Entscheidung im Sampling-Streit Moses Pelham bezwingt Kraftwerk
31.05.2016, 11:29 Uhr
Es ist eine in vielerlei Hinsicht wichtige Entscheidung: für die Musikindustrie, das Urheberrecht und die Kunstfreiheit. Die Verfassungsrichter stärken Rapper Moses Pelham im Streit um eine Song-Sequenz den Rücken. Doch es ist nur ein Etappensieg.
In der Auseinandersetzung um die Verarbeitung einer fremden Rhythmussequenz hat der Komponist und Produzent Moses Pelham vor dem Bundesverfassungsgericht einen Sieg errungen. Seine Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Allerdings ist der Fall damit noch nicht entschieden. Vielmehr ist nun der Bundesgerichtshof (BGH) aufgefordert, die Sachlage noch einmal zu bewerten.
Pelham streitet sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit den Elektropop-Pionieren Kraftwerk um den Zwei-Sekunden-Beat. Der Rapper hatte ihn 1997 ohne zu fragen aus dem Kraftwerk-Titel "Metall auf Metall" von 1977 kopiert und in Endlosschleife unter den mit Sabrina Setlur aufgenommenen Song "Nur mir" gelegt, im Fachjargon "Sampling" genannt.
Derzeit darf das Stück nicht verbreitet werden. Dagegen hatte Pelham gemeinsam mit anderen Produzenten und Musikern geklagt.
Ein neues Kunstwerk
Die vergangenen BGH-Urteile - zuletzt von 2012 - trügen der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung, sagte Ferdinand Kirchhof, der Vize-Präsident des Bundesverfassungsgerichts nun. Er begründete die Entscheidung mit der Kürze der Sequenz. Daraus sei ein neues, eigenständiges Kunstwerk entstanden, ohne dass Kraftwerk dadurch wirtschaftlichen Schaden habe. Ein Verbot würde "die Schaffung von Musikstücken einer bestimmten Stilrichtung praktisch ausschließen", sagte er.
Die BGH-Richter hatten entschieden, dass ein fremder Beat - und sei er noch so kurz - nur dann einfach kopiert werden darf, wenn er nicht gleichwertig nachgespielt werden kann. Dieses Kriterium hielten die Verfassungsrichter für ungeeignet. Für die Benutzung müsse auch nicht unbedingt Geld fließen. Die Richter wiesen aber darauf hin, dass der Gesetzgeber auch eine Bezahlpflicht einführen könne. Außerdem schlugen sie dem BGH vor, den Fall dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, weil das Urheberrecht seit 2002 EU-weit harmonisiert ist.
Quelle: ntv.de, vpr/dpa