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Dampf durch Finanzkrise Landesbanken unter Fusionsdruck

Die seit einem Jahr tobende Finanzkrise erhöht nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers Thomas Hartmann- Wendels den Fusionsdruck im deutschen Bankensektor. "Vor allem bei den Landesbanken werden wir eine stärkere Konsolidierung erleben. Die wäre vielleicht auch so gekommen, aber jetzt ist der Druck größer", sagte der Kölner Professor für Bankbetriebslehre. Dadurch, dass auch öffentliche Kassen angezapft wurden, könne die Politik das Thema nicht weiter unter der Decke halten und mauern. "Wie genau die Konsolidierung aussieht, weiß keiner, aber der Kapitalbedarf ist da, der Druck wird größer." Es sei auch möglich, dass die Bereitschaft steige, die öffentlich- rechtlichen Banken "in private Hände zu geben".

Die Krise habe in der Bankenbranche auch Raum für notwendige Veränderungen geschaffen. "Es ist zynisch zu sagen, die Krise hat etwas Gutes gebracht." Aber dadurch, dass eine Krise zuerst die schwächsten Glieder treffe, passiere dann auch mal etwas an den Stellen, "wo schon längst etwas hätte passieren müssen". Eine reinigende Wirkung auf breiter Front bescheinigt der Experte der Krise aber nicht.

Skeptisch sieht Hartmann-Wendels die Regeln, die sich die Branche selbst auferlegt hat und die vom weltweiten Bankenverband IIF Mitte des Monats in einen Kodex gefasst wurden. Die Institute wollen unter anderem ein eigenes Gremium zur Marktbeobachtung einsetzen, die Transparenz bei komplizierten Finanzprodukten erhöhen und die Risikobereitschaft der Manager zügeln. "Wenn ich sehe, mit welcher Energie die Banken in der Krise externe Regulierungsvorschriften ausgehebelt haben, dann frage ich mich, warum freiwillige Vereinbarungen dann in Zukunft besser helfen sollen", sagt der Wirtschaftswissenschaftler dazu. Der Großteil der Institute werde sich daran halten, es werde aber wieder die fünf oder zehn Prozent geben, die "Unsinn machen und sich auch an freiwillige Regeln nicht halten".

Der Ruf nach einem stärkeren Risikomanagement bei den Banken sei berechtigt, hier sei aber vor allem Qualität gefragt, nicht Quantität. "Das Problem ist, dass das Risikomanagement in einen Formalismus abgleitet, in eine Checklisten-Mentalität." Die Banken seien nur darauf bedacht, die Aufsicht zufriedenzustellen und eine Forderung nach der anderen abzuhaken. "Doch trotz aller Modelle, die es gibt und die auch nützlich sind, sollten sich die Manager den Blick dafür bewahren, dass man auch ein bisschen gesunden Menschenverstand braucht. Risikomanagement muss gelebt werden." Dafür brauche es in erster Linie qualifizierte Manager.

Nach Ansicht des Kölner Professors ist die Krise, die vor rund einem Jahr am US-Markt für schlecht besicherte Immobilienhypotheken ausbrach und seitdem ihre Kreise zieht, noch nicht überstanden. "Ich glaube, dass wir das ganze Jahr noch mit großen Problemen rechnen müssen." In den nächsten Wochen und Monaten würden die Kreditausfallraten wegen der Kredite mit Zinsanpassungen voraussichtlich noch einmal drastisch ansteigen. "Ich würde mich nicht wundern, wenn in den nächsten Monaten noch weitere Banken in massive Schwierigkeiten geraten."

Quelle: ntv.de, Kathrin Schulte-Bunert, dpa-AFX

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