Der Tag NS-Zeit: Kekshersteller Bahlsen beschäftigte mehr Zwangsarbeiter als bekannt
21.08.2024, 07:16 Uhr
Bei Bahlsen war jahrzehntelang von einem einvernehmlichen Miteinander in schweren Zeiten die Rede.
(Foto: picture alliance/dpa)
Keks-Erbin Verena Bahlsen hatte vor fünf Jahren mit einer Aussage über die Geschichte des Unternehmens Bahlsen für große Empörung gesorgt: 2019 behauptete sie, dass der Gebäckhersteller aus Hannover Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter während der NS-Zeit "gut behandelt" hätte. Mit diesen Worten zog die Erbin viel Kritik auf sich und plötzlich stand Bahlsen nicht mehr nur für Leibniz-Keks und Pick-up-Riegel. Wie sehr das Unternehmen von den Nazis profitiert hat, das ließ die Familie nun von zwei Historikern prüfen. Herausgekommen ist ein 600 Seiten dickes Buch mit dem Titel "Die Geschichte des Hauses Bahlsen". Das Unternehmen unterstützte das Naziregime und mehr als 800 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter - die meisten aus Polen und der Ukraine - mussten zwischen 1940 und 1945 bei Bahlsen schuften. "Viele Details aus der Unternehmensgeschichte waren uns nicht bekannt und die Wahrheit ist, dass wir auch nicht nachgefragt haben", teilte die Familie mit.
Allzu "gut behandelt" wurden die Menschen wohl nicht: Die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter erhielten geringere Löhne, kleinere Lebensmittelrationen und eine schlechtere medizinische Versorgung. Der Studie zufolge waren sie in Baracken untergebracht und vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Sozialer Kontakt zu Deutschen war ihnen verboten. Polnischen Männern, denen sexuelle Kontakte zu deutschen Frauen nachgewiesen wurden, drohte die Hinrichtung. Die Wahrheit über die damaligen Ereignisse sei unbequem und schmerzhaft, teilte die Familie weiter mit. "Wir bedauern das Unrecht, das diesen Menschen bei Bahlsen geschehen ist, zutiefst. Auch bedauern wir, dass wir uns dieser schwierigen Wahrheit nicht früher gestellt haben."
Quelle: ntv.de