Konsequenz aus Finanzkrise Banken werden zu Reformern
22.10.2007, 08:26 UhrDie Finanzbranche versucht der weltweiten Krise an den Kreditmärkten mit einem umfassenden Reformpaket Herr zu werden. Beim Treffen des Internationalen Finanzinstituts (IIF) in Washington forderten führende Banker unter anderem mehr Transparenz und einen anderen Umgang mit Risiken und deren Bewertung, um ähnlich massive Verwerfungen künftig zu verhindern. Zwar wurden die Top-Manager nicht müde zu betonen, die Krise sei beherrschbar. Dennoch wird sie die Branche wohl noch weit bis ins nächste Jahr hinein beschäftigen.
"Wir übernehmen die Verantwortung", sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann beim Treffen des IIF, der weltweiten Vereinigung von Banken, Versicherern und anderen Finanzdienstleistern. Die Analyse der Risiken sei weitgehend abgeschlossen, jetzt gehe es vor allem darum, die Lehren daraus zügig umzusetzen. "Wir stehen unter Druck, und wir haben ernste Spannungen im bestimmten Segmenten des Kreditmarkts", machte Ackermann klar, der auch Vorsitzender des IIF ist.
Im Zentrum der vom IIF geforderten Verhaltensregeln stehen bessere Risikomanagement- und Ratingsysteme sowie die Erarbeitung von Regeln zur Bewertung der Risiken in der Bilanz. Diese bereiten den Banken zur Zeit besondere Probleme, da bestimmte Teile des Marktes nicht richtig funktionieren und althergebrachte Bewertungsansätze deshalb nicht angewendet werden können. Darüber hinaus ist nach Meinung der Banker eine zügige Einführung der neuen Eigenkapitalregeln ("Basel II") nötig. "Es wäre verheerend, wenn wir eine weitere Verzögerung bekommen", betonte Ackermann. Nach den neuen Regeln müssen risikobehaftete Kredite mit mehr Eigenkapital hinterlegt werden als weniger riskante Darlehen. Während Europa die Vorschriften bereits Anfang dieses Jahres eingeführt hat, soll dies in den USA bis mindestens 2008 dauern. Die konkreten Reform-Vorschläge will das IIF bis Frühjahr 2008 erarbeiten. "Am Ende werden wir ein besseres System haben", zeigte sich Ackermann überzeugt.
Keine Entwarnung
Nach Ansicht der führenden Banker ist die durch Probleme im US-Markt für zweitklassige Hypothekendarlehen ("Subprime") ausgelöste Finanzkrise beherrschbar. "Wir können mit der derzeitigen Liquiditätskrise gut umgehen", sagte der Chef der französischen Großbank BNP Paribas, Baudouin Prot. Ackermann fügte hinzu, er habe keinen Zweifel, dass die Finanzbranche die Turbulenzen bewältigen werde. "Das Finanzsystem ist heute stärker denn je".
Allerdings wurde auf der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank, in deren Rahmen das IIF-Treffen stattfand, auch deutlich, dass es für eine Entwarnung noch zu früh ist. Frühestens nach Vorliegen der Jahresabschlüsse im Frühjahr 2008, wenn die endgültige Bewertung der Risiken klar ist, dürfte es eine erste Entspannung geben, sind sich Top-Banker sicher. Selbst Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte bei der Herbsttagung wiederholt erklärt, noch keine Entwarnung geben zu können. Allerdings habe er keine Indizien dafür, dass es in Deutschland zur Zeit neben der Mittelstandsbank IKB und der SachsenLB weitere Problemfälle gebe.
Superfonds fraglich
Mit Blick auf die aktuellen Diskussionen um den Kreditkrisenfonds der amerikanischen Banken signalisierte das IIF grundsätzliche Unterstützung. "Wir begrüßen privatwirtschaftlich organisierte Initiativen, um das System zu stützen", sagte IIF-Geschäftsführer Charles Dallara. Allerdings sei die Umsetzung sehr schwierig und es sei noch zu früh, um ein abschließendes Urteil darüber abzugeben. Der Fonds, der vom US-Finanzministerium initiiert wurde, soll verhindern, dass die im Zuge der globalen Kreditkrise in die Kritik geratenen Zweckgesellschaften mit maroden Hypothekendarlehen zu Dumping-Preisen abstoßen werden müssen. Die US-Banken Citigroup, Bank of America und JP Morgan Chase wollen den Fonds aufbauen, weitere Institute können sich anschließen.
Finanzexperten stellten den Fonds bei der IWF-Herbsttagung allerdings in Frage. Besonders scharfe Kritik kam von Alan Greenspan, dem früheren Chef der US-Notenbank. Der Fonds werde womöglich mehr schaden als nützen, monierte er.
Quelle: ntv.de, Patricia Nann, Reuters