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Ganz weit vorn Mercedes EQE - sportlich stromernde E-Klasse

Wer die Hoffnung hegt, dass es den Mercedes EQE auch irgendwann als Kombi geben wird, der muss enttäuscht werden. Es bleibt bei der Limousine.

Wer die Hoffnung hegt, dass es den Mercedes EQE auch irgendwann als Kombi geben wird, der muss enttäuscht werden. Es bleibt bei der Limousine.

(Foto: Dieter Rebmann)

Mit dem EQS hat Mercedes, was luxuriöse E-Autos betrifft, ordentlich vorgelegt und deutlich gemacht, dass es über kurz oder lang nur eine Richtung gibt: die in die E-Mobilität. Jetzt legen die Stuttgarter mit dem EQE nach und präsentieren eine sehr dynamische und reichweitenstarke elektrische E-Klasse.

So richtig mag man es noch nicht glauben, dass sich die Elektromobilität eines nahen oder fernen Tages durchsetzen wird. Hauptgrund für diesen Zweifel ist gar nicht so sehr das Ladenetz, sondern vielmehr das Fehlen potenter Ladestationen, die die Standzeiten deutlich verringern. Doch Stück für Stück, fast unmerklich, schließen sich die Lücken. Und so kann sich auch Mercedes hinstellen und mit Blick auf das zweite Fahrzeug, das auf einer Architektur ausschließlich für Elektrofahrzeuge aufsetzt, sagen, dass das der Schritt von "Electric first" zu "Electric only" ist.

Ein schnittiges Leuchtband und Rücklichter mit Helix-Optik prägen das Heck des Mercedes EQE.

Ein schnittiges Leuchtband und Rücklichter mit Helix-Optik prägen das Heck des Mercedes EQE.

(Foto: Dieter Rebmann)

Die Rede ist vom EQE, dem kleinen Bruder des EQS und der, wenn man so will, rein elektrischen E-Klasse. Damit ist die Latte dann auch gleich auf Maß gebracht und klar, dass der mit 4,95 Meter Länge nicht wirklich kleine EQE auch eine gehörige Portion EQS abbekommen hat. In den Gesamtabmessungen ist der EQE dann auch mit dem CLS vergleichbar und seine Innenabmessungen übertreffen die E-Klasse deutlich.

Hyperscreen auch für den EQE

Das wohl eindrucksvollste Feature des großen Bruders, das Einzug in den EQE fand, ist mit Sicherheit der Hyperscreen, der die gesamte Instrumententafel überspannt. Drei hochauflösende Bildschirme gehen hier anscheinend nahtlos ineinander über und bieten dem Beifahrer einen nur für ihn bestimmtes 12,3 Zoll großes OLED-Display, auf dem er im Internet surfen, Videos oder Fernsehen schauen kann. Allerdings dürfte dieses Highlight auch mit einer entsprechenden zusätzlichen finanziellen Aufwendung verbunden sein.

Der Hyperscreen ist für den Mercedes EQE eine Option. Ob man ihn braucht, muss jeder selbst entscheiden.

Der Hyperscreen ist für den Mercedes EQE eine Option. Ob man ihn braucht, muss jeder selbst entscheiden.

(Foto: Dieter Rebmann)

Aber ganz ehrlich, wer darauf verzichtet, muss keine Angst haben, dass er mit dem Serienbildschirm, der sich über der Mittelkonsole aufbaut, einen zu kleinen Bildschirm bekäme. Und natürlich ist auch das Zentraldisplay mit den relevanten Fahrdaten ein hochauflösendes Vollfarbdisplay. Wer hier also mit dem etwas spitzeren Stift rechnen muss, der kann getrost auch die Standardausstattung wählen, denn im ersten Test konnten zwischen den beiden Ausstattungslinien keine Unterschiede bei Verarbeitung und den verwendeten Materialien festgestellt werden.

Bis zu 654 Kilometer Reichweite

Unterschiede gibt es aber bei der Motorisierung. Mercedes wird vorerst mit zwei Antrieben für den EQE an den Start gehen. Da ist der 350+ mit einem Akku, dessen nutzbarer Energiegehalt bei etwa 90 kWh liegt. Die Reichweite nach WLTP geben die Stuttgarter mit üppigen 654 Kilometern an. Ob diese Strecke wirklich am Stück zurückgelegt werden kann und welche Geschwindigkeiten gefahren werden dürfen, kann nach dem ersten Ausritt nicht gesagt werden.

Egal, ob Mercedes EQE 350+ oder 500, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 210 km/h begrenzt.

Egal, ob Mercedes EQE 350+ oder 500, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 210 km/h begrenzt.

(Foto: Dieter Rebmann)

Was aber durchaus eingeschätzt werden kann, ist, dass die Ingenieure unglaublich viel Hirnschmalz in das Fahrverhalten und den Komfort investiert haben. Und das ist auch gut so, denn der EQE 350+ ist mit 215 kW und einem maximalen Drehmoment von 565 Newtonmeter, die vom E-Motor direkt an die Hinterachse gereicht werden, kein Kind von Traurigkeit. In schlanken 6,4 Sekunden katapultiert sich die E-Limousine auf Landstraßentempo und wird bis zu 210 km/h schnell. Klar, dass, wer so energisch vorwärtsstrebt, die oben genannte Reichweite nicht schaffen wird. Aber für das eigene Ego kann man auf einem freien Stück der Autobahn dann auch die Kinnlade eines Audi-A6-Fahrers runterklappen sehen.

Entkoppelt von der Welt

Nun gut, befreien wir uns von Eitelkeiten, denn ja, der Audi ist am Ende immer noch schneller. Egal, dafür gleiten die Insassen des EQE entkoppelt von allen Geräuschen über den Asphalt. Tatsächlich hat Mercedes selbst bei den elektrischen Antriebssträngen (eATS) die Magnete innerhalb der Rotoren so angeordnet, dass Schwingungen optimiert werden. Außerdem sind die Antriebsstränge mit einer speziellen Schaummatte rundum gekapselt und über sogenannte Elastomerlager doppelt von der Karosserie entkoppelt. Kurz, es ist auf Wunsch auch während der Fahrt im EQE mucksmäuschenstill. Was das Unbill der Straße betrifft, sorgt auf Wunsch ein Luftfeder-Fahrwerk mit kontinuierlicher Verstelldämpfung für entsprechenden Komfort.

Mit der Hinterachslenkung für den Mercedes EQE verringert sich der Wendekreis um knapp zwei Meter.

Mit der Hinterachslenkung für den Mercedes EQE verringert sich der Wendekreis um knapp zwei Meter.

(Foto: Dieter Rebmann)

Ebenfalls eine Beigabe aus der Optionsliste ist die Hinterachslenkung, wie man sie schon von der S-Klasse und natürlich dem EQS kennt. Gerade in der Stadt eine ganz nützliche Investition, denn der Wendekreis des fast fünf Meter langen EQE verringert sich von 12,5 auf 10,7 Meter. Aber auch in schnell gefahrenen Kurven sorgt die Hinterrachslenkung für entsprechende Spurtreue. Apropos sportliches Fahren: Ja, der 350+ kann durchaus sportlich bewegt werden. Das Fahrwerk sorgt dafür, dass die Masse der Batterie zwischen den Achsen nicht zum Risiko wird und die Fuhre unversehens aus der Kurve treibt. Die Lenkung ist, wie man es von den Verbrennern aus Stuttgart kennt, straff und direkt, aber nicht bösartig spitz. Und wer will, kann über die Fahrprogramme selbstredend im Modus Sport für ein knackiges Ansprechverhalten sorgen.

EQE 500 lässt den AMG erahnen

Das erlebt der Fahrer eines EQE 500 natürlich noch in potenzierter Form, denn hier schiebt neben dem Heckmotor auch noch ein Treibsatz an der Vorderachse an. Insgesamt stehen hier 300 kW und ein maximales Drehmoment von 858 Newtonmeter zur Verfügung, um die über zwei Tonnen in knapp fünf Sekunden problemlos anzuschieben. Die Endgeschwindigkeit ist aber wie beim Bruder auf 210 km/h begrenzt, was dem Schutz des Akkus geschuldet ist und natürlich auch dem Umstand, dass mit dem AMG EQE 43 und 53 noch Platz für zwei potente Elektrosportler aus Affalterbach sein muss. Natürlich zieht der 500er mit Allradantrieb noch mal anders durch die Kurven und schiebt mit seinem Drehmoment entsprechend an - ob man das braucht, ist eine ganz persönliche Entscheidung.

Zwei Reisende haben im Fond des Mercedes EQE komfortabel Platz.

Zwei Reisende haben im Fond des Mercedes EQE komfortabel Platz.

(Foto: Dieter Rebmann)

Erstaunlicherweise schlug sich die höhere Leistungsausbeute des 500 im Vergleich zum 350+ nicht wirklich im Verbrauch nieder. Beide Fahrzeuge absolvierten die Testrunde mit 22,0 beziehungsweise knapp 23,0 kWh. Angegeben sind sie nach WLTP mit maximal 22,5 respektive 18,7 kWh. Hilfreich beim Verbrauch und der Reichweitenverlängerung ist ein ausgeklügeltes Thermomanagement der Batterie und eine nicht minder pfiffige Energierückgewinnung durch Rekuperation und das One-Pedal-Drive. Wer den ECO als Fahrassistent aktiviert hat, kann hier tatsächlich das Auto fahren lassen. Das geschieht so, dass möglichst rekuperativ verzögert wird und auf vorausfahrende Fahrzeuge an der Ampel bis zum Stillstand abgebremst wird.

Pfiffiges Lade-Feature

Nun reicht die beste Rekuperation aber nicht aus, den Akku zum Dauerläufer zu machen. Irgendwann muss auch der EQE an die Ladestation. Am besten an einen Schnelllader, denn der Stromer kann mit bis zu 170 kW wieder in Fahrbereitschaft versetzt werden. Hier dauert es lediglich 32 Minuten, bis wieder die volle Kraft zur Verfügung steht. Mit 11 kW sind es knapp achteinhalb Stunden. Wer mit 22 kW lädt, benötigt die Hälfte der Zeit, und schrammt an einer öffentlichen Ladestation haarscharf an den nicht unerheblichen Blockiergebühren vorbei. Um das Stromtanken transparenter zu gestalten, hat sich Mercedes ab Juni 2022 ein neues Tarifsystem einfallen lassen. Über "Mercedes me Charge" wird es künftig drei neue Ladetarife geben, die auf die individuellen Fahrleistungen abgestimmt sind und auch für Menschen in einer Mietwohnung ohne eigenen Ladeanschluss ein E-Auto attraktiver machen.

Die Ladetarife, die Mercedes ab Juni nicht nur für den EQE anbietet, sind eine Überlegung wert.

Die Ladetarife, die Mercedes ab Juni nicht nur für den EQE anbietet, sind eine Überlegung wert.

(Foto: Dieter Rebmann)

Unterschieden wird in einen S-Tarif für Normallader. Hier fallen keine monatlichen Zusatzgebühren an. Im Tarif M werden zu den Ladekosten 4,95 Euro fällig und Vielfahrer im L-Tarif zahlen 17,95 Euro zusätzlich. Entsprechend den monatlichen Tarifen rechnen sich aber die Kosten für die Kilowattstunde entsprechend runter. Ob die Rechnung am Ende für den Einzelnen aufgeht, kann er nach einem Probemonat selbst entscheiden und entsprechend zwischen den Tarifen wechseln oder sich auch bei einem anderen Anbieter verdingen. Im Tarif L entfallen übrigens in der Zeit zwischen 21 und 8 Uhr die Blockiergebühren, was ein nächtliches Loslösen des Wagens von der öffentlichen Stromleitung obsolet macht.

Insgesamt sind im Portfolio von Mercedes in Europa 300.000 Ladesäulen enthalten, die für diese Art der Ladung infrage kämen. Und noch was: Über die entsprechende App kann sich der Fahrer eines EQE dann auch seine Ladesäulen nach ganz eigenen Vorgaben zusammenstellen lassen. Wobei hier sowohl die Ladekapazität als auch der Umstand, ob die Station gerade frei ist, bedacht werden. Irgendwie rückt die Elektromobilität am Ende dann wohl doch immer näher. Ist wohl so ein Ding wie mit dem Internet, das sollte sich ja auch nie durchsetzen.

Quelle: ntv.de

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