Markus Zschaber, V.M.Z. Unternehmensrekorde im Schuldenschatten
01.08.2011, 13:07 UhrTiefgreifende Problemszenarien überlagern an den Märkten Rekordgewinne aus den Unternehmen und verhindern positive Kursreaktionen. Die Euro-Schuldenkrise ist nur kurzzeitig verschoben, schon folgt nahtlos der US-Schuldenstreit. Umso wichtiger ist ein detaillierter Blick auf die Bilanzen.
Die ausufernde Staatsschuldenkrise innerhalb der europäischen Wirtschaftsunion konnte nach einem weiteren Rettungspaket erst einmal kaschiert werden. Ein Übergreifen auf die für eine wirtschaftliche Stabilität deutlich bedeutenderen Nationen Spanien und Italien blieb zwar nicht aus, wurde in der Börsenwelt jedoch überschattet durch die sich prekär zuspitzende Entwicklung in der größten aller Volkswirtschaften. Denn jenseits des Atlantiks entwickelte sich die US-Schuldenthematik in einen handfesten Schuldenstreit zwischen den beiden Politlagern aus Demokraten und Republikanern. Keine der Seiten wollte die jeweilige Position verlassen, befindet man sich doch bereits im Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr. Hierin begründet wurde um Kompromisse hart gerungen, welche zur Anhebung der bald erreichten Schuldengrenze zwingend notwendig sind. Die nun gefundene Annäherung verschiebt die Problematik zwar in die Zukunft, von nachhaltigen Lösungsvorschlägen zur Sanierung der Staatskasse, effektiver Stimulation der undynamischen Wirtschaft und einem effektivem Angehen des maroden, belastenden Arbeitsmarktes ist man aber noch weit entfernt.
Auf einem Auge blind
Die letzten Tage zeigten deutlich, dass in einem Umfeld allgegenwärtiger Staatsprobleme durchaus starke Unternehmensberichte zum abgelaufenen ersten Halbjahr komplett in den Hintergrund geraten. Zuerst von den US-amerikanischen Global Player berichtet und von heimischen Unternehmen bestätigt, wurden überwiegend positive Umsatz- und Gewinnzahlen ausgewiesen, jedoch konnten diese den Markt auf der Kursseite nicht beflügeln. Nur wirklich stark positive Berichte können den jeweiligen Einzelwert beeinflussen, den Gesamtmarkt jedoch nicht aufwerten.
Schwächere oder gar nur leicht positive Bilanzergebnisse führten teils zu enttäuschenden Beurteilungen und infolge dessen, passend zur derzeitigen Risikoaversion und zum hartnäckigen Pessimismus, zu deutlichen Kursrückgängen. Gerade die unternehmerischen Ausblicke für die kommenden Handelszeiten offenbarten zunehmende Schwierigkeiten bei der Wachstumsdynamik und somit der künftigen Gewinnprognose, sprich die dynamischen Stimulationen durch sogenannte Aufholeffekte sind durchaus abgeflacht und für Unternehmen wird es zunehmend schwerer, operatives Wachstum zu generieren.
Auch die Aussicht auf eine zwar schwächere, aber weiterhin intakte und robuste, globale Wirtschaftsdynamik konnte keine positiven Impulse liefern. Denn hätte sich ein, vor wenigen Monaten noch undenkbares Szenario einer, auch nur temporären Zahlungsunfähigkeit der größten Volkswirtschaft, zugleich des größten Schuldners der Welt, verfestigt, wären bisherige Konjunkturprognosen hinfällig geworden.
Blatt wendet sich
Wir haben selbst in der sich zuspitzenden Debatte keinen Zahlungsausfall erwartet, jedoch gilt es nun genau zu beobachten, welche Kompromisse beschlossen wurden und inwieweit Einsparungen und Kürzungen zur Defizitbekämpfung, die Wirtschaft und Verbraucher künftig belasten. Zusammengefasst konnte eine extreme Zurückhaltung und starke Risikoaversion festgestellt werden, welche in einem derart schwer zu kalkulierenden Marktumfeld nachvollziehbar ist. Die Umsatzzahlen der Unternehmen signalisieren jedoch fortlaufend neben einem breiten Fundament ein funktionierendes Geschäftsmodell und für zukünftige Ertragserwartungen rentable Positionierungen. Unter Ausschluss extremer Ereignisse, welche ein nachträglicher Schuldenkollaps dies- oder jenseits des Atlantiks mit sich bringen würde, wird unserer Meinung nach der Markt wieder verstärkt die positiven Fundamentaldaten der Globalwirtschaft bewerten. Um in Zeiten, in welchen Rekordzahlen nicht reichen oder gute Berichtszahlen nicht gut genug sind, das eigene Portfolio qualitativ und nachhaltig aufzustellen, bedarf es einem geschärften Blick auf die Unternehmenskennzahlen und die Möglichkeit der kurzfristigen Absicherung. Zudem sollte ein liquider Bestand vorgehalten werden, um in den volatilen Marktreaktionen Einstiegskurse rentabel nutzen zu können.
Ihr Dr. Markus Zschaber
Dr. Markus C. Zschaber ist leitender Fondsmanager der V.M.Z Vermögensverwaltungsgesellschaft (www.zschaber.de) in Köln. Bereits mehrfach ausgezeichnet für sein Portfoliomanagement, zuletzt mit dem Prädikat "magna cum laude" durch den "Handelsblatt-Elite-Report 2011", kennen ihn die n-tv-Zuschauer seit 1997 als Experte unter anderem in der Telebörse, dem Investment-Check, Börse@n-tv oder dem Geldanlagecheck. Drei seiner Fachbücher konnten Leser bereits in den Bestseller-Listen finden u.a. "Der Börse voraus" als Gemeinschaftsproduktion mit dem Nachrichtensender n-tv. Sein aktuelles Buch "Der Aufschwung kommt" war bereits vier Wochen nach Erscheinen ein Bestseller.
Quelle: ntv.de