Für Nazis "entartete Kunst" Ein Gemälde erzählt seine bewegte Geschichte
10.05.2025, 09:21 Uhr Artikel anhören
Zeichner Luz im Museum Ludwig in Köln vor dem Gemälde, dem er einen ganzen Comic widmet.
(Foto: dpa)
Ein Gemälde ist die Hauptfigur eines Comics: "Zwei weibliche Halbakte" heißt es und stammt von Otto Mueller. Künstler Luz zeichnet seine Geschichte nach, erzählt von Nazis und Raubkunst, Antisemitismus und Unmoral. "Nichts davon ist uns leider fremd", sagt Luz.
Der französische Zeichner Luz hat ein expressionistisches Gemälde aus Deutschland zum Thema eines Comics gemacht. In "Zwei weibliche Halbakte" erzählt er die Geschichte des gleichnamigen Werks von Otto Mueller als Graphic Novel. Der Comic, der in Frankreich bereits ein großer Erfolg ist, ist nun auch auf Deutsch erschienen. Aus diesem Anlass besuchte Luz das Museum Ludwig in Köln, wo das Bild heute hängt.
Das um 1919 in Berlin entstandene Bild wurde 1937 von den Nazis in der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. Luz, der eigentlich Rénald Luzier heißt, sieht darin eine Parallele zu seinen eigenen Erfahrungen: Er war 23 Jahre lang festes Redaktionsmitglied der französischen Satirezeitung "Charlie Hebdo". Dem islamistischen Anschlag auf die Redaktion am 7. Januar 2015 entging er nur, weil es sein Geburtstag war und er verschlafen hatte.

Auch Adolf Hitler selbst schaut sich die Ausstellung "Entartete Kunst" an.
(Foto: Luz / Reprodukt 2025)
Warum hat er ausgerechnet dieses Bild ausgewählt? Luz sagt, er habe keines der heute ganz berühmten Bilder aus der Ausstellung "Entartete Kunst" nehmen wollen. Im Übrigen sei die Auswahl "eine intuitive Sache" gewesen. Er liebe die expressionistischen deutschen Maler. Außerdem sei es ein Doppelporträt, das allen Betrachtern breiten Spielraum für eigene Empfindungen lasse.
Von der Gestapo beschlagnahmt
Das Bild habe eine außerordentlich bewegte Geschichte, sagt Luz weiter. Er habe erst lange dazu recherchiert, bis er das Original erstmals in Köln gesehen habe. Das sei eine bewegende Erfahrung gewesen, sagte er. Damals habe er erst einmal eine Dreiviertelstunde nur davorgestanden. Anschließend zeichnete er es ab. Auch jetzt, als er wieder nach Köln gekommen sei, sei er sofort zu dem Bild gegangen und habe es sich wieder ausgiebig angeschaut.

Der Comic ist streng aus der Perspektive des Gemäldes erzählt - gezeigt wird nur, was sich vor dem Bild abspielt.
(Foto: Luz / Reprodukt 2025)
Das Werk war von dem jüdischen Sammler Ismar Littmann aus Breslau erworben worden, er kaufte es Mueller, der damals in der Stadt lebte, ab. 1935 wurde es von der Gestapo als "kulturbolschewistische Darstellung pornografischen Charakters" beschlagnahmt und 1937 in der berüchtigten Münchner Ausstellung gezeigt.
Später gelangte es über Sammler in das Museum Ludwig. Dort stellte sich 1999 heraus, dass es sich um Raubkunst handelte. Der Stadtrat beschloss, es an die Tochter von Ismar Littmann, Ruth Haller - die es als Kind besonders geliebt hatte - zurückzugeben. Haller verkaufte es dann wieder an die Stadt Köln, sodass es in dem Museum bleiben konnte. Aber auch sie verbrachte einmal, genau wie Luz, eine Dreiviertelstunde allein vor dem Bild.
"Nichts davon ist uns leider fremd"
"Ich wollte zeigen, dass wir alle genauso von der Geschichte hin- und hergeworfen werden wie jedes andere Objekt", sagte Luz. "Und manchmal genauso missverstanden werden wie ein Kunstwerk."
Ursprünglich habe er ein historisches Buch machen wollen, "aber eigentlich ist es ein Buch von großer Aktualität". Man begegne darin einem Sammler, der antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt sei, unmoralischen Kunsthändlern und einer extremen Rechten, die sich in Europa durchsetze. "Nichts davon ist uns leider fremd."
Quelle: ntv.de, mli/dpa