Frankreich angezählt EU beklagt fehlenden Sparwillen in Paris
15.09.2013, 17:45 Uhr
Es könnte wohl etwas zügiger gehen mit den Reformen in Frankreich.
(Foto: REUTERS)
Erst kassiert die französische Regierung das Wachstumsziel. Dann muss das Haushaltsdefizit angehoben werden. EU-Kommission und die Ratingagentur S&P bescheinigen dem Land nun fehlenden Reformmut. Die Finanzexperten richteten das Wort auch gleich noch an Italien.
Frankreich fehlt es nach Ansicht von EU und der Ratingagentur S&P an Elan beim Reformwillen. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte dem Sender Europe 1, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone gehe zwar in die richtige Richtung. "Mehr Ehrgeiz würde aber nicht schaden." So hätte er sich gewünscht, dass Frankreich bei der Rentenreform auch das Eintrittsalter hochgesetzt hätte statt es bei 62 Jahren zu belassen.
Der Chef des S&P-Länderratings, Moritz Kraemer, sagte der "Welt", es könne Frankreich zwar gelingen, an eine Kürzung der Staatsausgaben heranzugehen. "Dazu braucht es aber einen breiten Konsens - und bisher ist kein Druck da, der den befördern würde." Frankreich müsse "den Beweis erst noch erbringen, dass es auch auf der Ausgabenseite konsolidieren kann. Über kurz oder lang wird sich der Regierung diese Frage stellen."
Frankreich darf nicht mit Milde der EU rechnen
Frankreich hatte am Mittwoch seine Wachstumsprognosen für 2014 von 1,2 auf 0,9 Prozent gekappt und zudem erklärt, deshalb auch das Staatsdefizit 2014 nicht wie geplant unter die Marke von drei Prozent drücken zu können. Das war überraschend, denn nicht einmal zwei Wochen zuvor hatte Ministerpräsident Francois Hollande gesagt: "Ich wette, dass wir unsere Wachstumsprognose für 2014 leicht erhöhen können."
Barroso nannte die Kappung der Vorhersage "etwas enttäuschend". Hollande könne auch nicht damit rechnen, dass Frankreich eine Verfehlung der 3,0 Prozent bei der EU-Obergrenze für das Haushaltsdefizit auch 2015 erlaubt werde.
Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici hatte am Mittwoch erklärt, das Staatsdefizit seines Landes werde wegen der schwachen Wirtschaftsentwicklung 2014 nicht wie geplant auf 2,9 Prozent sinken, sondern bei 3,6 Prozent verharren. Am Freitag sagte er dem Sender CNBC, die Regierung könne mit den Reformen nicht schneller vorangehen. Er sei dazu mit der EU-Kommission in ständigem Kontakt. "Ich habe ihnen erklärt, dass wir nicht mehr tun können und dass wir mit einem wirklich hohem Tempo bei der Reform Frankreichs vorangehen."
EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte beim am Samstag zu Ende gegangenen Treffen der EU-Finanzminister ebenfalls bemängelt, die französische Regierung tue nicht genug. "Frankreich hat Fortschritte gemacht, aber es gibt noch viel zu tun, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen", hatte Rehn gesagt.
S&P: Italien leistet sich lange Krise
Derweil warf Kraemer Italien mangelnde Reformen vor. "Italien hatte und hat primär kein Defizitproblem, sondern ein Wachstumsproblem. Aber wird das entschieden angegangen? Das kann man in Frage stellen", sagte er weiter. "Aufgrund der wohlwollenden Kapitalmarktkonditionen kann sich Italien derzeit scheinbar eine langatmige Regierungskrise leisten. Aber Italiens Reformpolitik steht auf dem bröckeligen Fundament einer krisenmüden Gesellschaft."
Krämer pocht auf entschiedene Reformen in Südeuropa, wenn die Staaten sich Hoffnungen auf eine Verbesserung ihrer Bonitätsbewertungen machen wollten. Es gebe mit Irland nur ein Mitglied der ganzen Währungsunion, das einen positiven Ausblick habe. "Falls es gelingen sollte, die strukturelle Reformpolitik konsequent und mit Nachdruck umzusetzen, dann gibt es keinen zwingenden Grund, weshalb sich die Kreditwürdigkeit nicht auch in Italien, Spanien und Portugal wieder zum Besseren würde wenden können", sagte er.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ