Importe

Ach du dickes Ei! Ostern weckt IPO-Euphorie

18089267.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Selten dürfte Ostern in den Planungen vieler Investmentbanker, Anwälte und Firmenchefs eine so große Rolle wie in diesem Jahr gespielt haben. Aber nicht, weil sie rechtzeitig Eier bunt bemalen wollen - vielmehr setzt das christliche Fest einige Börsenaspiranten gehörig unter Zeitdruck. Ostersonntag fällt auf den 24. April, das ist später als in den meisten Jahren. Das zwingt die Kandidaten dazu, jetzt den IPO-Turbo einzuschalten, um bis dahin Premiere auf dem Parkett zu feiern.

Die auf den ersten Blick paradoxe Rechnung erklärt sich so: Vier Wochen braucht ein Unternehmen vor der Ankündigung des Börsengangs bis zur Erstnotiz mindestens, rechnen Banker vor. Vorher muss der Hunderte Seiten starke Börsenprospekt fertig sein, dem der Jahresabschluss 2010 zugrunde liegt. Dieser ist meistens nicht vor Ende Februar fertig. Nach Ostern würde das zu knapp - denn bei einem Börsengang nach dem 13. Mai müssten die Quartalszahlen im Prospekt stehen. Und wer erst dann anfängt, kommt gefährlich nahe an die Sommerflaute heran.

"Vieles spricht dafür, dass es noch vor Ostern einige Börsengänge geben könnte", sagt Wirtschaftsanwalt Herbert Harrer von Linklaters in Frankfurt, der viele Unternehmen an die Börse begleitet hat. Eine Handvoll Kandidaten scharrt vernehmlich mit den Hufen. "Das Geschäft brummt wieder - endlich", atmet ein Banker auf.

Erstes Milliarden-IPO nach der Finanzkrise

Sogar einen Milliarden-Börsengang, den ersten in Deutschland nach der Finanzkrise überhaupt, soll es noch im April geben. Der Touristikkonzern Tui will sich von seiner Beteiligung an der Reederei Hapag-Lloyd trennen. Die Vorbereitungen haben Finanzkreisen zufolge Fahrt aufgenommen. Hapag-Lloyd will den Aufschwung in der Schifffahrt nutzen. "Das letzte Quartal ist exzellent gelaufen", sagt ein Investmentbanker. Ebenfalls aus dem Hamburger Hafen war der letzte bedeutende Börsengang vor der Krise gekommen: Die Hafengesellschaft HHLA hatte im November 2007 rund 1,2 Mrd. Euro eingesammelt. Offiziell prüfen die Eigentümer parallel noch einen Verkauf - ähnlich wie bei Kabel BW, wo Branchenkenner aber einen raschen Börsengang, ebenfalls im Milliardenvolumen, für wahrscheinlicher halten.

"Zumindest ein Dickschiff wird noch vor Ostern an die Börse gehen", glaubt deshalb Joachim von der Goltz, der das Kapitalmarktgeschäft bei UBS Deutschland leitet. Im Fahrwasser von Hapag-Lloyd werden der hessische Schlauchschellen-Hersteller Norma, dessen Eigentümer 3i sich bereits auf das erste Halbjahr festgelegt hat, und die Berliner Immobiliengesellschaft GSW ebenfalls noch für April an der Börse erwartet. Die Banker drängen zur Eile: "Wir empfehlen Kunden, mit denen wir jetzt über einen Börsengang sprechen, es eher früher als später anzugehen", sagt von der Goltz. "Zurzeit ist der Markt durchaus aufnahmebereit." Und die ersten kleineren Testballons wie der Fahrradhersteller Derby Cycle oder die Softwarefirma RIB flogen relativ reibungslos.

Angst vor der nächsten Krise treibt zur Eile

Auch der Wäschehersteller Schiesser - eben der Insolvenz entronnen - hat das zweite Quartal im Visier. Die Vorgeschichte des Traditionsunternehmens vom Bodensee lässt einige Banker aber zweifeln, ob ihm der Sprung wirklich gelingt, obwohl Verwalter Volker Grub die strukturellen Probleme für gelöst hält, die Schiesser in die Pleite trieben. Grub hat das Experiment 1986 schon einmal gewagt, als er die schwäbische ATB Antriebstechnik aus der Bauknecht-Konkursmasse an den Aktienmarkt brachte.

Auch GSW hat einen Malus - der erste vergebliche Anlauf an die Börse ist keine zehn Monate her. Seit kurzem ist aber die Refinanzierung des Wohnimmobilienkonzerns unter Dach und Fach, die die Investoren damals abgeschreckt hatte. Nun könnten die Eigentümer Cerberus und Goldman Sachs Schätzungen von Bankern zufolge mehr erlösen als die 230 bis 350 Mio. Euro, die sie vor Jahresfrist einnehmen wollten. Der Prospekt wäre schnell neu aufgelegt.

Doch zu anspruchsvoll dürfen die Verkäufer nicht sein. "Der Markt ist liquide, aber die Investoren sind immer noch sehr preisempfindlich", warnt UBS-Banker von der Goltz. Doch Abwarten ist keine Alternative, zu tief sitzt der Griechenland-Schock vom Frühjahr 2010. Damals hatten Ende März vier Kandidaten - unter ihnen Brenntag und Kabel Deutschland - recht reibungslos den Sprung zur Börse geschafft. Doch dann spielten die Märkte verrückt und mehr als ein Dutzend Unternehmen mussten ihre Pläne begraben. Bis zu 20 stehen auch in diesem Jahr in den Startlöchern. "Es besteht eine gewisse Sorge, dass der Kapitalmarkt wie im letzten Jahr durch negative Ereignisse an den globalen Finanzmärkten beeinträchtigt werden könnte", mahnt Anwalt Harrer.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen