Im Schweinezyklus Vorsicht bei Schiffsfonds
27.11.2008, 13:04 UhrWer mit Schiffen Geld verdient, der hat mit der Landwirtschaft in der Regel wenig zu tun. Das rächt sich jetzt. Denn dort ist "Schweinezyklus" kein Fremdwort, in der Schifffahrtsbranche offenbar schon. Der Begriff bezeichnet zyklische Schwankungen von Angebot und Preis. Zunächst wurde das auf den Schweinemarkt bezogen, doch gibt es derartige Erscheinungen auch auf anderen Märkten. Einfach ausgedrückt: Sind die Preise für Schweine hoch, dann steigern die Landwirte die Aufzucht. Das steigende Angebot ist allerdings erst mit einer Zeitverzögerung auf dem Markt zu spüren. Das führt dazu, dass es zu einem Überangebot und damit zu fallenden Preisen kommt.
Womit wir wieder bei der Schifffahrtsbranche wären. Jahrelang war die Schifffahrt eine Goldgrube, über die Weltmeere wurden immer mehr Waren transportiert. Das führte dazu, dass immer mehr und immer größere Schiffe in Auftrag gegeben wurden. Daran verdienten nicht nur Reeder jede Menge Geld, auch Schiffsfonds waren häufig ein Hort der Freude. Anleger bekamen traumhafte Renditen. Doch diese Zeiten sind vorbei.
Emissionshäuser locken
Die Menge der zu transportierenden Waren wächst seit einiger Zeit nicht mehr in dem Maße, wie die Transportkapazität wächst - diese hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Die Branche steckt in einem Schweinezyklus. Und es kommt noch schlimmer. Blickt man in die Auftragsbücher der Werften, dann wachsen die gegenwärtigen Flotten in nächster Zeit je nach Sektor zwischen 25 und 50 Prozent. Die Wirtschaftskrise verschärft den hausgemachten Abschwung noch.
Das wissen natürlich auch Emissionshäuser, die Anleger bewegen wollen, ihr Geld dennoch in Schiffsfonds zu stecken. Einige versuchen derzeit, mit nicht gerade aktuellen Marktbeschreibungen Eigenkapital einzuwerben um ihre abgegebenen Platzierungsgarantien zu erfüllen. Experten warnen, bei vielen Charterern sei derzeit kein Verlass darauf, dass sie die Verträge auch einhalten. Das sei kein böser Wille, sie könnten die vereinbarten Raten schlichtweg nicht bezahlen. Vor diesem Hintergrund werden derzeit weltweit Charterraten neu verhandelt.
Freier Fall
Wie es um die Branche bestellt ist, zeigt der Blick auf die Indizes, die die Fracht- oder Charterraten abbilden. Sie befinden sich im freien Fall. Die Reeder müssen dringend die Fracht-Kapazitäten reduzieren. Sie legen darum Schiffe zeitweise still und versuchen händeringend, viele Aufträge zu stornieren. Experten gehen davon aus, dass weltweit zwischen 30 und 50 Prozent der gegenwärtigen Aufträge rückgängig gemacht werden könnten.
Doch selbst wenn Aufträge storniert werden, ist das Problem nicht gelöst. Denn für Werften kann es sich lohnen, das Schiff trotzdem zu bauen. Sie könnten darauf setzen, dass Schiff später an einen anderen zu verkaufen. Werden Aufträge rückgängig gemacht, heißt das also noch lange nicht, dass damit auch Kapazität vom Markt verschwindet. Die Consulting-Firma First International geht davon aus, dass trotz der Krise künftig ausreichend Schiffe gebaut werden, um die weltweite Flotte alle neun Jahre komplett auszutauschen. Das ist angesichts der Wirtschaftskrise ein beunruhigender Gedanke. Vielleicht sollten Anleger besser auf den Agrarsektor schauen.
Quelle: ntv.de