Constanze Hintze Immobilien: (k)eine sichere Kapitalanlage
03.02.2012, 10:40 UhrViele Anlegerinnen überlegen, eine Immobilie zu kaufen. Die Argumente lauten: die Zinsen für eine Finanzierung sind niedrig, es mangelt an lukrativen und gleichzeitig sicheren Anlagealternativen und überhaupt: "der Inflationsschutz". Die Ansicht, dass Immobilien immer im Wert steigen, ist weit verbreitet. Dabei sind mit Immobilien auch Risiken verbunden.
Ein Beispiel: eine 35-jährige Kundin plant mit Eigenmitteln von 75.000 Euro den Kauf einer Wohnung. Sie möchte sie vermieten und sieht darin auch gleich ihre Altersvorsorge.
Die angenommene 2-Zimmer-Wohnung kostet 190.000 Euro. Inklusive Neben- und Zusatzkosten für Makler, Notar, Grunderwerbssteuer, Grundbuchgebu?hren, einer Ku?che und sonstige Ausgaben, ist eine Finanzierung von 145.000 Euro notwendig. Bei einer Kaltmiete von 650 Euro im Monat errechne ich eine Mietrendite, vergleichbar mit einer laufenden Verzinsung, von 4,10 Prozent. Damit sieht die Investition auf den ersten Blick wirklich gut aus.
Der Kreditzins liegt bei einer 15jährigen Zinsbindungsfrist bei 4,65 Prozent. Zusammen mit der Tilgung von 1 Prozent beträgt die monatliche Belastung 683 Euro. Bliebe die Annuität, also die Monatsrate aus Zins und Tilgung, annähernd gleich, ist der Immobilienkredit nach gut 35 Jahren abbezahlt. Sondertilgungen sind möglich, so dass die Immobilie fru?her schuldenfrei sein kann. Doch rechnet sich das wirklich?
1. Irrtum Steuervorteil
„Ich habe doch den Steuervorteil“, ist ein Argument, das wir oft hören. Doch Steuervorteile greifen erst bei sehr hohen Einkommen. Zudem sind die Abschreibungssätze gering und die Zinsen niedrig. Wo soll da ein spu?rbarer Steuervorteil herkommen? Bedenken Sie auch: Eingenommene Mieten mu?ssen versteuert werden!
2. Irrtum Lebensplanungen
Bei vielen engagierten Frauen, egal welchen Alters, ist die Lebensplanung noch völlig offen. Kein Arbeitsplatz ist per se sicher. Im Fall einer Arbeitslosigkeit ist es gut, schuldenfrei, flexibel und mobil zu sein. Und wer weiß, ob die Miete immer und pünktlich bezahlt wird. Ein anderer Punkt ist die Familienplanung. Sehr häufig taucht mit der Familiengru?ndung auch der Wunsch nach einem selbst genutzten Eigenheim auf. Doch dann ist das Vermögen fest angelegt. Nach 10 Jahren beispielsweise sind gerade einmal 18.400 Euro vom urspru?nglichen Darlehen getilgt. Ehe man sich versieht, kann also die sicher geglaubte Altersvorsorge eine schwere Last werden.
3. Irrtum Wertzuwachs
Nicht wenige Immobilienbesitzer gehen davon aus, dass ihre Immobilie im Wert immer steigt. Doch bis auf die Top-Innenstadtlagen in den Großstädten Deutschlands herrscht bestenfalls Stillstand in der Wertentwicklung.
Gelänge nach zehn Jahren ein Verkauf ohne Wertveränderung, würde ein Preis von 190.000 Euro erzielt werden. Abzu?glich des Restkredites von 126.600 Euro verblieben 63.400 Euro. Zu Beginn des Projektes standen 75.000 Euro an Eigenmitteln zur Verfu?gung! Doch auch bei einer positiven Wertentwicklung der Immobilie sieht es nicht wesentlich besser aus. Bei einer Wertsteigerung von einem Prozent pro Jahr und der Kredittilgung verblieben nach 10 Jahren immerhin 83.400 Euro Schulden.
Worauf sollen Kapitalanleger beim Kauf einer Immobilie achten?
1. Das wichtigste Kriterium bei der Wahl der Immobilie ist die Lage. Der eigene Maßstab ist ein guter Ratgeber: Würden Sie hier selbst leben wollen? Orientieren Sie sich zudem an den ökonomischen Rahmenbedingungen des Standortes.
2. Sie sollten das Geld für die Kapitalanlage übrig haben. Wenn Sie im Ernstfall auf einen Verkauf angewiesen sind, ist die Gefahr groß, dass Sie Verluste machen. Auch das sollten Sie bedenken: Mietprozesse kosten Geld und Nerven.
3. Meiden Sie Liebhaber-Objekte mit besonderen Raffinessen. Die Immobilie sollte für einen möglichst großen Kreis von potenziellen Mietern interessant sein. Achten Sie auf den Schnitt der Wohnung. Zu kleine Zimmer sind meist weniger gefragt.
4. Meiden Sie 1-Zimmer-Apartments. Diese Objekte sind zwar erschwinglicher doch tatsächlich bevorzugen gerade Singles 2- und 3-Zimmer-Wohnungen. Positive Aussichten verbindet man hingegen mit senioren- und behindertengerechten Wohnungen.
5. Mieten und Nebenkosten müssen aus Sicht des Mieters in einem günstigen Verhältnis stehen. Denn Mieter interessieren sich für die Gesamtkosten. Und je höher Nebenkosten sind, desto schwerer ist eine Wohnung in der Regel vermietbar.
6. Überschätzen Sie nicht die Steuervorteile und unterschätzen Sie nicht die Neben- und Finanzierungskosten. Bedenken Sie auch, dass für die Instandhaltung der Immobilie regelmäßig Geld zurückgelegt werden muss. Das erhöht die laufende Belastung.
7. Achten Sie auf das Gleichgewicht in Ihrer persönlichen Vermögensstruktur. Der Dreiklang aus liquidem Vermögen in Form von Tagesgeld, Aktien und Anleihen, lang laufenden Rentenversicherungen und Immobilien sollte ausgewogen sein. Eine allgemeingültige Regel gibt es nicht, vielmehr spielen die eigene Lebensplanung und die absolute Höhe des Vermögens eine Rolle.
Die Autorin Constanze Hintze ist bankunabhängige Vermögensverwalterin bei Svea Kuschel + Kolleginnen und eine der Experten des Internetportals Vermögensprofis.de.
Quelle: ntv.de