Die Busch-Trommel Blendende Zahlen
26.04.2010, 07:03 UhrGroßbanken präsentieren Milliardengewinne, selbst Optimisten sind überrascht. Doch viele Anleger halten sich zurück. Das hat viele Gründe - einer davon heißt Goldman Sachs.
Die aktuellen Ergebnisse der Bankenwelt überraschen selbst die größten Optimisten. Kaum ein Geldhaus von internationaler Bedeutung, das nicht mit blendenden Zahlen aufwarten kann. Doch hält sich die Begeisterung der privaten Anleger für Finanztitel in Grenzen. Mag sein, dass die drohenden Wolken über dem Markt für gewerblich genutzte Immobilien aufs Gemüt drücken, vielleicht auch die möglichen Folgen ausufernder Staatsverschuldung à la Griechenland oder die jüngsten Bremsversuche der Chinesen zur Bekämpfung einer drohende Inflation im eigenen Land.
Alles Gründe, die letztlich auf steigende Risiken im Bankengeschäft deuten. Doch aus dem Hintergrund dämmert eine viel größere, grundsätzliche Gefahr für das Bankengeschäft herauf. Und diese Gefahr trägt – vorerst zumindest – nur einen Namen: Goldman-Sachs. Diese amerikanische Investmentbank von Weltruf steht unter Betrugsverdacht und muss sich gegenüber der US-Börsenaufsicht SEC gegen Vorwurf verteidigen, eigene Kunden bei der Vermarktung eines höchst spekulativen Wertpapiers getäuscht und ihnen einen Milliardenverlust beschert zu haben. Mit der Bekanntgabe der Anklage stürzte der Kurs der Goldman-Aktie dramatisch ab, bevor er dann von Schnäppchenjägern als günstige Kaufgelegenheit genutzt wurde, denn gleichzeitig mit der Skandalmeldung konnte Goldman mit einem sensationellen Quartalsgewinn von mehr als 3 Mrd. US-Dollar aufwarten.
Mögliche Milliardenstrafen oder Schadensersatzforderungen erboster Anleger schrecken renditehungrige Großinvestoren offenbar kaum, zumal sich Goldman völlig schuldlos gibt und darauf verweist, nur nach den üblichen Usancen auf dem Markt für verbriefte Hypothekenkredite gehandelt zu haben. Man sieht sich weltweit in "bester Gesellschaft". Die Goldman-Manager haben vermutlich leider Recht, und andere renommierte Institute aus den USA oder Europa könnten sich schon bald ebenfalls unter Anklage gestellt sehen. Ob es dann auch wirklich zu Verurteilungen kommen wird, steht in den Sternen. Doch das ist den großen Investoren mit ihrem gepumpten Spielgeld heute anscheinend völlig egal. Was zählt sind die Quartalsgewinne, und wenn die überzeugen, bleiben ferne Risiken wie auch moralische Bedenken leicht auf der Strecke. Aber vielleicht ist das diesmal zu kurz gedacht!
Der Zorn wächst
Die US-Regierung scheint nämlich den Goldman-Sündenfall zu lange geplanten empfindlichen Eingriffen ins Investmentbanking nutzen zu wollen. Mit der Anklage gegen Goldman im Rücken weiß sich Obama auf einer Linie mit der empörten Bevölkerung seines Landes. Selbst aus Europa kommen ähnliche Überlegungen. Auch hierzulande wächst in der Bevölkerung der Zorn auf ein Finanzsystem, das mit undurchschaubaren Produkten auf verschlungenen Wegen dem Bankriesen Goldman-Sachs und ähnlichen Instituten schnelle Milliardengewinne beschert, während andere Geldhäuser durch eben diese Produkte Milliardenverluste erleiden, die am Ende der Steuerzahler trägt.
Durchaus möglich also, dass, völlig unabhängig vom späteren Ausgang des Verfahrens gegen Goldman, schon in den nächsten Monaten Entscheidungen in den USA und in Europa gefällt werden, die das weltweite Investmentbanking grundsätzlich verändern: Verschärfte Informationspflichten, erhöhte Eigenkapitalreserven, ein Verbot des Eigenhandels bei bestimmten Produkten, die Einführung einer Bankensteuer, Rettungsfonds aus Bankmitteln, usf. All dies könnte am Ende die Milliardengeschäfte dieser erfolgsverwöhnten Bankgiganten zerschlagen.
Und was dann? Zurück zum althergebrachten Brot- und Buttergeschäft mit den kleinen Kunden von nebenan? Dazu aber brauchen die Kreditinstitute das Vertrauen dieser Kundschaft. Doch dieses Vertrauen ist im lärmenden Milliardengeschäft der großen Finanzwelt längst untergegangen. Die normalen Kunden lassen sich – anders als die internationalen Investoren – nicht von spektakulären Gewinnen der großen Finanzwelt blenden. Im Gegenteil: Je lauter die Erfolgsfanfaren der Banken, desto größer ihr generelles Misstrauen. Wer mag sich angesichts der täglichen Skandalmeldungen aus der Welt des großen Geldes darüber noch wundern?
Quelle: ntv.de