Abgehärtet durch Gefängnis Boris Becker: "Bin ein harter Hund"
11.04.2023, 11:22 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Wurde Mitte Dezember nach 231 Tagen aus der Haft entlassen: Boris Becker.
(Foto: picture alliance/dpa)
Ex-Tennisprofi Boris Becker lässt kaum eine Gelegenheit aus, um über seine Haftstrafe zu sprechen. Die Zeit hinter Gitter "war sehr brutal", erzählt er nun in einem neuen Interview. Zum eigenen Schutz habe er schnell eine Taktik entwickelt - und sich mit "harten Jungs" umgeben.
Seine Zeit hinter Gittern hat Ex-Tennisprofi Boris Becker nach eigener Aussage abgehärtet und zu einem besseren Menschen gemacht. "Ich bin ein Überlebenskünstler, ich bin ein harter Hund", sagte der 55-Jährige in einem BBC-Interview. "Wenn überhaupt, hat mich das zu einem besseren, stärkeren Mann gemacht."
"Wer sagt, dass Leben hinter Gittern nicht hart und schwierig ist, lügt", sagte Becker dem Sender. "Es war sehr brutal." Die Erfahrung sei sehr anders gewesen als das, was man im Fernsehen sieht und in Geschichten höre. "Ich war umgeben von Mördern, Drogenhändlern, Vergewaltigern, Menschenschmugglern und gefährlichen Kriminellen." Er habe schnell gelernt, dass er Schutz brauche und sich mit "harten Jungs" umgeben müsse. "Man kämpft jeden Tag ums Überleben."
Dass er dreimaliger Wimbledonsieger ist, sei im Gefängnis unwichtig gewesen. "Wenn du denkst, du bist besser als alle anderen, dann verlierst du", sagte er der BBC. Alles, was gezählt habe, sei der eigene Charakter und die Persönlichkeit. "Das ist alles, man hat sonst nichts."
"Ich vermisse London"
Zu Beginn seiner Haft war Becker für einige Wochen in dem für seine schlechten Bedingungen berüchtigten Wandsworth-Gefängnis untergebracht. Danach verlegte man ihn in das Huntercombe-Gefängnis mit einer niedrigeren Sicherheitsstufe.
Im Interview erzählte Becker, er habe gelernt, die guten 54 Jahre, die er davor gehabt habe, wertzuschätzen. "Besonders in den ersten Wochen, wenn du allein in einer sehr, sehr kleinen Zelle bist, lebst du von diesen Erinnerungen." Diese erste Zeit sei besonders hart gewesen. "Am Anfang hat man keine Freunde, man ist buchstäblich auf sich allein gestellt, und das ist der schwierige Teil. Man muss sich wirklich mit seinen Qualitäten und Stärken, aber auch mit seinen Schwächen auseinandersetzen."
Mitte Dezember war Becker in England nach 231 Tagen hinter Gittern freigekommen. Der Tennisstar war Ende April 2022 in London zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen hatte. Grund für die vorzeitige Entlassung war eine Sonderregelung für ausländische Häftlinge.
Einen Teil seiner Einnahmen muss Becker aber weiter an die Insolvenzverwalter abtreten. Außerdem darf er bis 2024 nicht in seine Wahlheimat Großbritannien einreisen. "Ich vermisse London, ich vermisse Wimbledon wirklich und ich werde dieses Jahr nicht dorthin fahren", sagte Becker dem Sender dazu. Der Tennisstar bedankte sich zudem bei seinen Fans sowie seiner Familie. "Wenn man am Boden liegt", so Becker zu dem Sender, finde man wirklich heraus, wer zu einem stehe und wer nicht zu einem stehe.
(Dieser Artikel wurde am Samstag, 08. April 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, spl/dpa