Israel darf teilnehmenMehrere Länder boykottieren ESC 2026

Monatelang streiten sich die öffentlich-rechtlichen Sender in Europa um eine Teilnahme Israels am ESC. Am Abend fällt die Entscheidung, dass das Land beim Wettbewerb mitmachen darf. Daraufhin kündigen drei Staaten an, sich zurückzuziehen.
Der Eurovision Song Contest (ESC) im kommenden Jahr in Wien wird voraussichtlich mit Israel, aber ohne einige andere Länder stattfinden. Bei einer Sitzung der Europäischen Rundfunkunion (EBU) in Genf wurde keine Abstimmung über Israels strittige Teilnahme anberaumt, wie am Abend in einer Erklärung mitgeteilt wurde. Damit ist der Weg für Israels Teilnahme frei. Die Rundfunkanstalten von Spanien, Irland und den Niederlanden kündigten als Reaktion umgehend einen Boykott der Veranstaltung an.
Nach der Zustimmung der Mitgliedssender der EBU zu einer Regeländerung dürfen alle Länder an dem Musikwettbewerb teilnehmen, die das wünschen. Der ORF hofft auf einen Rekord bei den teilnehmenden Sendern. Er sei sehr optimistisch, dass das erreicht werde, sagt ORF-Intendant Roland Weißmann jüngst. So werden laut EBU neben Israel auch Länder wie Bulgarien, Rumänien und Moldau wieder dabei sein.
Israels Präsident Isaac Herzog lobte die Entscheidung für eine mögliche Teilnahme Israels am ESC. "Israel verdient es, auf allen Bühnen der Welt vertreten zu sein", schrieb Herzog auf X. "Ich freue mich, dass Israel wieder am Eurovision Song Contest teilnehmen wird." Der Staatspräsident bedankte sich zudem bei Israels Freunden, die sich für das Recht des Landes starkgemacht hätten, weiter bei dem Wettbewerb dabei sein zu können. "Diese Entscheidung zeigt Solidarität, Verbundenheit und Zusammenarbeit", so Herzog.
Grund für den Konflikt um Israels Teilnahme ist das Vorgehen des Staates im Gazastreifen nach dem Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober 2023. Mehrere Rundfunkanstalten hatten deshalb bereits vor Monaten mit einem Boykott des ESC im Mai 2026 in Wien gedroht.
Um den Konflikt zu entschärfen, hatte die EBU im November neue Regeln für den Wettbewerb angekündigt. So sollen unter anderem schon in den Halbfinals professionelle Jurys mit abstimmen und die Regeln für Werbekampagnen verschärft werden. Die in der EBU zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten stimmten bei ihrer Versammlung hinter verschlossenen Türen offenbar mehrheitlich dafür, das Maßnahmenpaket als ausreichend einzustufen und nicht konkret über eine Teilnahme Israels abzustimmen.
Die EBU-Mitglieder hätten ihre "klare Unterstützung für Reformen zur Stärkung des Vertrauens und Schutz der Neutralität" ausgedrückt, erklärte die EBU. Dies ermögliche es allen Mitgliedern teilzunehmen.
Drei Länder gegen Israel-Entscheidung
Die beteiligten Sendeanstalten von Spanien, den Niederlanden und Irland kündigten allerdings direkt nach diesem Votum in Genf einen Boykott des nächsten ESC an. Vorab hatten auch die Sender von Slowenien und Island damit gedroht. Andere Länder wie Belgien, Schweden und Finnland erwogen ebenfalls einen Boykott.
Spanien zählt auch zu den sogenannten Big Five. Der spanische Sender RTVE ist einer der fünf wichtigsten Geldgeber der Veranstaltung. Außerdem zählten die spanischen Zuschauer bislang zu den leidenschaftlichsten Fans des Wettbewerbs. Irland ist mit sieben Siegen beim ESC und dessen Vorgängerveranstaltungen das erfolgreichste Land des traditionsreichen Musikwettbewerbs. Avrotos aus den Niederlanden erklärte, die Entscheidung sei "das Ergebnis eines sorgfältigen Prozesses".
Die EBU und auch der ORF als gastgebender Sender hatten in den vergangenen Wochen zahlreiche Gespräche geführt, um einen Boykott zu verhindern. Eine der Kernbotschaften war, dass das größte Musikspektakel der Welt eine Veranstaltung von öffentlich-rechtlichen Sendern sei und nichts mit Politik zu tun haben sollte.
Der Streit um Israel ist die wohl größte Zerreißprobe in der Geschichte des im kommenden Jahr zum 70. Mal stattfindenden und weltweit am meisten beachteten Musikwettbewerbs. Neben der Debatte um Israels Vorgehen im Gazastreifen nach dem Hamas-Angriff im Oktober 2023 gab es auch Vorwürfe, Israel könne die Zuschauerabstimmung in diesem Jahr manipuliert haben.
Die israelische Starterin Yuval Raphael hatte im ESC-Finale in Basel im Mai völlig überraschend das Publikums-Voting gewonnen und war dadurch in der Gesamtwertung Zweite geworden. Hinweise auf Manipulationen fanden sich aber nicht, Israel könnte von einer aufwändigen Werbekampagne in Online-Netzwerken profitiert haben.
ESC-Sieger war in diesem Jahr nach Publikums- und Jury-Abstimmung der österreichische Countertenor JJ. Aus diesem Grund ist Wien im kommenden Jahr Gastgeber.