
Der Nissan Navara NP300 ist einer für alle Wege und dabei nicht nur ein schnöder Pick-up.
(Foto: Holger Preiss)
Wer mal ordentlich was wegschaffen muss, der hat weder mit einem SUV noch mit einem Kombi das richtige Mobil. Besser ist da schon ein Pick-up. Auch hierzulande erfreut sich diese Gattung immer größerer Beliebtheit. Wie der Nissan Navara NP300. n-tv.de hat ihn getestet.

Wuchtig und ein wenig elegant kommt der Nissan Navara auch auf der Baustelle hinterher.
(Foto: Holger Preiss)
Eben hat Mercedes mit der X-Klasse seinen Einstieg in die Klasse der Pick-ups vorgestellt. Edel soll der neue Benz werden und nicht nur als Arbeitstier Eindruck schinden. Die Grundlage für den Stuttgarter Schönling kommt aber von einem Spezialisten auf dem Gebiet der Light Trucks: Nissan. Die Japaner sind weltweit die Nummer zwei unter den Herstellern mittelgroßer Pick-ups mit einer Tonne Zuladung und blicken auf mehr als 80 Jahre Erfahrung in Produktion und Verkauf dieser Fahrzeuge zurück. Ein Grund mehr für n-tv.de, den Nissan Navara NP300 zum Test zu bitten. Denn nicht nur, dass Mercedes sich als erster Premiumhersteller auf dieses Segment eingelassen hat, die Fahrzeuggattung findet auch hierzulande immer mehr Fans.
Was die Faszination eines Pick-ups ausmacht, ist schnell benannt und lässt sich am Beispiel des Nissan Navara NP300 ganz famos beschreiben. Mit einer lichten Höhe von mindestens 1,80 Meter thront der Fahrer über dem Verkehr, überragt sogar Größen wie BMW X5, Mercedes GLE oder Audi Q6. Das Gefühl, King of the Road zu sein, ist in diesem Fall also noch erhebender als in einem SUV. Und wer auf deutschen Straßen mit einem solchen Kaventsmann angerauscht kommt, der muss keine Bedenken haben, dass der Gegenverkehr nicht ausweicht. Nun soll das hier keine Anleitung für Verkehrsrowdys sein, aber Fakt ist, dass man mit einem 1,85 Meter breiten und 5,30 Meter langen Fahrzeug kein Schmalhans ist.
Stadtverkehr? Kein Problem

Bis zu 1,1 Tonnen kann der Navara aufladen. Wenn die Ladefläche nicht genutzt wird, macht sich die Abdeckung bezahlt.
(Foto: Holger Preiss)
Nun möchte der geneigte Leser mutmaßen, dass sich diese Maße gerade im Stadtverkehr zu einem fürchterlichen Problem auswachsen. Erstaunlicherweise konnte während des Tests festgestellt werden, dass es nicht an dem ist. Natürlich muss man sich an die ausladenden Abmessungen eines Navara gewöhnen, aber das Handling stellt sich doch mit etwas Übung einfacher dar als gedacht. Zumal Nissan für seinen Light Truck auch eine Rückfahrkamera anbietet. In der Serie befindet sie sich im Rückspiegel, in der erweiterten Ausstattung des Testwagens war die Projektionsfläche der 7 Zoll große Farbtouchscreen in der Mittelkonsole.
Hier gab es sogar eine 360-Grad-Ansicht. Das ist super, findet aber seine Grenzen in der mäßigen Bildauflösung und darin, dass es keine Sensoren gibt, die akustisch vor etwaigen Hindernissen warnen. Zudem zeigt die Kamera nur den hinteren Bereich. Schön wäre auch eine Ansicht für die Front oder eben warnende Sensoren, denn wie schon erwähnt baut der Navara recht hoch. Im Paket mit dem Navigationssystem, Smartphone-Integration und sechs Lautsprechern kostet die Einheit zusätzlich 1430 Euro, ist aber trotz der erwähnten Einschränkungen eine Empfehlung wert. Auch wenn die Smartphone-Integration nicht mal Apple CarPlay oder Android Auto bedient.
Leichtfüßig mit schmalem Volant
Was beim Rangieren mit dem Navara auffällt, ist eine angenehme Leichtfüßigkeit und ein viel zu schmales Lenkrad. Im Verhältnis zum Fahrzeug hat es selbst für kleine Hände einen nur ungenügenden Griffkontakt. Ansonsten bietet der NP300 in der Ausstattungslinie N-Connecta eine solide, aber ganz bestimmt keine aufregende Innenraumgestaltung. Hier spürt man immer noch den klaren Anspruch, einen Praktiker anbieten zu wollen. Das heißt zum einen, dass "schnöde" Hartplastik den Innenraum dominiert, die zwar durch Versilberungen etwas aufgepeppt werden soll, aber das bleibt eben ein Versuch. Hat aber einen anderen unschätzbaren Vorteil: diese spartanische Art schlägt sich natürlich im Preis nieder. Aber dazu später.
Werfen wir noch einen Blick auf die Polster und das Platzangebot der Passagiere im Double Cab, das wie ein Pkw fünf Personen einen Sitzplatz bietet. Die sogenannten Komfortsitze machen ihrem Namen alle Ehre, sind tatsächlich auch über lange Strecken bequem und bieten auch in Kurven passablen Halt. Doch während der Fahrersitz in der Höhe verstellbar ist, müssen hoch aufgeschossene Beifahrer mit einer gewissen Einschränkung bei der Kopffreiheit rechnen, weil denen diese Option vorenthalten wurde. In der zweiten Reihe kann es ebenfalls eng werden. Immer dann, wenn die Sitze in der ersten Reihe ob der Körpergröße weit zurückgefahren werden müssen. Hinzu kommt, dass der Anstellwinkel nicht für alle Menschen bequem sein dürfte. Kinder hingegen haben im Fond des Pick-up keine Probleme.
Kraftvoller Lader
Auch bei der Zuladung gibt es kaum Probleme. Die Ladefläche ist mit 1,13 Meter nicht besonders üppig. Das ist aber das Maß zwischen den Radkästen. Hat man die bei der Beladung überwunden, kann man locker 1,50 Meter breite Teile auf die Ladefläche schieben. In der Länge sind es bei offener Ladeklappe 2,00 Meter, die es zu bestücken gilt. Insgesamt kann der Navara 1,1 Tonnen auf den Buckel und 3,5 Tonnen an den Haken nehmen. Das reicht in der Regel für alle dienstlichen und privaten Transportaufgaben aus. Wichtig wird natürlich für Ladefreunde, die richtige Motorisierung zu wählen.
Nissan bietet für den Navara zwei Dieselmotoren von Renault an, die ihre Kraft von 163 PS respektive 190 PS aus 2,3 Litern Hubraum schöpfen. Das sind übrigens die identischen Aggregate, die Mercedes für seine X-Klasse anbieten wird, bis ein Sechszylinder-Diesel das Portfolio nach oben erweitert. Doch wie dem auch sei, für den NP300 empfiehlt sich ganz klar der durchzugsstärkere 190-PS-Diesel mit wuchtigen 450 Newtonmetern maximalem Drehmoment. Im Test wurde die Kraft über ein manuelles Schaltgetriebe verteilt, das über recht lange Wege zu führen war, aber über die Stufen ganz passabel einrastete.
Da geht hinten was weg

Der Innenraum des Navara ist eher schlicht gehalten. Hartplastik dominiert hier.
(Foto: Holger Preiss)
Im Normalfall werden die Hinterräder für den Vortrieb angesprochen, was sich fahrtechnisch gut macht, aber seine Tücken bei nasser Fahrbahn in Kombination mit Kopfsteinpflaster hat. Hier kann der mit einem üppigen Radstand von 3,15 Meter bedachte NP300 schnell und ungewollt ins Schwänzeln geraten. An richtiger Stelle ein Spaßfaktor ohnegleichen, in engen Straßen mit parkenden Autos am Rand eher unangenehm. Dabei ist dieses tückische Verhalten durch die in der Neuauflage des Navara angebotene Mehrlenker-Hinterradaufhängung schon deutlich reduziert worden. Dank seines manuell zuschaltbaren Allradantriebs zeigt sich der Navara aber an anderer Stelle von seiner besten Seite: im Gelände. Hier greift im Ernstfall dann auch das elektronische Differential mit begrenztem Schlupf ein. Allerdings berechnet Nissan die Sperre mit zusätzlichen 620 Euro. Dafür kann der Fahrer dann aber mit dem Japaner wirklich über Stock und Stein gehen.
Auch die Verbrauchswerte sind für das über zwei Tonnen wiegende Trumm mit 8,7 Litern im Testdurchschnitt absolut akzeptabel. Weniger gut ist hingegen die Standhaftigkeit der Bremsen. Hier gibt es bei Nissan nur an den Vorderrädern Scheibenbremsen, was gemessen am Eigengewicht und einem zulässigen Gesamtgewicht von über drei Tonnen in einigen Situationen recht sportlich werde kann. Denn der Light Truck ist im Datenblatt mit einer Höchstgeschwindigkeit von 184 km/h angegeben, bewegte sich im Test auf freier Strecke - ohne Zuladung - aber locker an die 200er-Marke heran. Hier verspricht die Mercedes X-Klasse mehr, die soll nämlich erstmals in diesem Segment mit Scheibenbremsen an allen vier Rädern vorfahren.
Der Preis macht den Unterschied
Allerdings dürften sich die Fahrzeuge der beiden Hersteller preislich deutlich voneinander unterscheiden, aber auch in der Ausstattung. Nissan bietet den Navara NP300 als Double Cab mit dem 163 PS starken Diesel bereits ab 31.110 Euro an. Mercedes will für die Einstiegsvariante mit der gleichen Motorisierung bereits 37.294 Euro haben. Allerdings dürften die Stuttgarter auch bei Material und Ausstattung etwas mehr bieten. Wer sich aber mit der einfachen und damit keinesfalls schlechten Variante des Japaners anfreunden kann, der sollte bei der Ausstattung etwas höher greifen.
In der N-Connecta-Linie sind beispielsweise solche Kleinigkeiten wie ABS, ESP und elektronischer Bremskraftverstärker und ein Notbremsassistent enthalten. Zudem gibt es ein Start-Stopp-System und einen Startknopf, einen automatisch abblendenden Innenspiegel, Fahrlichtautomatik und eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik. Optisch wertet die Ausstattungslinie den Navara mit 18-Zoll-Rädern, seitlichen Trittbrettern und verchromten Trittstufen auf. Für die N-Connecta-Ausstattung werden in Summe 38.115 Euro fällig. Assistenzsystem wie Spurhaltewarner oder gar Assistenten, Stauassistent, Verkehrszeichenerkennung oder WLAN sind hier nicht verfügbar.
Fazit: Wer ein Arbeitstier sucht, das sich auch für Freizeit und Urlaub eignet, abseits eingefahrener Wege zu nutzen ist und wer sich finanziell nicht völlig nackig machen will, der sollte unbedingt einen Blick auf den Nissan Navara NP300 werfen. Wer es moderner, stylisher und Premium haben will, sollte die höchste Ausstattungslinie der Japaner mit dem Namen Tekna in Betracht ziehen oder auf die Mercedes X-Klasse warten. Andernfalls ist der Navara ein scheinbar unverwüstlicher Kumpel. Die wegen Durchrostung brechenden Leiterrahmen sind jedenfalls seit einigen Jahren Geschichte.
DATENBLATT | Nissan Navara NP300 |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 5,30 m/ 1,85 m/ 1,81 m |
Radstand | 3,15 m |
Leergewicht (DIN) | 2073 kg |
Sitzplätze | 5 |
Zuladung | 1100 kg |
Ladebreite zw. Radhäusern | 113 cm |
Zulässiges Gesamtgewicht | 3035 kg |
Emissionsklasse | EU 6 |
Motor/Hubraum | Viertakt-Turbodiesel-Direkteinspritzer mit 2299 ccm Hubraum |
Getriebe | Sechsgang-Handschalter |
Leistung | 190 PS (140 kW) bei 3750 U/min |
Kraftstoffart | Diesel |
Räder und Reifen | 255/60 R18 |
Höchstgeschwindigkeit | 184 km/h |
max. Drehmoment | 450 Nm bei 1500 - 25800 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | k. A. |
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert) | 6,1/ 6,8/ 6,3 |
Testverbrauch | 8,7 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 167 g/km |
Grundpreis | 38.115,00 Euro |
Preis des Testwagens | 42.505,00 Euro |
Quelle: ntv.de