Ausblick 2010 Rohstoffe rennen weiter
23.12.2009, 10:55 UhrDie Rohstoffpreise werden im kommenden Jahr weiter steigen - soweit sind sich Experten einig. Doch während die einen darin ein Spiegelbild der Weltwirtschaft sehen, warnen andere vor einer Spekulationsblase.
"Solange die Zentralbanken die Schleusen offen lassen, können wir damit rechnen, dass die Rohstoffmärkte weiter steigen werden", prognostiziert Gerd Henning Beck, Fondsmanager bei Lupus Alpha. Hingegen sieht LBBW-Rohstoffanalyst Frank Schallenberger Preissteigerungen bei Öl, Kupfer & Co als Folge einer steigende Nachfrage im Zuge eines Aufschwungs: "Eine Blase sehe ich nicht."
Ob fundamentale Erholung oder spekulative Rally - wer im zu Ende gehenden Jahr auf Rohstoffe gesetzt hat, darf sich zu Weihnachten über satte Gewinne freuen. Der Preis für die Tonne des wichtigen Industriemetalls Kupfer hat sich seit Jahresbeginn auf zuletzt fast 7.000 Dollar mehr als verdoppelt. US-Öl der Sorte WTI verteuerte sich im gleichen Zeitraum um gut 80 Prozent auf zuletzt etwa 73 Dollar je Fass. Dagegen nimmt sich die Rally an den Aktienmärkten bescheiden aus: Der Dax legte im gleichen Zeitraum knapp ein Viertel Prozent zu.
Chinesen brauchen mehr Öl
Im neuen Jahr sieht Schallenberger den Ölpreis auf rund 80 Dollar je Fass klettern. "Wir erwarten ein Wachstum der Weltwirtschaft, dann dürfte auch die Ölnachfrage wieder hochgehen und Preis moderat steigen." Seine Kollegin Sintje Diek von der HSH Nordbank ist noch etwas zuversichtlicher. "Wir sehen weiter steigende Preise Richtung 85 Dollar am Jahresende. Dieser Trend dürfte sich auch 2011 fortsetzen", prognostiziert sie. Neben einer Erholung der Wirtschaft in den westlichen Industrienationen verweisen die Analysten auf den steigenden Öldurst in den sogenannten aufstrebenden Märkten. "Die Chinesen fahren immer mehr Auto, da wird auch der Benzinverbrauch steigen", sagt Schallenberger.
Andere Experten halten angesichts riesiger Öl-Lagerbestände schon das aktuelle Preisniveau für ungerechtfertigt hoch. "Es gibt aus meiner Sicht keinen fundamentalen Grund dafür, dass die Rohstoffmärkte so stark gestiegen sind. Der deutliche Preisanstieg in 2009 erfolgte vor allem wegen der massiv vorhandenen Liquidität und nicht aufgrund einer gestiegenen Nachfrage", sagt Fondsmanager Beck. Hintergrund sei der sogenannte Dollar-Carry-Trade. Hierbei leihen sich Anleger bei der US-Notenbank Dollar fast zum Nullzinssatz und investieren sie in Staatsanleihen, Aktien und Rohstoffe. "Die Rohstoffmärkte reagieren sehr nervös auf Nachrichten, die ein Ende des Quantitative Easing der Notenbanken wahrscheinlicher werden lassen. Dann würde die Blase am Rohstoffmarkt wohl platzen", sagte Beck. Seit Ausbruch der Finanzkrise haben die Notenbanken in aller Welt die Wirtschaft mit einer Schwemme billigen Geld stabilisiert.
Christian Heger, Chief Investment Officer des Vermögensverwalters HSBC Global Asset Management (Deutschland), warnt vor den Folgen eines hastigen Ausstiegs aus der Politik des billigen Geldes. "Eine heftige Exit-Strategie würde mit Korrekturen an den Märkten einhergehen", erklärt er und beruhigt zugleich: "Davon sind wir aber noch ein Stück weg."
Notenbanken setzen auf Gold
Auch beim Gold herrscht Uneinigkeit über den Auslöser für steigende Preise. "Bei Gold sehe ich keine Blasenbildung, da Angebot und Nachfrage noch zusammenpassen", stellt Heger klar. "Gold ist ja ein Krisenmetall. Wenn sein Preis steigt, dann stellt sich die Frage nach der Vertrauenskrise bei Staatsanleihen." Schallenberger sieht bei Notenbanken - vor allem aus Schwellenländern - den Trend, einen Teil ihrer Währungsreserven wieder verstärkt in Gold anzulegen. "Auf der Angebotsseite fehlen derzeit im Jahr 500 Tonnen. Ich könnte mir nächstes Jahr einen Goldpreis von 1.250 Dollar vorstellen." Lupus-Alpha-Experte Beck mahnt dagegen zur Vorsicht. Zwar rechnet auch er im nächsten Jahr mit einem Preis von bis zu 1.300 Dollar pro Feinunze. Allerdings sei der aktuelle Preis von knapp unter 1.100 Dollar schon viel zu hoch. "Der Preis hat sich von der Fundamentalsituation abgekoppelt."
Quelle: ntv.de, Stefan Schaaf, Reuters