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"Ich misshandle keine Frauen" Jérôme Boateng steht wieder vor Gericht

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Er bestreitet die Vorwürfe: Jérôme Boateng.

Er bestreitet die Vorwürfe: Jérôme Boateng.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das Timing könnte delikater kaum sein: Ausgerechnet zum Start der Fußball-EM in Deutschland muss sich Ex-Weltmeister Jérôme Boateng erneut vor Gericht verantworten. Eine Ex-Freundin wirft ihm vor, sie körperlich misshandelt zu haben. Er bestreitet die Anschuldigung, die bereits zum vierten Mal verhandelt wird.

Während sich ganz Deutschland auf den Beginn der Fußball-Europameisterschaft freut, muss ein Weltmeister von 2014 wieder mal vor Gericht erscheinen. Und das auch noch in München, wo am Abend das Eröffnungsspiel stattfinden wird. So hat vor dem Landgericht München I ein neuer Prozess gegen Jérôme Boateng begonnen. Ihm wird Körperverletzung vorgeworfen. Seine Ex-Freundin beschuldigt ihn, sie 2018 in einem Karibik-Urlaub verletzt und mit Gegenständen beworfen zu haben. Boateng bestreitet dies.

Es ist bereits das vierte Mal, dass sich ein Gericht mit der Sache befasst. Das Verfahren gegen den langjährigen Verteidiger des FC Bayern München, der gerade vom italienischen Club US Salernitana zum Linzer ASK in Österreich gewechselt ist, zieht sich schon seit Jahren hin. Das Amtsgericht München hatte bereits 2021 eine Geldstrafe gegen Boateng verhängt: 60 Tagessätze zu je 30.000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro.

Das Landgericht München I verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro - insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil, weshalb der Fall nun abermals aufgerollt wird.

Gescheiterter Vermittlungsversuch

Boateng erschien mit ein paar Minuten Verspätung in dunklem Anzug und weißem Hemd zu der Verhandlung im Gerichtsaal A101. Bereits kurz nach Beginn wurde der Prozess von der Vorsitzenden Richterin Susanne Hemmerich unterbrochen. Sie appellierte an Boatengs Verteidigung und die Staatsanwaltschaft, sich zu einigen, und regte ein Gespräch in einem Beratungsraum an. "Ich mache diesen Beruf inzwischen seit 40 Jahren", sagte die Richterin. Noch nie habe sie "eine so umfangreiche mediale Vorverurteilung des Angeklagten" erlebt.

Die Richterin verwies darauf, dass das Verfahren nun schon seit sechs Jahren laufe. Das liege zum Teil an Corona, zum Teil aber auch an Versäumnissen der Justiz. In all dieser Zeit müssten die beiden inzwischen 13-jährigen Töchter von Boateng und dessen Ex-Freundin "in regelmäßigen Abständen immer wieder in der Zeitung lesen, wie ihre Eltern sich vor Gericht bekriegen". Die Sache sollte deshalb insbesondere für die Kinder "endlich ein Ende" haben.

Doch nach rund 30 Minuten langer Beratung hinter verschlossenen Türen stand fest, dass es zu keiner Einigung außerhalb des Gerichtssaals kommen würde. Der Prozess wurde fortgesetzt - mit Boatengs erster Aussage zu den Vorwürfen überhaupt.

Boateng spricht von "Albtraum"

"Ich misshandle keine Frauen und ich setze meine Partner nicht unter Druck. Ich stelle auch niemandem heimlich nach. Ich bin ein ganz normaler Mensch, mit Stärken und Schwächen. Und natürlich habe ich in meinem Leben und in meinen Beziehungen nicht immer alles richtig gemacht", wehrte sich Boateng gegen die ihm gemachten Vorwürfe. Stattdessen beschuldigte er seine Ex-Freundin: "Nicht ich bin es, der sich nicht unter Kontrolle hat und mit Gewalt auf Streitereien in unserer Beziehung reagierte. Ich werde allenfalls laut und verteidige mich, wenn ich angegriffen werde."

Konkret werfen die Ex-Freundin, die auch die Mutter gemeinsamer Zwillinge des Paares ist, und die Staatsanwaltschaft dem Fußballer vor, die Frau mit einem Windlicht und einer Kühltasche beworfen und später auch geschlagen zu haben. Boateng dagegen erklärte, es sei sie gewesen, die ihn damals im Karibik-Urlaub angegriffen habe. Er habe sich nur gewehrt, sie weggeschubst und dabei verletzt.

Das tue ihm leid und er habe sich dafür auch schon entschuldigt, so Boateng. "Das, was sie daraus allerdings gemacht hat, entbehrt jeglicher Grundlage und hat nahezu alles um mich, um uns herum zerstört", ergänzte er und sprach von einem "seit Jahren andauernden Albtraum".

Woher stammen die Verletzungen?

Boateng fuhr fort: "Ich hätte gerne noch ein paar Jahre Fußball auf höchstem Niveau gespielt." Das sei aber wegen der Vorwürfe gegen ihn nicht möglich gewesen. "Zudem habe ich alle meine Werbeverträge verloren." Mit einem "Frauenschläger", als der er dargestellt worden sei, wollten Geschäftspartner nichts zu tun haben. Eigentlich habe er sich nicht zu privaten Dingen äußern wollen. Aber: "Ich möchte nicht weiter nur dabei zusehen, wie mein Ruf und meine Zukunft mehr und mehr zerstört wird."

Seine Ex-Freundin habe finanzielle Forderungen an ihn gestellt und verlangt, dass er beim Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder nachgebe, erklärte Boateng zudem. "Schon einen Tag nach dem Vorfall in der Karibik sagte sie zu mir: 'Ich möchte einen Deal oder ich gehe wegen gestern zur Polizei und zeige dich an'", so der 35-Jährige.

Anschließend wurden Fotos von angeblichen Verletzungen der Ex-Freundin gezeigt - darunter blaue Flecken an den Oberarmen, ein blaues Auge und ein Shirt mit Blutspritzern. Seine Ex-Freundin habe lange Kickboxen betrieben, erklärte Boateng dazu. Die blauen Flecke könnten daher stammen. Das blaue Auge habe er nie gesehen. Das Shirt wiederum gehöre ihm. Das Blut stamme von seiner Lippe, die aufgeplatzt sei, als sie ihn attackiert habe.

Auch Haftstrafe möglich

Boatengs Pressesprecher Thomas Knipp sagte vor Prozessbeginn zu RTL: "Herr Boateng wird sicherlich Gerechtigkeit erwarten. Gerechtigkeit heißt jetzt nicht unbedingt, es muss ein Freispruch werden und alles andere ist keine Gerechtigkeit. Das wäre nicht besonders demütig vor der Justiz - und das ist er sicherlich."

Der Sprecher des Landgerichts, Laurent Lafleur, wiederum erklärte, was Boateng drohen könnte: "Grundsätzlich sieht das Gesetz für eine vorsätzliche Körperverletzung - das ist der Tatvorwurf, der im Raum steht, neben auch einer gefährlichen Körperverletzung - eine Geldstrafe beziehungsweise eine Freiheitstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Bei einer gefährlichen Körperverletzung sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor."

Boatengs Ex-Freundin tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Sie war am ersten Verhandlungstag nicht persönlich anwesend. Dafür nahm ihre Anwältin Carolin Lütcke zu Boatengs Aussage Stellung. Laut "Bild"-Zeitung erklärte sie: "Hier ist heute ordentlich Schlamm auf meine Mandantin geworfen worden. Die Strategie der Verteidigung war absehbar und bedient sich des immer gleichen Narrativs bei häuslicher Gewalt. Die Frauen lügen alle, wollen nur Geld und seien rachsüchtig. Das höre ich immer wieder."

Der Prozess soll am 21. Juni fortgesetzt werden. Dann möchte auch Boatengs Ex-Freundin aussagen. Das Urteil könnte laut der Terminplanung des Gerichts am 19. Juli fallen. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für Boateng die Unschuldsvermutung.

Quelle: ntv.de, vpr/dpa

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