme, da sich das radioaktive Jod über die Zeit in der Schilddrüse konzentrieren könne.
Schon im Trinkwasser in fünf Orten der Präfektur Fukushima war ein für Babys zu hoher Wert an radioaktivem Jod gemessen worden. Auch in Tokio war nach dem Atomunfall schon einmal erhöhte Radioaktivität im Wasser registriert worden - jedoch gab es damals keine Warnung der Behörden. Und es war auch nicht klar, woher die Strahlung damals stammte. Das beschädigte Atomkraftwerk Fukushima steht mehr als 200 Kilometer nordöstlich der Millionenstadt Tokio.
Regierungssprecher Edano sagte, dass die radioaktiven Substanzen von Fukushima durch Wind und Regen weitertransportiert würden. Er rief die Menschen auf, nicht mehr Trinkwasser in Flaschen zu kaufen als nötig. In den Katastrophengebieten im Nordosten des Landes sei nach dem Beben Trinkwasser immer noch knapp.
Lieferstopp für Gemüse
Die Regierung riet den Menschen, keinen Spinat oder Kohl aus Fukushima zu essen. Für immer mehr Gemüse aus der Gegend um das Krisen-Kraftwerk gilt ein Lieferstopp. Das Gesundheitsministerium veröffentlichte dazu eine Liste mit elf Gemüsearten, bei denen eine teils drastisch erhöhte Radioaktivität festgestellt wurde. Darunter sind Spinat, Broccoli, Kohl und das japanische Blattgemüse Komatsuna. Edano sagte, der Verzehr dieses Gemüses gefährde zwar nicht die Gesundheit. "Wir sehen aber, dass die Werte hochgehen und müssen damit rechnen, dass sie ein schädliches Niveau erreichen."
Die USA verschärften die Einfuhrbestimmungen für Gemüse und Milch aus Japan. Die US-Lebensmittelbehörde FDA sprach eine Importwarnung für Milchprodukte sowie frisches Gemüse und Obst aus den Präfekturen Fukushima, Ibaraki, Tochigi und Gunma aus.
Auch Deutschland verstärkte die Vorsichtsmaßnahmen. Vor allem bei Fisch und Fischerzeugnissen solle die Strahlenbelastung überprüft werden, teilte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner mit.
Quelle: ntv.de, dpa