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"Der Fall kennt nur Verlierer" Brisanter Prozess gegen Gil Ofarim steht bevor

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Hat er tatsächlich gelogen? Gil Ofarim.

Hat er tatsächlich gelogen? Gil Ofarim.

(Foto: picture alliance/dpa)

Kommende Woche steht Sänger Gil Ofarim in Leipzig vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, nicht die Wahrheit gesagt zu haben, als er erklärte, in einem Hotel antisemitisch beleidigt worden zu sein. Vor dem Hintergrund des Krieges im Nahen Osten erhält der Prozess zusätzliche Aufmerksamkeit.

Am Anfang schien die Sache klar: Nachdem Gil Ofarim in einem Instagram-Video öffentlich beklagt hatte, beim Einchecken in ein Leipziger Hotel antisemitisch beleidigt worden zu sein, erfuhr der Sänger viel Solidarität. Doch im Zuge der Ermittlungen wendete sich das Blatt. Für seine Version der Ereignisse ließen sich keine Anhaltspunkte finden. Stattdessen drängte sich der Eindruck auf, der 41-Jährige habe bei seinen Schilderungen des angeblichen Vorfalls nicht die Wahrheit gesagt.

Die Folge: Nicht etwa gegen den Hotel-Mitarbeiter, den Ofarim beschuldigte, wurde Anklage erhoben, sondern gegen den Musiker selbst. Vorgeworfen wird ihm nun unter anderem falsche Verdächtigung und Verleumdung. Der Beginn des Prozesses ist für den 7. November und damit den Dienstag in der kommenden Woche am Ort des umstrittenen Geschehens vor dem Leipziger Landgericht terminiert.

Wie Gerichtssprecher Johann Jagenlauf inzwischen bestätigte, werden für die Verhandlung spezielle Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. "In diesem Fall hat die Kammer sich frühzeitig mit der Polizei in Verbindung gesetzt und beachtet die Sicherheitslage auch im Hinblick auf den momentanen Nahostkonflikt ständig und trifft in Zusammenarbeit mit der Polizei die notwendigen weiteren Vorkehrungen, um die Sicherheit des Verfahrens möglichst zu gewährleisten", sagte Jagenlauf gegenüber dem "Mitteldeutschen Rundfunk" (MDR) im Rahmen einer Dokumentation, die den Fall aufarbeitet. Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage hatte Ofarims Anwalt zuvor die Sorge um seinen Mandanten zum Ausdruck gebracht.

"Immenser Schaden"

Stellvertretend für die jüdische Gemeinde kommt in der Dokumentation auch der Chefredakteur der Wochenzeitung "Jüdische Allgemeine", Philipp Peyman Engel, zu Wort. "Wahrscheinlich wird das mediale Interesse nochmal größer sein in diesen Tagen als sonst schon, wobei das mediale Interesse ohnehin schon maximal groß ist", erklärt er. Unter dem "Stichwort Sicherheit" sei auch für ihn nicht auszuschließen, dass "diese äußere Situation nochmal in den Prozess oder in das Verfahren getragen" werde.

Für ihn sei festzuhalten, dass es "bei dieser Geschichte wirklich nur Verlierer gibt, keine Gewinner", so Engel. "Da sind wirklich sehr viele Antisemiten aus ihren Löchern gekommen und haben geschrieben - der Zentralrat hat das dokumentiert: 'Seht ihr, ihr Juden denkt euch doch solche vermeintlichen antisemitischen Vorfälle nur aus, um daraus politisch, finanziell Kapital zu schlagen'", erklärt der Journalist. Für die jüdische Gemeinde sei dadurch "ein immenser Schaden" entstanden.

Vertrauen in den Rechtsstaat

Engel habe Ofarim selbst in Gesprächen und Interviews kennengelernt und ihn dabei eigentlich als seriösen Menschen eingeschätzt, heißt es in der MDR-Dokumentation. Als er von dem angeblichen antisemitischen Vorfall in dem Leipziger Hotel erfahren habe, sei auch seine erste Reaktion gewesen, "dass er mir leidtat wegen dem, was er berichtet hat, weil es einfach auch extrem plausibel ist, extrem jeden Tag leider Alltag ist in Deutschland, dass Juden verbal und auch körperlich angefeindet werden".

Nun vertraue auch er in den Rechtsstaat und darauf, dass es "eine Faktenbasis gibt", aufgrund derer Ofarim angeklagt wurde. "Im Moment muss man immer noch sagen: Wir wissen nicht wirklich, was passiert ist. Es kann alles passiert sein. Die große Hoffnung ist, dass der Prozess zur Wahrheitsfindung beiträgt", sagt Engel. Ohnehin gilt für Ofarim bis zum Abschluss des rechtskräftigen Verfahrens die Unschuldsvermutung.

Quelle: ntv.de, vpr

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