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Komm doch mal zu Europapa Das sind die größten ESC-Freaks 2024

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Willkommen beim Eurovision Song Contest!

Willkommen beim Eurovision Song Contest!

(Foto: picture alliance / TT NYHETSBYRÅN)

37 Länder kämpfen in diesem Jahr beim Eurovision Song Contest um die Gesangskrone. Und der ESC wäre nicht der ESC, wären darunter nicht auch so einige schaurig-schöne, schräge und komplett sinnbefreite Beiträge. Wir stellen die skurrilsten Irrungen und Wirrungen in diesem Jahr vor.

Ist der Eurovision Song Contest (ESC) tatsächlich ein Gesangswettbewerb? Jein. Denn abgesehen vom Gesang geht es hier natürlich stets auch und vor allem um den Song, den Auftritt und den Zeitgeist. Und natürlich auch darum, nachhaltig aufzufallen. Beispiele für skurrile oder zumindest nonkonforme ESC-Beiträge gibt es nun wirklich en masse - und nicht selten waren sie durchaus erfolgreich.

Verka Serduchka etwa erreichte 2007 mit Stern auf dem Kopf, Discokugel-Outfit und der Textzeile "Sieben, Sieben, ai lyu lyu" für die Ukraine den zweiten Platz. Guildo Horn hangelte sich bereits neun Jahre zuvor mit "Piep, Piep, Piep" auf den Lippen durch die Veranstaltungshalle in Birmingham bis auf einen siebten Platz, von dem Deutschland zuletzt nur träumen konnte. Und nur sechs Jahre ist es her, dass sich die Israelin Netta mit massiver Winkekatzen-Unterstützung und dem Song "Toy" sogar zum Sieg gackerte.

Auch beim diesjährigen ESC in Malmö versuchen mehrere der insgesamt 37 teilnehmenden Länder wieder einmal ihr Glück mit einem Beitrag, der alles ist, aber ganz bestimmt nicht von der Stange. Wir haben die sieben größten Hingucker zusammengestellt.

Armenien: Ladaniva - "Jako"

Tatsächlich handelt es sich bei Ladaniva um eine internationale Co-Produktion. Während Sängerin Jaklin Baghdasaryan aus Armenien stammt, das mit dem Lied "Jako" ins Rennen geht, ist ihr Band-Partner Louis Thomas Franzose. Das Duo hat beim renommierten Indie-Label PIAS bereits sein Debüt-Album veröffentlicht - ganz unbedarft sind die beiden also nicht.

Ihr latent nerdiger Auftritt im Video zu ihrem folkloristisch angehauchten Popsong dürfte deshalb schon eher wohl kalkuliertes Programm sein. Während Thomas aus Trompete, Flöte oder Ukulele herausholt, was rauszuholen ist, streichelt Baghdasaryan dazu in Pocahontas-Anmutung schon mal einen Hahn. Oder sie demonstriert ihr Faible für Obst und Gemüse.

Der auf Armenisch vorgetragene Songtext ist übrigens ziemlich überschaubar. Der vielleicht wichtigste Satz daraus: "Aber ich bin ein freies Mädchen. Deshalb werde ich tanzen und du wirst zusehen!" Aber sicher doch.

Kroatien: Baby Lasagna - "Rim Tim Tagi Dim"

Was sagt uns der Titel "Rim Tim Tagi Dim" des kroatischen Beitrags in diesem Jahr? Richtig: Auch dieser Songtext ist nur bedingt Pulitzer-Preis-verdächtig. Dabei behandelt das Lied doch ein so gewichtiges Thema wie Abschied: "Werde euch alle vermissen, aber am meisten die Katze. Werde das Heu vermissen, werde mein Bett vermissen, aber am meisten werde ich den Tanz vermissen", lässt Marko Purišić, der sich im Wesentlichen hinter dem Projektnamen Baby Lasagna verbirgt, die Zuhörerinnen und Zuhörer wissen.

Statt eines Hahns streichelt der Kroate dazu lieber die Rinder, füttert das Geflügel oder melkt eine Kuh. Als wäre die Mixtur aus Landwirtschaftsromantik, "Rim Tim Tagi Digi Rim Tim Tim" und Sänger im Zillertaler-Schürzenjäger-Outfit nicht schon skurril genug, schießt der Sound des Songs dann wirklich auch noch den allerletzten Vogel ab. Würden wir es nicht besser wissen, würden wir glatt vermuten, Rammstein kämen um die Ecke.

Sie meinen, Baby Lasagna ist zu abgedreht, um wirklich gute ESC-Chancen zu haben? Weit gefehlt: Die Wettbüros sehen den Beitrag sehr weit vorn in Malmö landen.

Estland: 5Miinust x Puuluup - "(Nendest) Narkootikumidest ei tea me (Küll) Midag!"

Sind das Erkan und Stefan, die hier erst hoch zu Ross und dann in der Proll-Karre durchs schöne Estland cruisen? Ist das Helge Schneider, der seinen eigenen Rat, mal lieber die Möhrchen zu tun, nicht befolgt hat? Und ist das an seiner Seite womöglich Mister "Supergeil" im Edeka-Feierabend? Nein, diese Truppe nennt sich vielmehr 5Miinust x Puuluup und fabriziert nach eigenem Bekunden Zombie-Folk.

Um zu erahnen, um was es im Lied "(Nendest) Narkootikumidest ei tea me (Küll) Midag!" geht, muss man nicht unbedingt feinstes Hochestnisch sprechen. Genau, es geht um Drogen! Aber beim ESC selbstredend nur in eindeutig ablehnender Form. "Wir sind keine Junkies, wir haben nichts getan", heißt es etwa im Text. Oder: "Die einzige Tasche hier ist voll mit Pfandflaschen." Und: "Ich kenne keine Drogen, ich kenne Soda und Cider."

Ob uns 5Miinust x Puuluup etwa wirklich sagen wollen, dass man auch ohne Drogen Spaß haben kann? So ganz überzeugend ist ihr Video da nicht.

Finnland: Windows95Man - "No rules!"

Dass die Finnen beim ESC gerne mal gepflegt abdrehen, ist nicht neu. Man erinnere sich nur an Vorjahres-Teilnehmer Käärijä, der mit seinem "Cha Cha Cha" die Hütte dermaßen abbrannte, dass er zum Sieger der Herzen mutierte. Der Beitrag, mit dem Finnland 2024 an den Start geht, gleicht unterdessen einem Autounfall, bei dem man auch beim besten Willen einfach nicht wegsehen kann.

Windows95man nennt sich DJ Teemu Keisteri, wenn er mit Lockenfrisur unter der Basecap, in fleischfarbener Unterhose und Sandalen mit Socken die Bühne unsicher macht. Passend zu seinem Künstlernamen trägt er ein T-Shirt mit dem entsprechenden Logo - das beim werbe-neutralen ESC aber dummerweise verpixelt werden muss. Unterstützt wird er bei seinem Song "No Rules!" von Sänger Henri Piispanen, dessen Aufzug mit platinblonder Haarpracht, Flickenteppich über den Schultern und Hotpants ebenfalls die Augen hervortreten lässt.

Das alles erinnert eher an "New Kids Turbo" als an den ESC zu Zeiten von Windows 95. Und auch gesanglich setzt das Duo nun nicht gerade zu Höchstleistungen an. Aber für Furore sorgt es allemal. "Ist etwas falsch daran, wie ich aussehe? Ist etwas falsch daran, wer ich bin?", lautet die alles entscheidende Frage im Songtext, auf die es dann auch sogleich die Antwort gibt: "Ich schere mich nicht einmal darum, was falsch oder richtig ist. So lebe ich mein Leben. Keine Regeln!" Weißte Bescheid.

Griechenland: Marina Satti - "Zari"

Sandalen mit Socken spielen im Video zum Song "Zari" von Marina Satti aus Griechenland zwar auch eine Rolle. Mit der Ästhetik aus Finnland kann dieser Beitrag dann aber doch nicht mithalten. Oder ganz im Gegenteil in jeder Hinsicht - je nach Betrachtungsweise.

Egal, ob in Kleid, Rock oder Hose - optisch unterwirft sich Marina Satti jedenfalls dann doch einigen gängigen Outfit-Regeln. Dafür weiß sie aber beim Sound durchaus zu experimentieren. Musikalisch liegt "Zari" irgendwo zwischen Trios "Da Da Da", dem Grime-Sound nach der Jahrtausendwende und griechischer Folklore. Ungewöhnlich, aber auch mit einem gewissen Nerv-Potenzial, sodass Sattis "Eurovision Tour" womöglich schon im ESC-Halbfinale enden könnte.

Im Text geht es wohl um eine zerbrochene Liebe, die noch ein letztes Mal aufgefrischt werden soll. "Und lass passieren, was auch immer passiert. Ta Ta Ta Ta Ta." Wir sagen nur: Du liebst mich nicht, ich lieb dich nicht. Aha.

Irland: Bambie Thug - "Doomsday Blue"

An Irland muss man in diesem Jahr eigentlich mal ein großes Kompliment aussprechen. Nach vielen Jahren, in denen es das gelobte Johnny-Logan-Land mit Schnulzen und Durchschnittspop beim ESC versucht hat, gehen die Iren in diesem Jahr in Sachen Wagnis wirklich komplett in die Vollen.

Bambie Thug mit "Doomsday Blue" präsentiert sich als eine irre Mixtur aus Marilyn Manson und Alice im Wunderland, aus Hardcore-Brett und Dreampop-Sound. Vorgetragen wird das von einer als Bambie Ray Robinson geborenen Person, die sich als nichtbinär charakterisiert und vor der jetzigen ESC-Teilnahme bereits einige Singles und EPs auf dem Kerbholz hatte.

"Avada Kadavra. Meine Worte sollen zerstören", schallt es einem stilecht aus dem Gothic-Video mit viel Tattoos, haarigem Biest und Hex Hex entgegen. Krasse Sache - aber wenn Bambie Thug damit durchkommt und am Ende sogar besser abschneiden sollte als Lord Of The Lost für Deutschland im vergangenen Jahr, werden wir echt sauer.

Niederlande: Joost Klein - "Europapa"

Ja, den kennen wir doch irgendwoher? Richtig: Der Niederländer Joost Klein bescherte uns im vergangenen Jahr tatsächlich bereits einen Nummer-1-Hit in Deutschland. Zusammen mit Rapper Ski Aggu und Komiker Otto Waalkes prügelte er uns den "Friesenjung" in die Gehörgänge.

Nun will der Musiker, der nicht zuletzt dank Youtube in seiner Heimat längst zum Star geworden ist, mit "Europapa" auch beim ESC die Spitzenposition in Angriff nehmen. Und das abermals mit viel Bum Bum, Happy Hardcore Techno und Gaga-Attitüde - und in diesem Fall tatsächlich mit einem "New Kids Turbo"-Kurzauftritt im zugehörigen Musikvideo, Junge.

"Europa, lasst uns zusammenkommen! Jetzt oder nie! Ich liebe euch alle!", schmettert uns Klein inmitten von EU-Fahnen und in einem europablauen Gedächtnis-Outfit entgegen. Und: "Am Ende des Tages sind wir alle Menschen. Mein Vater sagte mir einst, die Welt hat keine Grenzen." Schöner hätte man die Kernbotschaft des ESC doch kaum zusammenfassen können. In diesem Sinne: Komm zu Papa. Europapa!

Quelle: ntv.de

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