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Mercedes-Designchef Wagener gehtDer Mann, der die Welt durch Autos schöner machen wollte

20.12.2025, 14:33 Uhr Patrick-portraetfotoVon Patrick Broich
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Der Mercedes CLA gehört zu den letzten Volumenmodellen, dessen Design Gorden Wagener verantwortet hat. Die Baureihe kommt bei den Kunden gut an. (Foto: Hersteller/Mercedes)

Mit Gorden Wagener verlässt nach Jahrzehnten ein streitbarer Designchef das Unternehmen. Er war aber auch jemand, der Mercedes-Benz über einen langen Zeitraum geprägt hat. Musste er mit gemeinsam mit der "Luxusstrategie" gehen?

Gorden Wagener hat so einen schön international klingenden Namen – er passt perfekt zu seiner Kalifornien-Liebe, wo der Designer beruflich viel Zeit verbracht hat. Dabei kam Wagener 1968 im beschaulichen Essen zur Welt. Zu einer Zeit, als noch eine ganz andere Designer-Ikone bei Mercedes am Werk war, nämlich Bruno Sacco. Die beiden verbinden übrigens ihre Kontinuität und Langlebigkeit bei Mercedes.

Sacco, seit 1975 Leiter der "Stilistik" und bis 1999 Chef der Bereichsleitung Design, hat Mercedes eine prägende Formsprache gegeben. Ein Mercedes, das sind die Autos mit den geriffelten Rückleuchten oder den typischen Planken im unteren Bereich ("Sacco-Bretter") – unverkennbar, aber auch gesetzt und konservativ. Als 1999 Peter Pfeifer neuer Design-Chef wurde, hatte Wagener bereits die Leitung des Exterieur-Designs inne. Rund neun Jahre später stieg er dann mit 39 Jahren auf zum jüngsten Designchef der Marke auf.

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Historischer Kühlergrill neu interpretiert und vor allem mit dem begehrten Haubenstern. Wie die Studie Iconic Vision 2025 muss ein luxuriöser Mercedes der Zukunft aussehen. (Foto: Hersteller/Mercedes)

Zu den ersten Ikonen des damals jungen Exterieur-Designchefs zählt ganz sicher der Mercedes SLR McLaren, während die Konzeptstudie Vision Iconic 2025 als Abschiedsgeschenk an Mercedes betrachtet werden darf. Und diese macht sichtbar, woran sich die Geister scheiden. Wagener war es nämlich, der die ikonische Kühlerfigur teils zur Option gemacht, teils sogar abgeschafft hat. Spätestens seit Ende des Zweiten Weltkriegs, als Mercedes allmählich zum Massenhersteller avancierte, war der prägnante Stern auf der Haube ein gut sichtbares Alleinstellungsmerkmal für sämtliche Limousinen.

Lediglich die großen Coupés sowie die Roadster bekamen früher den inzwischen zur Gewohnheit gewordenen Zentralstern - das änderte sich vor allem in den 2010er-Jahren massiv. Wagener führte den Zentralstern bei der E-Klasse (Limousine) ein, die Kühlerfigur wurde zur Option. Und bei der aktuellen C-Klasse der Baureihe 206 killte er die Kühlerfigur gleich ganz – bloß für den chinesischen Markt ist der Stern auf der Haube weiterhin verfügbar.

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Das Sehnsuchts-Supercar Mercedes SLR McLaren war die erste Ikone von Gorden Wagener. (Foto: Hersteller/Mercedes)

Andererseits: Wagener hat die Marke Mercedes zu einem jungen und stylischen Label gemacht und mit der Modernisierung sicherlich neue Zielgruppen gewonnen. Vor allem mit den spielerischen LED-Lichteffekten dürften Kunden aufstrebender Märkte im asiatischen Raum sehr glücklich sein. Auch wenn der Designchef hier und da in den Marketing-Sprech verfiel ("sinnliche Klarheit"), konnten sich seine Produkte sehen lassen. Sie machen vor allem mit ihren großen, glatten Flächen auf sich aufmerksam, strahlen gleichzeitig Modernität und Solidität aus.

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Nach 28 Jahren bei Mercedes ist Gorden Wagener selbst zur (Designer-)Ikone geworden. Nun aber ist Schluss. (Foto: Hersteller/Mercedes)

Ob es ihm indes gelang, "die Welt durch Autos zu einem schönen Ort zu machen", wie er einst dem Lifestylemagazin GQ sagte, kann man ruhig mit einem Schmunzeln beantworten. Und Wagener war durchaus auch streitbar, nahm kein Blatt vor den Mund. So spottete der Stardesigner über die Interieur-Gestaltung des Audi Concept C ("sieht aus wie 1995") und kritisierte die neue Infotainment-Generation "Panoramic iDrive" des Münchener Wettbewerbers BMW. Dabei waren auch seine Kreationen keineswegs allesamt Volltreffer. Man denke an die rein elektrisch angetriebenen Baureihen EQE oder EQS – durchaus solide Autos, aber in ihrer Erscheinung doch eher blass.

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Während Wagener mit vielen Baureihen Erfolge feierte, gehört der EQS zu den blassen und wenig gefragten Kreationen. (Foto: Hersteller/Mercedes)

Und was passiert nun? Ende Januar 2026 wird Gorden Wagener das Stuttgarter Unternehmen verlassen – wohl als Folge eines breiter angelegten Wechsels in der Führungsetage. Vielleicht sogar auch des Strategiewandels? Nachfolger wird der bisher bei AMG tätige Kreativkopf Bastian Baudy. Damit geht eine rund drei Jahrzehnte währende Ära zu Ende. Doch Baudy, der in Pforzheim Transportation Design studierte, hat durchaus auch schon automobile Traumikonen gezeichnet; das AMG Vision Concept Gran Turismo stammt aus seiner Feder – der bekennende Auto-Enthusiast kann es also ebenso.

Ob die Mercedes-C-Klasse auch in Europa ihren Stern zurück auf die Haube bekommt, muss man abwarten. Weniger modern werden die künftigen Kreationen aus Schwaben sicherlich nicht. Generell bleibt spannend, welche Richtung der Konzern aus Stuttgart einschlagen wird.

Quelle: ntv.de

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