"Jeder will ihn anfassen" Deutscher Star-Komponist versteckt Oscars unterm Schrank
15.10.2022, 09:18 Uhr
Hans Zimmer zählt zu den einflussreichsten und erfolgreichsten Komponisten der Hollywood-Geschichte.
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Hans Zimmer hat die Musik zu einigen der erfolgreichsten Hollywood-Streifen beigesteuert - und gilt mittlerweile als Legende. Seine beiden Oscars hält der Deutsche jedoch gut unter Verschluss, verrät er nun. Das habe auch mit der schlechten Verarbeitung der begehrten Trophäen zu tun.
Hollywood-Komponist Hans Zimmer bewahrt seine beiden Oscars an einem ungewöhnlichen Ort auf. Sie befänden sich "im Schlafzimmer, unterm Schrank, wo man sie nicht sehen kann", sagte der 65-Jährige im Gespräch mit dem "Spiegel". Der Grund sei die "magische Anziehung" der Oscars: "Jeder, der einen vor sich hat, muss ihn anfassen. Aber der Oscar ist billig gemacht, die Goldschicht darauf hält nicht."

Bei Hollywood-Stars beliebt, aber offenbar schlecht verarbeitet: der Oscar.
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Bei Zimmers erstem Oscar, den er 1995 für "König der Löwen" bekam, sei schon "eine ganze Menge davon abgeblättert". Seinen zweiten Oscar erhielt Zimmer im März für die Musik zum Film "Dune". In jener Nacht saß er in einer Hotelbar im Amsterdam, umgeben von ukrainischen Orchestermusikern, die ihn in diesem und im kommenden Jahr auf seiner Konzerttournee begleiten. "Sie bangten um ihre Familien in der Heimat. Ich habe mich vor ihnen geschämt", so Zimmer. "Dafür, dass meine Branche für einen Abend alles, was in der Welt passiert, vergessen kann." Er sage nicht, dass Hollywood sich nicht selbst feiern dürfe: "Aber vielleicht nicht auf so eine dumme Art. Haben Sie mal die Reden gehört?"
Auch mit der Entwicklung der Branche hadert Zimmer. "Hollywood ist konzernig geworden", sagte Zimmer. "Warner Brothers wurde vor vier Jahren vom Telekommunikationsdienstleister AT&T übernommen, und die haben keine Ahnung vom Filmemachen. Vor dem Start von 'Dune' sagten die neuen Bosse plötzlich: Wir werden den Film am selben Tag streamen, an dem er ins Kino kommt", so Zimmer. Für ihn sei das "ein Desaster" gewesen: "Ich hatte für die Musik aus der vollen technischen und kompositorischen Bandbreite geschöpft, die mir zur Verfügung stand. Hätte ich gewusst, dass "Dune" gleich im Streaming läuft, hätte ich Bässe weggelassen, die im Kino, aber nicht auf einem kleinen Bildschirm übertragen werden."
"Deutschland kann so stur sein"
Mit seiner alten Heimat Deutschland hadert Zimmer bis heute. Er habe erst nach England gehen müssen, bis jemand sein Talent erkannt habe. "Der Prophet im eigenen Land und so weiter und so fort, Sie kennen das." Er sei erstaunt, "dass Deutschland, das mal das Land der Dichter und Musiker war, so stur sein kann", so Zimmer. "Du musst zur Hochschule gegangen sein und das ganze Zeug vorzeigen, was du dort gelernt hast." Erst dann werde vielleicht mal in Betracht gezogen, dass ein Komponist auch so etwas wie eine "Tatort"-Musik schreiben könne.
Er selbst absolvierte keine akademische musikalische Ausbildung. "In England und den USA hat mich bis heute kein Mensch gefragt, ob ich Musik studiert habe." Zimmer wurde als Sohn eines Unternehmers geboren. Der Vater starb an einem Herzinfarkt, als er sechs Jahre alt war. Danach sei es finanziell schwierig geworden. Die Angst, auf einen Schlag alles zu verlieren, prägt Zimmer bis heute. "Dieser Gedanke ist jeden Tag da. So etwas lässt einen nie los. Aber inzwischen weiß ich: Wenn einmal alles in die Luft fliegen sollte, bleibt mir noch die Musik in meinem Kopf. Solange die niemand abstellt, ist alles okay."
Quelle: ntv.de, kst