Die Busch-Trommel Bitte keine Volksverdummung!
02.11.2009, 06:00 UhrIn den vergangenen Monaten haben die Anleger dank staatlicher Geldspritzen und den Eingriffen der Notenbanken einen unerwartet kräftigen Aufstieg erlebt. Doch plötzlich scheint die Heiterkeit verflogen. Friedhelm Busch erklärt, warum.

Kommentiert für n-tv direkt vom Parkett: Friedhelm Busch.
Die tiefen Taschen der großen Investoren im internationalen Finanzgeschäft scheinen dank der großzügigen Geldpolitik der Notenbanken in den USA und in Großbritannien immer noch überzuquellen. Dennoch dämmert wohl auch dem risikofreudigsten Anleger mittlerweile die Einsicht, dass die jüngsten Quartalsberichte vieler Unternehmen zwar vom möglichen Ende der Rezession künden, dass aber die Verbesserungen bei Gewinn und Umsatz vor allem drei Faktoren geschuldet sind: Den höheren Lagerbeständen, dem Verkauf von Unternehmensteilen in Verbindung mit einem drastischen Abbau der Beschäftigung und den staatlichen Konjunkturprogrammen. Offenbar sind die Lager inzwischen wieder gefüllt, sind die Spielräume bei Kosteneinsparungen und Verringerung der Produktionskapazitäten ausgeschöpft. Und was ist mit den staatlichen Geldspritzen in Milliardenhöhe?
Die Banken haben die großzügigen Finanzhilfen und Kredite seitens der Notenbanken und Regierungen direkt an den Finanzmärkten angelegt und so diesen unglaublichen Aufschwung an den Börsen mitverursacht. Was hätten sie auch anderes mit dem billigen Geld anstellen sollen? Welches Unternehmen braucht schon einen Kredit für Investitionen, wenn Stilllegung und Rückzug angesagt sind?
Aber immerhin haben viele Regierungen mit vollen Händen Steuergelder unters Volk gebracht, um dem Konsum auf die Beine zu helfen. Erinnert sei an die deutsche Abwrackprämie, die dann von der US-Regierung kopiert wurde, um der siechen amerikanischen Autoindustrie eine Atempause zu verschaffen. Oder an die Steuergutschriften bis zu 8000 US-Dollar, die amerikanischen Hauskäufern gewährt wurden, um den kollabierten US-Wohnungsmarkt ins Leben zurückzuholen.
Derartige Hilfspakete haben in der Tat in der Vergangenheit den Konsum stabilisiert. Sie wurden von den Politikern bereits als Durchbruch im Kampf gegen die Rezession gefeiert und von den Spielern an den Finanzmärkten mit heftigen Kurssteigerungen begrüßt.
Dämpfer oder Absturz?
Doch plötzlich ist Schluss mit lustig. Jetzt geben die Kurse auf breiter Front nach. Sollte die anschließenden Gegenbewegungen nur von kurzer Dauer sein, reden Marktbeobachter wohl bald von einem erneuten Konjunktureinbruch.
Warum dieser Sinneswandel? Weil sich die amerikanischen Verbraucher zunehmend vor dem Verlust ihrer Arbeit fürchten und deshalb sparen. Weil auch den Deutschen angesichts der steigenden Zahl der Firmenpleiten Angst und Bange wird.
Nun hat wohl auch der letzte Optimist begriffen, dass die jüngsten Konjunkturhoffnungen auf geliehenem Glück, genauer: auf Staatsschulden beruhen. Aber bei einem voraussichtlichen US-Haushaltsdefizit von 1,4 Billionen Dollar und einer für Ende 2013 prognostizierten Staatsverschuldung von 2,1 Billionen Euro in Deutschland verbieten sich weitere Konjunkturprogramme, die, wie die deutsche Abwrackprämie oder das verlängerte Kurzabeitergeld, nur auf den (Wahl-)Tag gezielt waren und auf längere Sicht wahrscheinlich mehr Schaden als Nutzen anrichten werden.
In der Hand der neuen Regierung
Eine Regierung, die nicht insgeheim auf Entschuldung durch Inflation hofft, muss jetzt gleichzeitig auf beides setzen: Auf eine Erhöhung der Einnahmen und auf Kürzung der Ausgaben. Steinbruch für Sparmaßnahmen sind seit Jahrzehnten der ausufernde deutsche Sozialstaat und das längst unbezahlbare Gesundheitswesen.
Den Bürgern, auch uns Rentnern, müssen höhere Belastungen zugemutet werden. Wer aber stattdessen die alten Ladenhüter wie Bürokratieabbau oder eine gleichmäßige Kürzung aller Subventionen, natürlich ohne Wenn und Aber, ins Schaufenster stellt, sollte wegen Beleidigung der normalen Intelligenz vor den Kadi gezerrt werden.
Wohl jeder Bundesbürger weiß zudem, dass angesichts der Haushaltslage jetzt keine spürbare Steuerentlastung mehr möglich ist, obwohl sie schon vor Jahren dringend erforderlich gewesen wäre, schon um die Leistungsbereitschaft der Bürger zu erhöhen. Doch das dafür benötigte Geld ist in den Jahren der Hochkonjunktur vergeudet worden.
Jetzt eine Selbstfinanzierung der Steuersenkungen durch daraus entstehendes Wirtschaftswachstum zu versprechen, ist nichts anderes als Volksverdummung.
Quelle: ntv.de