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Vorsorge ist besser Rezept gegen Kreditklemme

Angesichts der stockenden Kreditvergabe an Unternehmen hatten Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) einen großen Paukenschlag angekündigt, um die Banken endlich dazu zu bringen, großzügiger Geld zu vergeben. Tatsächlich springt die Bundesregierung Firmen jetzt mit Milliardenhilfen bei, mit "nie dagewesenen Maßnahmen", wie von Finanzminister Peer Steinbrück Anfang Juli angekündigt, hat das allerdings nicht viel zu tun. Die Instrumente bleiben die alten. Vom Ankauf von Unternehmensanleihen ist auch keine Rede mehr.

Insgesamt sollen nicht mehr - aber auch nicht weniger - als 17 Mrd. Euro für Großkredite sowie Warenkreditversicherungen an Banken vergeben werden, die das Geld dann ihrerseits an Firmen für förderwürdige Zwecke weiterreichen sollen. Darunter fallen vor allem Infrastruktur- oder Mittelstandskredite. Akribische Bonitätsprüfungen wird es nicht geben. Die als "Globaldarlehen" bezeichneten Großkredite sollen von der Staatsbank KfW vergeben werden. Allein für die Darlehen sollen rund zehn Mrd. Euro aus dem Deutschlandfonds zur Verfügung gestellt werden. Das beschlossen die zuständigen Ministerien in ihrem gemeinsamen "Lenkungsausschuss Unternehmensfinanzierung". Der Fonds, der mit mehr als hundert Mrd. Euro ausgestattet ist, war eingerichtet worden, um notleidenden Firmen in der Wirtschaftskrise zu helfen.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) warnte nach einem Spitzengespräch mit Vertretern von Wirtschaft und Banken, die bereits in einigen Branchen sichtbare Kreditverknappung könnte ohne diese Maßnahme im nächsten Aufschwung zu Problemen führen. Die Kammerorganisation DIHK sieht vor allem die Mittelstands-Finanzierung in Gefahr.

Bei einem Spitzentreffen heute will Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit Vertretern von Banken- und Wirtschaftsverbänden über ihre Pläne sprechen. Auch im Lenkungsausschuss des Deutschlandfonds wird heute über das Instrument der neuen staatlichen Großkredite zumindest schon einmal gesprochen.

B ürgschaften für Ausfallrisiken

Der Staat will künftig auch für einen Teil des Ausfallrisikos von Warenkreditversicherungen bürgen. Mit solchen Versicherungen schützen sich Firmen gegen das Risiko unbezahlter Rechnungen ab. Für Unternehmen ist es schwieriger geworden solche Versicherungen zu bekommen, weil die Versicherer hohe Ausfälle fürchten. Für diese Maßnahme sollen weitere 7,5 Mrd. Euro aus dem Deutschlandfonds fließen.

Als dritte Maßnahme sieht das Bundeswirtschaftsministerium Entlastungen für die Exportwirtschaft vor. Dafür wird die KfW künftig Hermes-besicherte Exportkredite aufkaufen. Die Geschäftsbanken sollen verpflichtet werden, neue Exportkredite in Höhe der übernommenen Kreditsumme zu vergeben. Wie viel Geld für diese Maßnahme zur Verfügung stehen soll, blieb zunächst unklar. Das Geld soll laut Wirtschaftsministerium nicht aus dem Deutschlandfonds stammen.

Steinbrück hatte bereits ähnliche Maßnahmen angekündigt. Wie er bereits betont hat, sollen die zur Verfügung gestellten Milliarden nicht direkt fließen. Außerdem sollen die Darlehen zurückgezahlt werden. Wobei es auch ein Ausfallrisiko gebe. Dieses schätze die Bundesregierung nach bisheriger Erfahrung aber als "gering" ein.

"Ein gangbarer Weg"

In einer gemeinsamen Erklärung von Politik, Wirtschaft und Kreditgewerbe verpflichteten sich die Banken, die Kreditversorgung auch in den kommenden Monaten sicherzustellen. Ob aus den jetzigen Kreditproblemen wirklich eine Kreditklemme wird, darüber sind die Experten allerdings uneins.

Das Wirtschaftsministerium selbst rechnet ab Oktober mit größeren Schwierigkeiten für Unternehmen, an Kredite zu kommen. Nach der Vorlage ihrer Bilanzen könne die Kreditwürdigkeit von Unternehmen heruntergestuft werden. Die Banken könnten dann dazu gezwungen sein, ihre nun riskanteren Kredite mit mehr Eigenkapital zu unterlegen. Sollte dies nicht gelingen, drohe die befürchtete und lange herbei geredete Kreditklemme.

Sparkassenpräsident Heinrich Haasis unterstützt die Pläne der Bundesregierung. "Das ist ein gangbarer Weg." "Globaldarlehen helfen vor allem Banken, die Probleme haben, eigene Mittel für das Kreditgeschäft zu beschaffen." Die Sparkassen verfügten allerdings über genügend Liquidität und Eigenkapital. Trotzdem könnten die Instrumente der Regierung auch für die Sparkassen interessant sein, so Haasis.

Das Dilemma der Banken besteht darin, dass vielen ihrer Kunden wegen des konjunkturellen Abschwungs eine Herabstufung der Bonität droht. Was die Banken dazu zwingt mehr Eigenkapital zurückzulegen, um ihre eigenen Kreditausfall-Risiken abzusichern. Gleichzeitig dringt die Regierung aber darauf, dass die Institute großzügig Darlehen vergeben, um den Abschwung nicht zu verschärfen. Eine zeitlich befristete Lockerung der Eigenkapitalvorschriften soll hier für etwas Entspannung sorgen.

Ein größerer Wurf der Regierung zugunsten der nach Kredit dürstenden Unternehmen war wohl nicht zu erwarten. Allein der Aufkauf von Unternehmensanleihen, wie von Steinbrück zunächst angedacht, wäre problematisch gewesen, weil er nur wenigen Konzernen genützt hätte. Kleine oder mittlere Unternehmen geben in der Regel keine Anleihen aus. Zu früh gebrüllt, Herr Steinbrück und Herr Guttenberg. Jetzt bleibt abzuwarten, wie die Banken aus ihrem Kredit-Dilemma finden und ob tatsächlich mehr Geld an Firmen fließt. In Sachen Kreditklemme bleibt es also spannend.

Quelle: ntv.de, ddi/AFP/rts

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